Sturm über Deutschland
Das Land wurde im Jahr 2015 eiskalt von einer gewaltigen Immigrationswelle aus der arabischen und nordafrikanischen Welt erwischt. Seitdem sind mehrere Monate vergangen und keinerlei Lösung erkennbar.Die alte Bundesrepublik ist Geschichte
Zugegeben: Es wurde schon oft vom Ende der "alten Bundesrepublik" gesprochen oder geredet. So zum Beispiel nach dem Fall der Mauer inklusive der folgenden Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten oder aber nach der Einführung des Euro. Ohne Zweifel waren diese Ereignisse historisch. Sie waren zukunftsbestimmend.
Die gewaltige Flüchtlingswelle im Jahr 2015 kann bereits jetzt ebenfalls als historisch und zukunftsbestimmend angesehen werden. Dennoch hat dieses "Ereignis" einen wesentlich anderen Charakter. Die Begleitmusik, die Grundstimmung der Deutschen, ist qualitativ eine andere. Wurde die Einführung des Euro oder die Wiedervereinigung zwar beide durchaus mit Sorgen oder Zweifeln betrachtet, überwog in beiden Fällen doch der Optimismus, dass das Land einer ordentlichen Zukunft entgegengehen würde.
Liest man jedoch genau hier und heute die Kommentare unzähliger Leser in Foren oder redet man auch einfach nur mit seinem Friseur, Zahnarzt oder Bäcker, so zeichnet sich ein ganz anderes Bild: Es sind Eindrücke aus einem Land, das den Glauben an die politische Führung verloren hat und welches Stück für Stück begreift, dass es nie wieder so sein wird, wie es noch bis vor einem guten Jahr war. Die alte Bundesrepublik ist durch massive Fehlentscheidungen unter den Händen der Elite verstorben.
Ein Land der Seligen
Es mag hart klingen, doch schauen wir ganz unvoreingenommen und neutral auf die Sache. Die Bundesrepublik Deutschland war bis vor nicht allzu langer Zeit ein Staat, in dem die Bevölkerung ihren gewählten Vertretern und den Regierungsmitgliedern nahezu blind vertraute. Die Polizei sorgte für Ordnung, für größere Erregungen sorgten vielleicht die alljährlichen Proteste gegen die Energiepolitik oder für "mehr Frieden in der Welt". Das Bildungsniveau war im Allgemeinen gut und wer tatsächlich einmal seine (ganz vernünftig entlohnte) Arbeitsstelle verlor, konnte – durch soziale Sicherungssysteme geschützt – in Ruhe nach einer neuen beruflichen Perspektive suchen. Presse und Fernsehen versorgten die Masse mit mehr oder weniger wichtigen Informationen. Kurzum: Die Bundesrepublik hatte alles, was es zu einer stabilen Demokratie und für eine liberale Gesellschaft brauchte.
(Bild: mrNilssen/Pixabay)
Deutschland ist abgebrannt
Für einen ersten Knacks in diesem nahezu perfekten Bild sorgte die Agendapolitik des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Durch mehrere Faktoren bedingt war der Staatshaushalt aus dem Ruder gelaufen. Die rot-grüne Regierung beschloss, die deutschen Arbeits- und Sozialsysteme zu reformieren. Maßnahmen, die zwar auf nicht allzu viel Gegenliebe stießen, die allerdings als notwendig akzeptiert wurden. In den Folgejahren verlor der Bundeskanzler sein Amt und die SPD ihren Markenkern sowie ihren Status als Volkspartei.
Einen zweiten, wesentlich größeren Knacks, stellte der Beginn der Finanzkrise anno 2008 dar, in welcher quasi über Nacht von den gewählten Volksvertretern und dieses Mal unter einer schwarz-roten Regierung einige hundert Milliarden Euro zur Rettung der Banken locker gemacht wurden, während im gleichen Zeitraum ein fast einjähriger Streit um die Erhöhung des Hartz-IV-Satzes um wenige Euro schwelte. Die SPD bekam ein Jahr später in Form ihres schlechtesten Wahlergebnisses aller Zeiten (!) die Quittung. Die Union, welche nunmehr seit 2005 die Bundeskanzlerin stellt, kam relativ glimpflich davon und rettete sich 2009 in eine schwarz-gelbe Koalition.
Es kam zum dritten UND vierten Knacks. Die FDP, Urgesteinspartei der Bundesrepublik seit dem Aussterben der Dinosaurier, warf in weniger als zwei Jahren so ziemlich alles über Bord, für das sie jemals gestanden hatte. Statt der versprochenen 20 Milliarden Euro schweren Steuersenkung für alle zuzüglich –vereinfachungen wurde die Mehrwertsteuer für Hoteliers gesenkt. Statt das Ministerium für Entwicklungshilfe abzuschaffen, wurde es von der FDP mit Dirk Niebel besetzt, der während seiner Zeit im Amt unter anderem seine Teppichsammlung um ein weiteres Exemplar aus Afghanistan unverzollt erweiterte. Statt rechtsstaatliche Prinzipien und Gesetze einzuhalten, warf die Bundesregierung unter Merkel aus praktisch einer Laune heraus eminente Prinzipien des Euros über Bord und gefällt sich seitdem in der nationalen Presse als Zuchtmeisterin Europas.
Das Ende dieser Zeit war abzusehen: Bis 2013 verabschiedete sich die FDP aus dem Bundestag sowie fast allen anderen Landesparlamenten. Für sie bestand auf dem Wahlzettel schlicht und einfach keine Nachfrage mehr. Rückblickend betrachtet hätten bereits die Alarmglocken schrillen müssen. Denn das Brechen von Gesetzen ist seit spätestens 2010 mit der Einführung diverser Eurorettungsfonds zur Regierungsraison mutiert.
Nachdem die FDP nach allen Regeln der Kunst einer schwarzen Witwe ausgesaugt und als Kadaver entsorgt worden war, erinnerte sich die schwarze Witwe selbst, dass der Leckerbissen, von dem sie sich bis 2009 genährt hatte, noch etwas Blut in sich hatte. Es folgte allseits bekannt die seit 2013 erneut amtierende schwarz-rote Koalition. Und genau mit dieser kam der perfekte Sturm über Deutschland.
Deutschlands politische DNA steht vor einem stürmischen Wandel. (Bild: Kurious/Pixabay)
Wo keine echte Opposition ist, droht die Tyrannei
Somit wird das Land seit etwas mehr als zwei Jahren von einer Koalition regiert, die im Parlament keinen ernsten Widersacher kennt. CDU/CSU und SPD verfügen über eine erdrückende Mehrheit, die keinerlei Platz zum Atmen lässt. Schlimmer noch. Seit spätestens 2015 beschäftigt die enorme Zuwanderung arabischer Menschen die Republik, die die Struktur Deutschlands nachhaltig zu verändern droht. Wäre eine echte Opposition im Parlament vorhanden, wäre die Sache vielleicht noch halbwegs hoffnungsvoll. Allerdings kuscheln in der Realität Grüne und auch Linke mit der Linie der Bundesregierung so oft es nur möglich ist.
Es gibt keinerlei parlamentarische Kraft, die den erneuten Gesetzesbruch der Bundesregierung anprangern würde. Lediglich eine handvoll Abgeordnete der Union nörgelt von Zeit zu Zeit herum, ohne sich jedoch zum echten Protest oder politischen Widerstand durchringen zu können. Kanzlerin Merkel setzte auf eigene Faust das Dublin-Abkommen außer Kraft. Kanzlerin Merkel setzte sich auf eigene Faust über die Asylbestimmungen des Grundgesetzes (!) hinweg. Ja, es war auch Kanzlerin Merkel, die ihren Innenminister de Maziere die Bundespolizei anweisen ließ, dass Teile ihrer Dienstanweisung nicht zu beachten sind. Für all diese Maßnahmen existiert bis zum heutigen Tage keinerlei gesetzliche Grundlage.
Ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts bescheinigen der Bundesregierung mittlerweile eigenermächtigtes Handeln.
Die Kernschmelze in der öffentlichen Meinung
Die "Flüchtlingskrise" wäre gar nicht dramatisch oder gar staatsgefährdend, hätte Deutschland eine fähige Regierung, die ihr Handeln logisch und nachvollziehbar planen würde. Vermutlich wären die Deutschen mehrheitlich bereit, temporär auszuhelfen. Doch ein Land, das in den letzten 15 Jahren selbst massive Veränderungen durchgemacht hat und in dem fast 30 % der seit 1980 Geborenen laut einem Gastbeitrag von Patrick Spät in der ZEIT (Link s. Ende) einem modernen Tagelöhnertum nachgehen, ein Drittel aller Stellen als Leiharbeitsstellen angeboten werden und in dem mindestens 25 % aller Bürger im Niedriglohnsektor vor sich hin vegetiert, wachsen die Zweifel, ob das Handeln der politischen Eliten wirklich zum Wohle des Landes und der Gemeinschaft ist.
Die Polizei ist zudem nicht länger Herr der Lage. Die öffentliche Sicherheit war schon einige Zeit vor den sexuellen Gruppenangriffen gegen Frauen in Köln in zahlreichen deutschen Stadtteilen mehr als desolat. Rekorde in den Statistiken über die Einbruchszahlen jagen seit mindestens fünf Jahren durch den deutschen Blätterwald.
(Bild: Bykst/Pixabay)
Gleichzeitig stellt sich durch ein eher zufällig gegebenes Interview mit einer WDR-Journalistin heraus, dass die Presse in Deutschland mitunter eine eigene Agenda verfolgt und wohlwollend über die Regierung berichtet. "Lügenpresse" war das Unwort des Jahres 2014 und dennoch findet es immer öfter den Eingang ins alltägliche Leben, weit ab von PEGIDA oder AfD-Demonstrationen.
Einen ordentlichen Eimer Benzin schütteten dieser Tage allerdings die Regierungen Baden-Württembergs und Rheinland-Pfalz‘ in das ohnehin schon heftig brennende Feuer, als sie den SWR nötigten, politische Konkurrenten aus der Debatte im TV auszuschließen.
Was kommt?
Dass die Kanzlerin bis Jahresende 2016 noch im Amt ist, darf bezweifelt werden. Sie kämpft tapfer und allein auf weiter Flur für ein europaweites Flüchtlingsverteilsystem. Die letzten Verbündeten in Skandinavien und Österreich sind von ihrer Seite gewichen. Frankreichs Premier Valls verkündet, dass Europa klarzustellen hat, dass es nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann. Die Balkanstaaten winken alle Ankömmlinge ungeniert nach Deutschland durch und die Bundespolizei gibt bekannt, dass ihre Kräfte noch etwa bis Ende Februar ausreichen. Wäre man ein Freund salopper und pessimistischer Worte, so würde man ausrufen: "Die Hütte brennt!". Wäre man gleichzeitig noch ein Verehrer des nüchternen Realismus könnte man hinzufügen: "Ja. Und das bis unters Dach."
Die überwältigende Mehrheit derer, die anno 2015 die deutsche Staatsgrenze als Flüchtling und/oder potentieller Asylbewerber überquert haben, lebt nach wie vor in überfüllten Lagern. Wie soll das Land unter diesen Umständen noch eine oder zwei weitere Millionen Menschen aufnehmen können? Mit den bis zu 10 Mrd. €, die Kanzlerin Merkel der Türkei zuwerfen möchte, könnte sich zumindest ein Teil des Wiederaufbaus der Region in und um Syrien bewerkstelligen lassen. Finanziell wird Deutschland unter gesamten Last von einigen Millionen Flüchtlingen in die Knie gehen, da weder die bauliche noch die soziale Infrastruktur vorhanden ist. Politisch wird es daran zerbrechen.
Merkel wird sich nicht im Amt halten können, selbst wenn sie ihre Flüchtlingspolitik noch korrigieren sollte. Von dem Porzellanfachgeschäft von einst sind lediglich noch einige Regale und Ladentheke übrig. Die Scherben liegen überall verstreut. Dublin-II, Euro und neuerdings Schengen. Es dürfte sehr spannend werden, welche Ansprache der Nachfolger Merkels im Bundestag halten wird, wenn es darum geht, einen Plan für die Integration der Neuankömmlinge vorzustellen.
Das Vertrauen der Bürger in ihren Staat ist zutiefst erschüttert. Es braucht überragende Politiker und viel Zeit, bis dieses wiederhergestellt werden kann, denn selbst wenn Merkel noch heute ginge, was würde geschehen? Der Flüchtlingsstrom würde vielleicht zwangsweise gestoppt werden aber würde das Vertrauen schlagartig in jene Parteien zurückkehren, die das Land derart nah an den Abgrund haben schlittern lassen?
Wie auch immer die Zukunft aussehen möge, muss sich bislang jeder selbst ausmalen. Die kleine Schweiz hat allerdings im letzten Jahr schon vorgebaut. Das Stichwort lautet: Conex 15. Möge das nicht die Zukunft unseres Kontinents sein.
UPDATE vom 24.01.2016
Weshalb Merkel sich nicht zu einer Grenzschließung durchzuringen vermag liegt am "großen Bruder" USA: Es wird - wie bereits 2009 im Zuge der aufflammenden Euro-Krise - eine Instabilität im NATO-Mitglied Griechenland befürchtet...
LINK: http://www.welt.de/politik/deutschland/article151396483/Einsam-Einsamer-Merkel.html