Stil mit Feder und Tinte
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Füllfederhaltern - der klassischen Art zu schreiben. Obwohl elektronische Kommunikation immer weiter in unser Leben vordringt, ist der Füllfederhalter nicht tot zu bekommen.Stil mit Feder und Tinte - Ein Essay über Füllfederhalter
Zugegeben, eine SMS oder eine Email erreicht ihren Empfänger schnell und zuverlässig, ein Kugelschreiber ist äußerst praktisch, um ihn in nahezu jeder Situation aus der Tasche zu ziehen und Notizen auf eine Papierserviette zu schreiben, aber nicht immer zeugt Pragmatismus und Geschwindigkeit auch von Stil.
Das haben sogar Geschäftsleute und Politiker erkannt und unterzeichnen wichtige Verträge nicht etwa mit einem normalen Stift, sondern traditionell mit einen Füllfederhalter.
Tradition verbindet
Die ersten Füllfederhalter, die den heutigen Schreibgeräten ähneln, kamen Anfang des 19. Jahrhunderts auf den Markt. Seither haben die Geräte zwar einiges an Optimierungen und teilweise auch futuristischem Design erfahren, geblieben ist aber die Grundfunktionalität, und das seit mehr als 200 Jahren.
Wer heute einen Füllfederhalter verwendet, mag aus der Sicht einiger Menschen altmodisch erscheinen – doch in Wahrheit ist es eine Tradition, die damit gepflegt wird. Eine Schreibtradition, die gleichzeitig zeigt, dass der Schreiber zu seinen Werten und Worten steht. Und gerade Letzteres ist bei einer Vertragsunterzeichnung von allerhöchster Wichtigkeit. Vielleicht wird genau aus diesem Grund zur Unterzeichnung wichtiger Abkommen, der Füllfederhalter als symbolisches Zeichen der Tradition und Ehrhaftigkeit verwendet.
Eile mit Weile
So lautet ein altes deutsches Sprichwort. Es bedeutet, dass man auch eilige Dinge nicht überhastet erledigen sollte.
Jeder, der schon einmal einen Füllfederhalter in der Hand gehalten hat, weiß, dass genau das auch gar nicht möglich ist. Mit einem Füllfederhalter kann man nicht so schnell - aber unsauber - wie mit einem Kugelschreiber schreiben. Das Gerät zwingt einen förmlich zu einer gelassenen Schreibweise. Dadurch wirkt die Schrift – nach einiger Übung – sauberer und schwungvoller, was gerade Briefen einen ganz besonderen Touch gibt.
Dokumente, die mit Tinte geschrieben wurden, sagen eine Menge über den Autoren aus. Deutlich ist zu erkennen, ob er in Hektik oder Ruhe geschrieben hat, der Schwung der Tinte, die Charakteristik, mit der die Feder über das Papier geführt wurde, kann Graphologen Auskunft geben, um welche Art von Persönlichkeit es sich bei dem Schreiber handelt. Doch allem voran wird der Empfänger einer mit Tinte geschriebenen Botschaft spüren, dass es etwas Persönliches ist, was er in den Händen hält, etwas Stilvolles.
Der Hype um das Prestige
Je teurer, desto besser, desto mehr Ansehen, desto mehr soziale Kompetenz. Dies scheint auch für Füllfederhalter zu gelten. Doch weit gefehlt. Von den Sammlerstücken abgesehen, die aufgrund ihrer limitierten Auflage so teuer sind (Mont Blanc zerstört die Geräte zur Herstellung eines Füllfederhalters nach Erreichen eines bestimmten Limits), sind es teilweise die Materialkosten, welche den Preis eines edlen Schreibgerätes in die Höhe treiben.
Die Federn sind in den meisten Fällen aus Gold. Auch verschiedene Goldlegierungen werden bei Geräten der höheren Preisklasse oft angetroffen.
Doch es handelt sich hier keineswegs um Prestige, sondern die Verwendung des Edelmetalls für die Feder hat eine äußerst praktische Bedeutung. Da Gold nämlich sehr weich ist, wird die Feder bereits nach kurzer Zeit auf die Handschrift des Schreibers "eingeschliffen". Auch wenn die ersten fünfzig Seiten sich ein wenig ungewohnt anfühlen. Danach hat die Feder den "Schliff" und gleitet regelrecht über das Papier.
Dies ist auch einer der Gründe, warum man einen Füllfederhalter mit Goldfeder niemals verleihen sollte. Die Feder würde sich bereits nach wenigen Seiten weiter abnutzen, einen anderen Schliff bekommen und der Eigentümer des Gerätes würde sich mit diesem Schliff vermutlich sehr unwohl fühlen – es sei denn der Ausleiher hätte exakt die gleiche Handschrift.
Classic meets Future
Obwohl Hersteller wie Mont Blanc, Pelikan und Waterman vielfach auf ein klassisches Design setzen, gibt es immer wieder auch futuristisch oder stylish wirkende Schreibgeräte, die auf den ersten Blick überhaupt nicht mehr an einen Füllfederhalter erinnern. Da wird der klassisch schwarze Kunstharzschaft durch Chrom und gebürsteten Stahl ersetzt, die Goldfeder weicht Weißgold und trotzdem: tief in seinem Inneren bleibt auch solch einem Designerstücke ein kleines bisschen Tradition erhalten.
Füllfederhalter aus der Anfangszeit hatten eine sogenannte Kolbenmechanik. Sie entstand zu einer Zeit, als Tintenpatronen überhaupt noch nicht denkbar waren, sondern die Tinte aus einem Fässchen aufgezogen wurde. Dazu drehte man am Schaftende des Gerätes, wodurch ein Kolben im Inneren nach oben geschraubt wurde und damit einen Unterdruck in dem Tintenreservoir erzeugte, das wiederum die Tinte aufzog.
Schulfüllfederhalter und Modelle der preiswerteren Klassen werden meist durch Tintenpatronen versorgt. Doch ein richtiger Liebhaber der traditionellen Schreibkultur verzichtet auf die Kolbenmechanik nur ungern. Da sich diese aber sehr deutlich im Preis niederschlägt, gibt es durchaus Alternativen, wie beispielsweise die sogenannten Konverter. Sie haben – je nach Preis – das Aussehen einer normalen Tintenpatrone, am hinteren Ende aber eine kleine Kolbenmechanik integriert, so dass man mit ihr – auch durch die Feder hindurch – Tinte aufsaugen kann. Kein wirklicher Ersatz für eine Kolbenmechanik, aber eine akzeptable Alternative.
Fazit
Füllfederhalter sind nichts für hektische Menschen, die eben mal ihren Einkaufszettel auf ein Stück Papier schmieren. Es sind wertvolle, teilweise auch recht kunstvolle und traditionelle Schreibgeräte, die jeden, der gerne schreibt in eine Zeit versetzen, in der das Schreiben und die Achtung, die man dem Empfänger des Schreibens entgegen brachte, noch etwas mit Stil und Kultiviertheit zu tun hatte.
Bildquelle:
Kerstin Schuster
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