Papaver somniferum

Papaver somniferum (Bild: Ephemeral Impressions / Flickr)

Das ist der zweite Teil aus der Trilogie des Mohns - der Mohn und seine düstere Seite eben.

Der Schlafmohn (Papaver somniferum) und seine Heilwirkung

Die einschläfernde und schmerzstillende Wirkung der Kulturpflanze Schlafmohn (mehr zu den Mohnpflanzen allgemein) ist seit der Jungsteinzeit bekannt. Die alten Griechen Plinius und Dioskurides beschreiben exakt die Zubereitung und Wirkung des Mohnsaftes. Theophrast unterschied bereits zwischen dem eingetrockneten Milchsaft, den er "opos" (-> Opium) nannte und dem schwächer wirkenden Presssaft, dem "mekonion", benannt nach Mekonia. Über Jahrtausende wurde die Wirkung des Schlafmohns zu medizinischen Zwecken (Narkosemittel) helfend eingesetzt.

Narkose- und Beruhigungsmittel: Jahrhundertelang waren Schlaf- und Weckschwämme gebräuchlich. "Wenn man bei einem Menschen etwas sägen oder schneiden will", schreibt Nikolaus von Salerno, "so nehme man Opium, den Saft des Bilsenkrautes, unreife Brombeeren, Salatsamen, Schierlingssaft, Mohn, Alraune und Efeu; gebe diese in ein Gefäss und tränke einen Schwamm damit. Bei Bedarf kann man nun ein Stückchen von diesem in Wasser tauchen und dem Patienten in die Nasenlöcher stecken; dann wird er alsbald einschlafen."

Klostergarten

In jedem Klostergarten des Mittelalters, zählte Mohn zu den 24 wichtigsten Heilkräutern eines Klostergartens. Auch Hildegard von Bingen empfahl Mohnsamen vor allem für den Magen.

Erst in der Renaissance mutierte die Opiumtinktur "Laudanum", erfunden von Paracelsus, vom Schmerzmittel zum Beruhigungsmittel und später zum Rauschmittel.

 

Schlafmohn, eine alte Kulturpflanze

Papaver somniferum -- Pflanze (Bild: adele sansone)

Der Schlafmohn wurde zur Giftpflanze des Jahres 2021 gewählt.

Begründung der Kuratoren Botanischer Sondergarten Wandsbek
Wenn der Mohn genannt wird, denkt man sofort an Drogen, Rauschgift oder Opium und erst mit dem zweiten Gedanken an den Mohnkuchen oder das Mohnbrötchen. Es ist jedoch die gleiche Pflanze, die die "Rohstoffe" liefert. Der Schlafmohn (Papaver somniferum). Der Milchsaft, der durch Einritzen der Saatkapseln austritt, enthält Opiumalkaloide. Die Saatkörner, die sich in dieser Kapsel befinden, sind jedoch so gut wie frei von diesen Alkaloiden. Sogar Kinder können bedenkenlos diese Saatkörner verzehren. So ist es nur natürlich, dass eine Vielzahl von Kuriositäten rund um den Schlafmohn kursieren. Diese wollen wir auf dieser Internetseite und mit der Wahl des Schafmohns zur Giftpflanze des Jahres ins richtige Licht rücken.

Mohn als die Blume des Bösen

Wer den Mohn verteufelt, vergisst, dass der Mohn lange Zeit das einzige Betäubungsmittel war, das man schon seit der Antike kannte.

Aus der Pflanze Schlafmohn (Papaver somniferum) (lat. somnifer=einschläfernd; somnus=Schlaf) wird eines der bedeutendsten Rauschmittel gewonnen, nämlich Opium. Opium und Heroin sind in der Suchtgiftstatistik auch als wirtschaftliches Produkt ein Milliardengeschäft, natürlich illegal. Afghanistan ist mit 90 % Anteil (auch illegal) das Schlafmohn-Anbauland. Die Türkei hingegen produziert den Großteil der Mohnsamen für Brot und Backwaren. Opium wird aus dem Milchsaft der unreifen Samenkapsel des Schlafmohns gewonnen. Für die legale Gewinnung werden Mohnpflanzen abgemäht, zerkleinert und anschließend das Opium mit Lösungsmitteln ausgewaschen. Mohnkapsel und unreife Samen

Der Saft enthält etwa 40 Alkaloide, wie Morphin, Codein (Hustenlöser). 1804 wurde erstmals von Friedrich Sertüner aus Paderborn reines Morphin (benannt nach dem griechischen Gott des Schlafes) gewonnen. Damit war aber leider auch der Weg in die Sucht noch weiter geöffnet. Heroin, ein Derivat des Opiums, hergestellt durch Acetylierung des Morphins (Diacetylmorphin) 1898, war ursprünglich als Medikament (Husten, Durchfall) gedacht. Erst 1904 erkannten Ärzte die Suchtgefahr dieser oralen Medizin. Süchtige entdeckten ebenfalls, dass dieses Rauschgift eine stärkere Wirkung hat, wenn man es intravenös spritzt.

 

Opium als Wirtschaftsfaktor

Laut einem Jahresbericht der UNO (UN-Büro für Drogen und Kriminalität) aus 2005 wurden in Afghanistan auf einer Anbaufläche von etwa 131 000 ha an die 4.100 t Opium produziert. Das sind 87 % der Weltproduktion. Man schätzte die erzielten Einnahmen aus dem Drogenhandel auf 2,7 Milliarden US-$. Antidrogenpolitik, Erntevernichtung, Appelle an die oft bitterarmen Bauern, welche den Mohn auch nicht immer freiwillig anbauen, fruchten wenig.

Weitere produktive Opium-Anbauländer sind weiterhin Burma, Laos und Thailand (das Goldene Dreieck).

Legale Schlafmohnproduzenten, für die medizinisch-pharmazeutische Morphiumgewinnung, aber vor allem für Mohnsamen als Gewürz und Mohnöl sind Indien und die Türkei.

Rund um rauschendes Gift
OpiumOpium. Eine Kulturgeschichte. Antike - Arabien ...Opium
Amazon Anzeige

Opium als Modedroge

Hier ist aber nicht die Rede von heute, sondern Anfang 1800. Die Mohndroge erfuhr nach einer mehrtausendjährigen Geschichte als Heil- und Genussmittel im Rahmen des Brownianismus kurz vor 1800 besondere Beachtung. Erst im Sinne eines vielfach (selbst)verordneten unspezifischen Mittels gegen körperlichen und seelischen Schmerz. Zahlreiche Vertreter der Frühromantik kannten es aus eigener Erfahrung. Doch erst mit Thomas de Quinceys Confessions of an English Opium-Eater (1821/22) wurde es publik gemacht. Wer schöngeistig war und auf sich etwas hielt, wurde opiumsüchtig.

 

Wer sich für dieses Thema interessiert: "Opium als Mode- und Alltagsdroge und die literarische Avantgarde des 19. Jahrhundert. Herbert Grammatikopoulos. Magisterarbeit, 1994, 152 Seiten

 

Drogen-Glossar

  • Schlafmohn (Papaver solamnus): Pflanze, aus der Opium gewonnen wird.
  • Morpheus: griechischer Gott des Traumes und des Schlafes.
  • Opium: eingetrockneter Milchsaft des Schlafmohns => Grundstoff von Laudanum.
  • Opiumhöhlen: in diesen wurde Opium geraucht.
  • Opiumabhängige in China bis zu 40 Millionen Menschen - erst Mao und die Todesstrafe für Konsum und Handel beendeten diese traurige Bilanz.
  • Morphium, Morphin: ein um 1804 aus Opium gewonnenes Alkaloid (Sertürner).
  • Opiumkrieg: zwischen England und China (1840 - 1842) Einfuhrverbot, China zerstörte brit. Opiumladungen =>Abtretung von Hongkong an Großbritannien.
  • Heroin, ein Derivat des Opiums, hergestellt durch Acetylierung des Morphins (Diacetylmorphin).

Gute Nacht

  • Schlafschwamm (Spongia somnifera): Im Mittelalter verwendete man mit Opium, Bilsenkraut oder Schierling getränkte Schwämme als Narkosemittel - Na, dann gute Nacht! Wer wieder munter wurde, hatte eine Rossnatur.

Dem antiken Opiumhandel auf der Spur - Auf Spurensuche bei Ausgrabungen

Die Samen des Schlafmohns (Papaver somniferum) dienen nur zum Brötchen würzen. Opium wird aus diesen nicht gewonnen, denn nur wer die unreife Pflanzenkapsel anritzt und den hervorquellenden Milchsaft (griechisch: opion) erntet, erhält den begehrten Stoff mit psychogener Wirkung.

Aber den Samen archäologisch zu verfolgen ist leichter, als den Rausch über die Jahrtausende zu konservieren. Mohnsamen hatten Paläobotaniker nun aber bereits in den Pfahlbauten entdeckt. Steinzeitbauern hatten das Saatgut über die Alpen eingeführt. Der älteste bislang entdeckte Mohnsame ist rund 7000 Jahre alt und lag bei Köln.

Der Clou, antikem (Drogen-)Handel auf die Spur zu kommen, gelang erst kürzlich.

Der Würzburger Virologe Klaus Koschel hat 3.500 Jahre altes Rauschgift isoliert. Gefunden in einer 13 Zentimeter hohen Kanne, die in der Antiken-Sammlung der Stadt Würzburg in einer Vitrine vor sich hin dümpelte. Das Gefäß wurde um 1500 vor Christus auf Zypern getöpfert und in eben diesem Gefäß wurde pures Opium transportiert.

Zypern, als Drehscheibe im antiken Opiumhandel, verkaufte in speziellen Exportkannen narkotisierenden Schlafmohn nach Ägypten. Was die Ägypter mit der Tinktur, die sie vermutlich "mehes" nannten, anstellten? Ganz einfach: medizinisch (Narkoseschwämme) und kultisch wurde es verwendet.

Wie noch Jahrhunderte später. Zum "Rauschgift" machten es erst die modernen Menschen. Das nennt man Fortschritt.

 

Mohn ist mehr als nur die Blume des Bösen

Meconopsis blauer Scheinmohn (Bild: adele sansone)

Quellen

... neben der eigenen gärtnerischen Erfahrung Recherche u.a. in

  • Das große Bilderlexikon der Gartenpflanzen, Herwig; Südwest Verlag, 1978 München
  • Teufelsgeige und Witwenblume, Pichler/Geiser/Zuber; Christoph Merian Verlag, 2010 Bern
  • Botanica, Könemann; Verlagsgesellschaft mbH, 2000 Köln
Adele_Sansone, am 22.05.2013
0 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Klatschmohn und Mohngewächse)
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

Laden ...
Fehler!