Schloss Bojnice (deutsch: Weinitz) in der Slowakei
Hier erließ der ungarische König Matthias I. seine Gesetze. Graf Pálffy wollte das Märchenschloss zum Museum machen. Erst 1950 wurde sein Wunsch erfüllt.Unter unseren geschätzten Linden von Bojnice
Im alten Ungarn entstand die seltsame Sitte, über Dokumente aller Art einen lateinischen Satz zu schreiben: "Sub nostris dilectis tiliis Boiniciensibus!" (deutsch: "Unter unseren geschätzten bojnicensischen Linden!") Niemand wusste, was das bedeutet, aber Fürsten, Beamte und Richter hielten es für eine segensreiche Zauberformel, weil der ungarische König Matthias I. Corvinus (1443–1490) diese Worte unter seine Gesetze geschrieben hatte.
In Wirklichkeit handelte es sich einfach nur um die Angabe des Ortes, an dem der König das Gesetz unterschrieben hatte: Er saß wirklich unter Lindenbäumen seiner Burg Bojnice (deutsch: Weinitz) in der heutigen Slowakei. Der König hatte die Burg seinem unehelichen Sohn Johann geschenkt und kam im Alter gerne zu Besuch. Er saß dann oft im Burghof und versuchte, durch eine kluge Gesetzgebung dem von ihm begründeten Großreich über seinen eigenen Tod hinaus Dauer zu verleihen. Er hatte in der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava (deutsch: Preßburg) die Universität gegründet und in der heutigen ungarischen Hauptstadt Budapest die wertvollsten handgeschriebenen Bücher Europas zu einer Bibliothek zusammengefasst, die nach ihm Corvina genannt wurde.
Die Gesetzgebung des Königs Matthias hatte keinen Erfolg. Nach seinem Tod zerfiel das ungarische Großreich. Übrig blieb nur die Erinnerung an den glückverheißenden Spruch von den bojnicensischen Linden.
Die alte Burg Bojnice wurde zum wehrhaften Schloss
Schon im 11. Jahrhundert war die hölzerne Burg Bojnice errichtet worden, später kamen steinerne Türme hinzu. 1302 eroberte Matúš Cák die Anlage und behauptete, das für seinen König Wenzel getan zu haben, der damals Böhmen, Ungarn und Polen beherrschte. In Wirklichkeit wollte er nur selber Burgherr werden. Nach seinem Tod fiel das Eigentum an die ungarische Krone.
Nach dem ungarischen König Matthias I. Corvinus und seinem unehelichen Sohn Johann erbte die Familie Thurzo das Anwesen und baute die Burg in ein Renaissance-Schloss um. Später kam das Schloss durch kaiserliches Dekret an die Familie Pálffy.
Anfang des 18. Jahrhunderts schrieb Bojnice noch einmal Geschichte: Ungarische Freiheitskämpfer unter Franz II. Rákóczi (1676–1735) nahmen das Schloss ein und verteidigten es mehrere Jahre lang gegen die Truppen des in Wien regierenden habsburgischen Kaisers.
Der lange Weg zum slowakischen Kunstmuseum
Im 19. Jahrhundert wollte Graf Ján Pálffy (1829–1908) sein Familienerbe in ein Märchenschloss und Museum verwandeln, in dem die Kunstschätze der Vergangenheit der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten. Er sammelte Antiquitäten und Gemälde und investierte große Geldsummen für seinen Plan.
Pálffys Erben hielten sich nicht an seine Wünsche, sondern verkauften das Schloss an den Schuhfabrikanten Bata. Die Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg machte das Schloss zum Eigentum des damaligen tschechoslowakischen Staates. Jetzt engagierten sich Geschichts- und Kunstwissenschaftler und erreichten, dass der Traum Ján Pálffys Wirklichkeit wurde: Das Schloss stellt heute als Museum eine der wichtigsten Kunstsammlungen der Slowakei dar.
Bildquelle:
Reisefieber
(Dezember in Goa, Indien)