'Sissi' – ein Märchenfilm zum Abtauchen

Die Sissi-Filme sind sentimental und realitätsfern, sie zeichnen ein Bild der österreichischen Kaiserin Elisabeth und ihrer Beziehung zu Kaiser Franz Joseph, das nicht ganz den historischen Tatsachen entspricht, und doch sind sie irgendwie liebenswert und viele Menschen schauen sie immer wieder gern an, nicht nur zu Weihnachten im Fernsehen. Sie waren so beliebt, dass in ihrem Umkreis eine ganze Reihe weiterer Filme entstand, die größtenteils in Österreich spielen und in denen Angehörige des Hofes oder ersatzweise des Militärs für Verwirrung und Unterhaltung sorgen.

Plötzlich Kaiserin – das gab’s nur einmal

Mit den zwei Fortsetzungen des ersten Sissi-Films war das Thema ausgereizt. Außerdem stand Romy Schneider für eine erneute Auflage von Sissi nicht mehr zur Verfügung. Da Kaiserinnen sich jedoch nicht nach Belieben vervielfältigen lassen, musste der Hunger des Publikums nach Liebesromanzen in Adelskreisen auf andere Weise gestillt werden. Also nahm man einige der Ingredienzien – das k. u. k. Hofmilieu, die österreichische Alpenlandschaft als Hintergrund einer zufälligen Begegnung, ein Verwechslungsspiel mit ranghohen Personen – und fertig war ein herzerfrischender Schmachtfetzen, den man auch heute noch anschauen kann, wenn einem mal nach Flucht aus der Wirklichkeit zumute ist.

'Kaiserwalzer' – 'Kaiserball'

Schon zwei Jahre vor Sissi gab es einen Spielfilm des Regisseurs Franz Antel, der sich in seinem Titel an einen der berühmtesten Walzer von Johann Strauss anlehnt. Der Kaiserwalzer wird hier allerdings mit einem Text unterlegt und von einem Kinderchor gesungen. Denn gesungen wird in fast allen diesen Filmen, einige wirken beinahe schon wie Musicals. Im Kaiserwalzer verliebt sich Erzherzog Ludwig in eine einfache Dorfschullehrerin, die natürlich nicht ahnt, mit wem sie es zu tun hat. Das kann nicht gut enden, da muss sogar Kaiserin Elisabeth eingreifen. Der einzige mir bekannte Film dieser Art übrigens ohne Happy End.

Vielleicht war das Publikum enttäuscht darüber, dass es so unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde, denn schon drei Jahre später, also ein Jahr nach der Sissi-Premiere, folgte auf den schwarz-weißen Kaiserwalzer der Kaiserball. Der ist in Farbe und es geht auch viel lustiger zu. Jede Menge Verwechslungen, Hans Moser als nuschelnder Empfangschef des Hotels Kaiser von Österreich und andere Schauspielgrößen von damals garantieren für heitere Unterhaltung. Eigentlich kann das alles ja auch nicht gutgehen, aber im letzten Moment …

'Kaiserjäger' – 'Kaisermanöver': Kaiserfilme fast ohne Kaiser

Liebesgeschichten in den höchsten Adelskreisen lassen sich nicht so einfach erfinden. Das Publikum will zwar getäuscht werden, aber doch bitte nicht zu sehr. Ein Hauch von Wahrscheinlichkeit oder zumindest Möglichkeit muss bleiben. Die Hauptpersonen wurden daher schon im Kaiserball in etwas niedrigere Ränge verlegt. Als Ersatz für den Hof bietet sich das Militär an. Soldaten und Offiziere waren damals in der Öffentlichkeit viel präsenter als heute und genossen hohes Ansehen. Militärparaden mit schmissiger Marschmusik kamen dem Bedürfnis nach Zeremoniell und Prunk entgegen. Die Kaiserjäger waren ein berühmtes Regiment und daher wie geschaffen für einen Kaiser-Film außerhalb der engsten Hofkreise. Die obligatorische Verwechslung ist hier etwas anderer Art. Komtess Antonia gibt sich als Kadett Toni aus und nimmt am Manöver der Kaiserjäger teil. Mit ihrem Vorgesetzten, Oberleutnant Pacher, versteht sie sich nicht allzu gut …

Im Kaisermanöver von 1954 hat der Kaiser höchstpersönlich dagegen einen Auftritt – allerdings nur als oberster Richter über ein Buch gleichen Titels, das für viel Unruhe unter den Offizieren sorgt. Denn es setzt sich kritisch mit dem Militär auseinander und wird von den Autoritäten als Affront aufgefasst. Keiner weiß, wer sich hinter dem Pseudonym des Autors verbirgt. Fest steht nur, dass es jemand sein muss, der die Zustände in der Truppe genauestens kennt …

'Der Kaiser und das Wäschermädel' – Nein, die heiraten am Ende nicht und haben auch keine Liaison miteinander

Der Kaiser und das Wäschermädel trägt die Unvereinbarkeit der Stände schon im Titel. Inhaltlich ist er nach einem ähnlichen Muster gestrickt wie der zwei Jahre zuvor gedrehte Film Die Deutschmeister, in dem Romy Schneider eine ihrer ersten Hauptrollen spielte. Ist es in den Deutschmeistern eine Bäckerin, die dem Kaiser die Salzstangen zum Frühstück liefert, so geht es hier um eine Wäscherei, in der auch die kaiserliche Wäsche gewaschen wird. Eingebacken in ein Gebäckstück bzw. eingesteckt in ein frisch gewaschenes Nachthemd lassen sich auch dem Kaiser dringende Botschaften übermitteln. In beiden Fällen hat die Anrufung des Höchsten zuletzt den gewünschten Erfolg, wenn auch erst nach langen und mühsamen Umwegen, vor allem im Fall des Wäschermädels, das übrigens eine ganz patente und geschäftstüchtige Person ist.

'Tanz mit dem Kaiser'

Kaiser-Filme sind keine Erfindung der Fünfzigerjahre. Bis ins 19. Jahrhundert hinein spielten ernste Theaterstücke generell nur in Adelskreisen, das einfache Volk war nur für Komödien gut. Ein Überbleibsel davon ist das obligatorische Buffo-Paar in vielen Opern und Dramen, das heißt, ein Paar aus einer niederen Schicht, meistens dem Dienstbotenmilieu, das den komischen Hintergrund für die Hauptpersonen, ein Paar aus der Adelsschicht, abgibt. Eine der bekanntesten Konfigurationen dieser Art bilden die Paare Papageno – Papagena und Tamino – Pamina in Mozarts Zauberflöte.

Auch der Film Tanz mit dem Kaiser von 1941 mit Marika Rökk folgt diesem Schema. Der Kaiser ist hier nicht Franz Joseph wie in den späteren Filmen, sondern Joseph II., ein Sohn der Kaiserin Maria Theresia. In das Verwechslungsspiel gerät er ohne eigenes Zutun: Auf der Flucht vor einer Heiratskandidatin, die seine Mutter ausgesucht hat, reist er nach Siebenbürgen. Ein Rad an der Kutsche bricht, der Kaiser und sein Begleiter, Rittmeister von Kleber, werden getrennt, der Rittmeister findet Unterschlupf auf dem Gut einer verwitweten Baronin, mit der er sich schnell anfreundet. Allerdings wurde sein Gepäck mit dem des Kaisers vertauscht, so dass er gezwungenermaßen dessen Nachthemd trägt …

'Rosen in Tirol'

Am Tanz mit dem Kaiser fällt sofort die sexuelle Freizügigkeit auf, die in den Fünfzigerjahre-Filmen undenkbar wäre. Filme aus den Vierzigerjahren sind da bemerkenswert offen. So ist es auch in den Rosen in Tirol, einer sehr freien Adaption der Operette Der Vogelhändler von Carl Zeller. Zwar kommt kein Kaiser darin vor, aber Verwechslungen gibt es zur Genüge. Dem Happy End steht hier offenbar nichts im Wege, obwohl das nach den gesellschaftlichen Konventionen der Zeit, in der die Handlung spielt, eigentlich kaum möglich gewesen wäre.

Autor seit 13 Jahren
49 Seiten
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