Die Entwicklung des menschlichen Verdauungssystems

Jedes sich von Pflanzen ernährende Lebewesen verfügt, im Gegensatz zu fleischfressenden Tieren, über spezielle Einrichtungen zur Aufschlüsselung dieser Nahrung. Pflanzenfresser haben u.a. als gemeinsames Merkmal eine außerordentliche große Länge ihres Dünndarms. Erst so wird es ihnen möglich pflanzliche Nahrung problemlos zu verdauen.

Steinzeitmensch Der Mensch war wahrscheinlich vom Ursprung an ein Lebewesen, dass sich von Mischkost ernährte. Zumindest spricht die Art seines Gebisses für diese These. Vor Erfindung des Feuers bedeutete das pflanzliche und tierische Rohkost.

Vor etwa 40.000 Jahren erlernte der Mensch den Umgang mit dem Feuer und begann seine Nahrungsmittel zu kochen und zu braten. Das bedeutete zugleich, dass Verdauungsaufgaben vom Verdauungssystem nach außen, z.B.in den Kochtopf verlagert wurden. Wie alles was nicht ständig gebraucht wird, degenerierte der Dünndarm des Menschen im Laufe der Jahrtausende. Er verkürzte sich auf seine heutige Länge von nur noch 11 Meter. Zugleich erfuhr der Mensch durch Kochen und Braten einen so großen Energiegewinn, dass sich sein Gehirn auf die heutige Größe entwickeln und erweitern konnte. Zurück zu den Anfängen, zur Rohkost ist daher spontan kaum folgenlos machbar.

Rohkost heute - ein Entzündungsbildner und Schnapsbrauer

Jemand der sich ausschließlich von Rohkost ernährt, nimmt dabei zwangsläufig erhebliche Mengen an Ballaststoffen zu sich. Im Gegensatz zu Vegetariern, die ihre pflanzliche Nahrung u.a. durch Kochen zubereiten und einen Teil davon mit ballaststoffarmen Füllstoffen, wie beispielsweise gekochten Kartoffeln oder gekochtem Reis ausfüllen, ernähren sich Rohköstler im Gegensatz dazu ausschließlich von ballaststoffreichen Rohstoffen.

Entgegen der von der Industrie geprägten Meinung, sind Ballaststoffe in großen Mengen der Gesundheit absolut nicht dienlich. Der scheinbare Vorteil der Ballaststoffe für Übergewichtige ist, dass sie vom Körper nicht aufgeschlüsselt, angeblich nicht resorbiert werden. Dabei wird nicht gesagt, dass sie im Darm unter Gasentwicklung "kompostiert" werden. Dass sie, nach Behauptungen der Werbung, keine dickmachenden Kohlenhydrate enthalten entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen, denn bei Gärungsprozessen entstehen Fuselalkohole, die nicht nur für Kopfschmerzen etc, sondern auf Dauer auf für Schäden der Leber verantwortlich sein können. Siehe den Bericht des WDR zum Thema: Der Mythos von den Ballaststoffen

Weiter reizen Gärungsprozesse die Darmschleimhäute zu entzündlichen Veränderungen. Es kommt zu Verschwellungen der Schleimhäute im Verdauungstrakt, also zur Bildung von raumeinengenden Ödemen. Der Dünndarm kann seine Aufgabe Nährstoffe ins Blut zu übernehmen nun nur mangelhaft erfüllen und der Dickdarm, der die Aufgabe hat dem bis zu ihm geleiteten Speisebrei noch das Wasser zu entziehen, kann seiner Aufgabe deshalb ebenfalls nicht nachkommen. In dieser Situation treten dann ungeformte Stühle, bis hin zu Durchfällen auf.

Das Ganze ist vergleichbar mit den damit vergleichbaren Schleimhautveränderungen der Nase bei banalem Schnupfen. Die Atemluft passiert, wenn überhaupt, nur mühsam die Nase, anfallende Flüssigkeiten werden nicht resorbiert und deshalb "läuft" die Nase unaufhörlich. Und jetzt wird es wichtig, der Geruchssinn funktioniert in dieser Situation nicht mehr.

Bei diesem Vergleich sollte der Umstand zu denken geben, dass bei einem Schnupfen der Geruchssinn beeinträchtigt ist. Übertragen auf den Darm bedeutet das, dass die ursprünglich in der Rohkost enthaltenden Inhaltsstoffe, nur eingeschränkt oder gar nicht wegen dieser Beeinträchtigungen resorbiert werden können. Den "ach so wertvollen" Inhaltsstoffen der Rohkost ergeht es deshalb wie bei dem Versuch, dem Kochwasser eines Ei's zur Geschmacksverbesserung ein Stück geräucherten Schinken beizufügen. Der mitgekochte Rauchschinken wird mit dem Kochwasser weggeschüttet und die "wertvollen" Vitalstoffe der Rohkost werden deshalb profan ausgedrückt einfach "ausgeschissen".

Bei den bereits erwähnten Folgen bleibt es aber nicht, da das Verdauungssystem mit seinen spinalnervlichen Versorgungen mit vielen Teilen der Muskulatur verbunden ist. So sind dann vielfältige Folgen, die sich als rheumatischer oder orthopädischer Symptomatik, beispielsweise als Rücken- Nackenschmerz aber auch als Gelenkbeschwerden zeigen können, vorprogrammiert.

(Siehe dazu auch: "Die Geschichte der Ballaststoffe".) 

Last das Natürliche so natürlich wie möglich

Die von Sebastian Kneipp als Maxime aufgestellte Forderung "Lasst das Natürliche so natürlich wie möglich" bedeutet keinesfalls, dass unbehandeltes Gemüse, noch dazu in Mengen konsumiert, ein "Nonplusultra an Gesundheitswert" haben muss. Das Wort "möglich" wird in dieser Aussage gerne übersehen. Da Rohkost in unbehandelter Form nur schwer bekömmlich ist, sollte sie nicht unbehandelt bleiben. Das bedeutet nun aber keineswegs, dass das Gemüse zu Püree verkocht werden muss. Die Behandlung der Nahrungsmittel sollte deshalb nur bis zu dem Punkt erfolgen, wo sie beginnen für unseren Körper bekömmlich zu werden.

Als Lösungsmöglichkeit aus diesem Dilemma bieten sich m. E. die Grundsätze der chinesischen Küche an. Damit ist keinesfalls gemeint, dass mit Stäbchen gegessen, chinesische Gewürze oder gar chinesische Gerichte verzehrt werden müssen. Viel interessanter sind die Grundideen dieser "Küchenkunst", die sinngemäß als Beispiel auch für uns gelten können.

Beispiel: Die chinesische Küche

Das erste Gebot ist in China ist die absolute Frische eines Lebensmittels. Ein chinesischer Freund, der ausgezeichnet kochen kann, wurde anlässlich seines Besuches in der Schweiz von mir gebeten, einen Fisch zuzubereiten. Er lehnte ab und argumentierte, der Fisch würde in der 16 Km entfernten Stadt geschlachtet werden und sei doch nach der so langen Heimfahrt (mit dem Auto!) nicht mehr frisch.

Ein freundlicher Chinese (Bild: Klaus Radloff)

Beobachtung in China, Gemüsemarkt in Peking: Bauersfrauen boten ihre Waren, ein paar wenige Frühlingszwiebeln, Karotten etc. auf einem etwa quadratmetergroßen Stand an. Eine so geringe Menge, dass ich an einen Verkauf im größeren Stil nicht glauben konnte. Kein Vergleich also zu den Unmengen der angebotenen Waren des Münchner Viktualienmarktes. Meine erste Meinung, dass es sich um einen Markt eines armen Volkes handeln würde, musste ich schnell revidieren, denn im etwa halbstündigen Intervall ergänzten die Bauern - via Fahrrad - die verkauften Waren.

Das zweite Gebot beinhaltet die möglichst schonende Zubereitung.Gute chinesische Köche bereiten Gemüse so zu, dass die beim Servieren noch aussehen als seien sie soeben geerntet.

Dazu als Beispiel ein Bericht, der eine nicht chinesische Mahlzeit betrifft:Chinesen sind nette Menschen, die für ihre Gäste fast alles tun. Also wurden auch die, damals in China (1990) noch unbekannten Pommes frites fabriziert. Die kamen dann auch perfekt aussehend, also goldbraun frittiert und höllisch heiß auf den Tisch, nur in ihrem Inneren waren sie zwar warm aber dennoch noch roh. Die Zubereitungstechnik entsprach der der Gemüse, bei der alle Vitamine, Spurenelemente und Co voll erhalten bleiben.

Das dritte Gebot betrifft die Temperatur der Speisen. Chinesen verzehren nichts Kaltes. Der Bauch wird von ihnen mit einem Suppenkessel verglichen. Wird da zu viel Kaltes  hineingebracht, benötigt der Körper sehr viel Brennstoff (Energie) um die Suppe kochen zu können. Kaltes, so wird behauptet macht Menschen antriebslos und müde.

Zusammenfassung

Rohkost ist trotz ihrer auf den ersten Blick optimalen Inhaltsstoffe nicht zeitgemäß. Wegen der hohen Anteile an Ballaststoffen findet statt Verdauung Kompostierung im Darm statt. Multiple Reiz- und Entzündungszustände behindern bis verhindern die Aufnahme der wertvollen Nahrungsstoffe in den Körper, so dass trotz optimaler Zufuhr an Vitalstoffen, Mangelzustände auftreten können. Diese Reizungen können über das, den Verdauungstrakt versorgende Spinalnervensystem in die Skelettmuskulatur übertragen werden und deshalb Verursacher von Rücken- und Gelenkbeschwerden sein.

Abhilfe kann m.E. durch eine "Anleihe" bei chinesischen Küchentechniken geschaffen werden. 

Yahoomeldung: Update vom 23.10.2012

"Erst das Kochen von Nahrungsmitteln machte unsere Vorfahren klüger". So lautet der Titel einer Yahoomeldung, mit der dass von mir Gesagte voll unterstrichen wird. Hier der Originaltext für den Fall, dass der Link ungültig werden sollte:

Erst das Kochen von Nahrung machte unsere Vorfahren klügerdapd dapd 
  • Erst das Kochen von Nahrung machte unsere Vorfahren klüger

     

Washington (dapd). Rohkost ist möglicherweise schuld daran, dass die großen Menschenaffen kein größeres Gehirn entwickelten. Denn ihre Nahrung - Blätter, Früchte, rohes Fleisch - liefert ihnen nicht genügend Energie, um zusätzliche Gehirnzellen versorgen zu können. Das haben brasilianische Forscherinnen errechnet. Ein Gorilla müsste demnach jeden Tag mehr als zwei Stunden länger fressen, um ein im Verhältnis genauso großes Gehirn wie wir Menschen zu ernähren. 

Da der Gorilla aber jetzt schon 80 Prozent seines Tages mit Fressen verbringe, sei das unmöglich, berichten die Forscherinnen im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences". Unsere Vorfahren dagegen hätten sich diesem Dilemma entzogen, indem sie begannen, ihre Nahrung zu kochen. "Wenn Nahrung gekocht wird, liefert sie mehr Kalorien, weil die Nährstoffe besser verdaut und vom Körper aufgenommen werden können", erklären Karina Fonseca-Azevedo von der Universidade Federal do Rio de Janeiro und ihre Kollegin.

Kochen und Gehirn als Henne-Ei-Problem

Schon seit einiger Zeit streiten Evolutionsbiologen darüber, welche Rolle das Kochen für die Gehirnentwicklung unserer Vorfahren spielte. Einige, darunter der US-Forscher Richard Wrangham, gehen davon aus, dass warmes Essen die Voraussetzung war, damit Vormenschen wie der Homo erectus vor mehr als einer Million Jahren den Energiehunger ihres wachsenden Gehirns decken konnten. Andere Forscher halten eine umgekehrte Reihenfolge für wahrscheinlicher: Erst entwickelte der Mensch ein größeres Gehirn, dann erfand er das Kochen. Wann der Urmensch erstmals begann, seine Nahrung im Feuer zu erhitzen, ist allerdings unklar. Die älteste bekannte Feuerstelle, entdeckt 2008 in Israel, ist knapp 800.000 Jahre alt. Die dortigen archäologischen Funde zeigen aber nicht, ob dieses Feuer bereits zum Kochen genutzt wurde.

In ihrer Studie rechneten die Wissenschaftlerinnen aus, wie viel Kalorien ein Primat aufnehmen muss, um ein Gehirn zu ernähren, das im Verhältnis zum Körper genauso groß ist wie beim Menschen. "Obwohl das Gehirn bei uns nur zwei Prozent unseres Körpergewichts ausmacht, benötigt es 20 Prozent der gesamten in Ruhe verbrauchten Energie", sagen die Forscherinnen. Die benötigten Kalorien verglichen sie mit der Zeit, die Menschenaffen und andere Primaten benötigen, um eine bestimmte Menge Nahrung zu sammeln und zu fressen.

733 Kilokalorien mehr pro Tag

"Ein Gorilla müsste 122 Milliarden Gehirnzellen zusätzlich entwickeln, damit sein Gehirn zwei Prozent seines Körpergewichts ausmacht", schreiben die Wissenschaftlerinnen. Dafür müsste der Menschenaffe 733 Kilokalorien mehr pro Tag aufnehmen, denn das Gehirn verbrauche für jede Milliarde Neuronen mehr rund sechs Kilokalorien. Um diese zu bekommen, müsste der Gorilla zwei Stunden und 12 Minuten länger Futter suchen und fressen als die bisher durchschnittlich acht Stunden.

Hätte unser früher Vorfahre, der vor rund einer Million Jahren lebende Homo erectus, sich genauso ernährt wie die heutigen Menschenaffen, hätte auch er mindestens neun Stunden täglich für die Nahrungssuche benötigt, wie die Forscherinnen ermittelten. Für andere Tätigkeiten wie das Werkzeugmachen oder soziale Kontakte wäre dann kaum mehr Zeit übrig geblieben. "Unsere Daten sind eine direkte Bestätigung der Theorie von Wrangham", konstatieren Fonseca-Azevedo und ihre Kollegin Suzana Herculano-Houzel. Allein mit Rohkost hätten unsere Vorfahren ihr großes Gehirn nicht entwickeln können.

dapd

 

Klaus_Radloff, am 26.09.2012
31 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Laden ...
Fehler!