Spanische Jugendliche kommen zur Ausbildung nach Deutschland
Ein Pilotprojekt zu "The Job of my life" - dem Programm, das nun endlich das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern Europas angeht.in deutsch (Bild: Bildungsagentur)
2. Duales Ausbildungssystem als Standard
Die duale Ausbildung in Deutschland genießt inzwischen international einen guten Ruf. Auch bis Spanien hat es sich herum gesprochen, dass nur Mitgehen mit einem Handwerker, mit einem Klempner beispielsweise, also ein Praktikum von etwa zwei bis sechs Wochen, nicht genügt. Im Gastronomie- und Hotelbereich gründen sich bereits seit einiger Zeit Schulen, in denen eine Lehrzeit von zwei Jahren nicht ungewöhnlich ist.
Die Vorteile der dualen Ausbildung in Deutschland, die theoretische Ausbildung in der Schule und praktische Ausbildung im Betrieb kombiniert:
- Den Schülern ermöglicht sie einen fundierten und effizienten Einstieg ins Berufsleben.
- Sie ermöglicht den Betrieben die maßgeschneiderte Ausbildung von Fachkräften.
- Die Absolventen haben den Vorteil, schon während der Ausbildung eine umfassende Praxiserfahrung zu erwerben.
- Die Verbindung von Theorie und Praxis ist sinnvoll und abwechslungsreich.
- Es bietet sich ein zielorientierter Einstieg ins Berufsleben.
resultierenden niedrigen Arbeitslosigkeit.
3. Networking
Am Anfang war da die Idee. Bei einem Klassentreffen in München. Dr. Jutta Thinesse-Demel ist die Geschäftsführerin der Bildungsagentur GmbH, erfahren vorab in Europa- und Stiftungsprojekten, die seit 2009 für Ausbildungsbetriebe Jugendliche sucht in einem speziellen Verfahren, das sich Azubi-Speed-Dating nennt. Vor einigen Jahren noch unvorstellbar, aber heute Realität: Allein in Bayern bieten die von ihr betreuten circa 200 Firmen (darunter übrigens allein mit 1.500 Stellen die Deutsche Bahn, wie man im Skandal um den Mainzer Hauptbahnhof und den fehlenden Fachkräften für Stellwerke sich gut vorstellen kann) 4.000 unbesetzte Ausbildungsstellen an - gerne auch für Spanier. Darüber informierte sie Dr. Gabriele Hefele, die wiederum nicht mitansehen wollte, wie Jugendliche in den Dörfern Andalusiens ohne Zukunftsaussichten herumlungern. Als Mitinhaberin der Beratungsagentur EQUIDEAS S.L., die sich in den letzten 10 Jahren vor allem auf erneuerbare Energien spezialisierte, suchten sie auch immer wieder - oft vergebens - vor Ort Spezialisten auf diesem Gebiet. Nachdem Hefele fast ein Jahr lang versuchte, allein Stellen in Deutschland zu organisieren und zunächst beim Arbeitsministerum in Berlin auflief, auch ein Offener Brief nicht die gewünschte Reaktion erbrachte, änderte sich endlich mit der Vertragsunterzeichnung der beiden Ministeriumsdamen, der deutschen Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen und ihrer spanischen Amtskollegin Fátima Bánez Garcia, alles zum Positiven.
4. Das Programm "The job of my life"
Individuelle Förderung der Einzelnen - keiner Institutionen, um Missbrauch zu verhindern. Dabei wichtig: der Einzelne muss bei Fahrten in Vorlage treten, erhält erfahrungsgemäß 6 bis 8 Wochen später die Rückerstattung durch das deutsche Ministerium.
Firmeneinladung nach Deutschland:
Vorstellungsgespräche beim azubi-speed-dating: € 300.- Fahrtkosten
Bei Bestätigung für Praktikum/Ausbildung:
Sprachkurs in Spanien: 180 Stunden im Zeitraum Januar-März € 200.-Vorlage Ausbildungsvorbereitendes Firmenpraktikum:
2 Monate im Zeitraum April bis Mai-Hin- u. Rückreise: je € 300.-Fahrtkosten
Für Zeitraum des Praktikums: Sozialversicherung, € 818.- Lebenskosten
Sprachkurs in Deutschland: 85 Stunden parallel zu Praktikum € 100.- Vorlage
Betriebliche Ausbildung nach deutschem dualen System: 2-3 Jahre Vollzeit in Betrieb und Berufsschule:
Anreisekostenpauschale im August mit Umzugspauschale € 500.-
Sicherung des Lebensunterhalts € 818.- unter Anrechnung der Ausbildungsvergütung
2 Familienheimfahrten pro Ausbildungsjahr unterstützt mit € 300.- pro Fahrt
Rückreisekostenpauschale nach Beendigung der Ausbildung mit Umzug € 500.-
Erster Informationstag in Manilva (Bild: Gabriele Hefele)
6. Hoffnung und Begeisterung
Die ersten beiden Informationsveranstaltungen an der westlichen Costa del Sol und der Costa de la Luz waren ein voller Erfolg! Und das im Ferienmonat August! Nach Ankündigungen in den Medien, vor allem Interviews in Radio Onda Cero, dem meistgehörten Privatradio Spaniens, und Facebookposts kamen Jugendliche aus Sevilla, Granada, Jerez, Algeciras, San Pablo de Buceite, kurz, aus den Bergen um Ronda und aus Entfernungen bis zu 200 Kilometern!
Alle erfüllten die Voraussetzungen, nämlich
- mindestens Hauptschulabschluss,
- manche hatten sogar gleich den verlangten Lebenslauf und
- die Passkopie dabei.
Ja, das Niveau war so gut, dass sich darunter auch vergleichbare Abiturabschlüsse und Bachelor befanden zum Beispiel von Statikern, die aber seit Ende des Baubooms in Spanien arbeitslos sind. Das Programm "the Job of my Life" gilt ja nur für 18 - 35Jährige.
Den Ausführungen lauschten die TeilnehmerInnen mit glänzenden Augen. Thinesse-Demel: "Im Vergleich zu deutschen Aspiranten, die manchmal nebenbei gelangweilt mit ihrem Handy spielen, habe ich schon lange nicht mehr in so erwartungsvolle, wissbegierige Gesichter gesehen!"
Sie hat inzwischen für 27 Jugendliche entsprechende Firmen aussuchen können, deren Einladungen nun an die Jugendlichen für ein erstes Schnuppergespräch heraus gehen. Besonders gesucht werden ja in Deutschland Berufskraftfahrer, Pflegekräfte, Frisöre und Kosmetikerinnen, Fachlageristen, VerkäuferIinnen besonders in der Unterhaltungselektronik, im Spielwaren-, Textil- und Möbelhandel, Köche und allgemein für Berufe in der Gastronomie und dem Catering.
Fortsetzung folgt
Gehörte nicht früher zu einem Gesellenleben die Walz? Dass man als Wandergeselle durch fremde Gegegenden und Länder zog, um sich Erfahrungen anzueignen? An diese Tradition knüpfen eigentlich die spanischen Jugendlichen in bester Tradition wieder an.
An dieser Stelle wird weiterhin über den Fortschritt und die Erfahrung mit "Job of my life" oder besser: "El trabajo de mi vida" berichtet. Wir begleiten Jugendliche zu ihrem ersten Vorstellungsgespräch etwa Ende Oktober 2013. Übrigens wurde zunächst als Schwerpunkt Bayern und seine Firmen herausgesucht, weil hier der Kulturschock für die Andalusier nicht so hoch ist, behauptet die im südostbayerischen Chemiedreieck aufgewachsene Gabriele Hefele, und Bayern wirtschaftlich boomt.
Außerdem bemüht sich Jutta Thinesse-Demel auch um die Zertfizierung für ein entsprechendes Erwachsenenprogramm. Würden doch auch gleich einige begleitende Eltern mit ihren Kindern gerne nach Deutschland gehen und dort arbeiten.
Bildnachweise: Bildungsagentur, Gabi Berner, Gabriele und Reinhard Hefele
Bildquelle:
Bildungsagentur GmbH
(100 Prozent Vermittlungserfolg für Jugendliche aus Andalusien)
Langenscheidt Verlag
(Wörterbuch für spanische Berufseinsteiger)