Der abgeschiedene Pavillon im Garten

So ein abgeschiedener Pavillon im Garten wäre der optimale Platz, um dort in Ruhe zu schreiben? Vielleicht - zumindest wären Sie dort ungestört. Doch wo bitte sollen dann Ihre Eindrücke her kommen, wenn Sie wie ein Eremit völlig isoliert von der Menschheit leben? Allenfalls taugt so ein Platz für kleine Fluchten aus dem Schreiballtag oder aber für begnadete Buchautoren, welche keinerlei äußeren Anreize brauchen, um ihre Fantasie zum wallen zu bringen. Viel besser ist es, Sie suchen sich ein Plätzchen, welches nicht all zu weit von der Zivilisation entfernt ist und trotzdem Rückzugsmöglichkeiten bietet und ruhig ist.  Und damit sind Sie dann auch schon mittendrin: in der Realität. Herzlich willkommen. Denn wenn Sie so einen optimalen Platz finden möchten, dann brauchen Sie, zumindest wenn Sie einen Partner, Familie oder auch nur Freunde haben, eine Villa mit unterirdischem Kerker und schallisolierten Wänden.

Nein, ich übertreibe nicht - beseitigen Sie Störfaktoren

Wenn Sie jetzt sagen, ich übertreibe, dann haben Sie einfach Unrecht. Denn einen Großteil Ihrer Arbeitszeit werden Sie damit verbringen, anderen zu erklären, dass Sie jetzt arbeiten müssen und nicht gestört werden wollen. Fürs Kind ist es so verlockend, mal eben bei Mama oder Papa reinzuschauen...schwups...ist die Idee, die Sie gerade notieren wollten, weg. Ihre Mutter hält die Schreiberei sowieso für eine brotlose Kunst, also ist es auch nicht so schlimm, wenn Sie Ihnen ein 3-Stündiges Telefongespräch aufdrückt und Ihr Partner jammert: "Nieeeeeee hast Du Zeit für mich!". Wenn Sie dann nach 5 Stunden endlich allen erklärt haben, dass Sie jetzt wirklich und ganz dringend arbeiten müssen, dann kann es sein, dass Sie geistig so erschöpft sind, dass gar nichts mehr geht. Deswegen: versuchen Sie Störfaktoren von Anfang an zu eliminieren!

  • Erklären Sie allen, dass Sie zu bestimmten Zeiten nicht erreichbar sind, weil dies Ihre Arbeitszeit ist und genauso arbeiten müssen, wie ein normaler Angestellter auch.
  • Wenn Sie nicht auf dringende Anrufe warten, dann schalten Sie das Telefon aus oder stellen es zumindest auf lautlos. Sie können später immer noch zurück rufen.
  • Erklären Sie Ihren Arbeitsplatz zur kinderfreien Zone!
  • Setzen Sie sich durch. Das klingt leichter, als es ist, aber mit der Zeit wird es leichter. Ehrlich!
  • Lassen Sie sich nicht aus der Fassung bringen. Es gibt kein wenn und aber - Sie müssen arbeiten. Punkt.

Lösen Sie sich von konventionellen Arbeitszeiten

Wenn Sie die Schreiberei nicht nur als Hobby betreiben möchten, sondern richtig Geld damit verdienen wollen, dann sollten Sie keinen Gedanken mehr an einen 8-Stunden-Normalo-Arbeitstag verschwenden. Das funktioniert einfach nicht, denn Deadlines, kurzfristige Aufträge und ungeduldige Kunden wollen Ihren Text. Möglichst sofort. Möglichst schnell. Möglichst korrekt. Für viele Texte werden Sie recherchieren müssen, es sei denn, Sie sind ein Genie! Und Recherchearbeit kostet Zeit. Denken Sie daran, Sie haben ja schon 5 Stunden gebraucht, um die Umgebung ruhig zu stellen. Halbwegs normale Arbeitszeiten können Sie also vergessen. Meine Tipps:

  1. Der frühe Vogel fängt den Wurm - möglichst früh aufstehen und die Ruhe vor dem Sturm nutzen. Ich persönlich recherchiere am Abend - denn dabei stört mich ein quäkendes Kind und ein jammernder Partner wenig und ich kann jederzeit unterbrechen und schreibe am Morgen.
  2. Wenn Sie mögen und die Energie dazu haben, dann arbeiten Sie in der Nacht. Wenn alle schlafen, kann Sie auch keiner stören und Sie können in Ruhe arbeiten.

Was Sie auch nicht vernachlässigen sollten, ist das Thema Urlaub. Wenn Sie als freiberuflicher Autor arbeiten, dann sind Sie auch dafür selbst verantwortlich. Nicht zu verachten ist der Faktor des Verdienstausfalls, wenn Sie in den Urlaub reisen.

Das liebe Geld...

Super, Sie haben die Familie ruhig gestellt, recherchiert, geschrieben und die Texte pünktlich zur Deadline abgegeben. Sie haben allen Widerständen getrotzt und jetzt können Sie Pause machen? Hah. Weit gefehlt. Schließlich wollen Sie auch noch Ihr Geld, oder etwa nicht? Wenn Sie als freiberuflicher Autor tätig sein möchten, müssen Sie sich auch selbst um die Buchhaltung und das Eintreiben der Honorare kümmern. Es sei denn, Sie verdienen so viel, dass Sie sich eine Fachkraft leisten können. Diesen Fall halte ich aber, zumindest in den ersten 100 Jahren, für unwahrscheinlich.

Der Rest der Welt...

...ist auch noch da. Neben Ihrem Schreiballtag müssen Sie auch noch Haushalt, Familie und Freunde unterbringen. Zumindest sollten Sie das, ansonsten können Sie nämlich in kürzester Zeit in Ihren wildromantischen Gartenpavillon ziehen, wenn Ihr Partner oder Ihre Partnerin Sie mit Sack und Pack vor die Tür der Villa gesetzt hat. Erübrigen Sie genügend Zeit für Ihre Familie, denn oft werden Sie deren Unterstützung bitter nötig haben und Sie wollen ja nicht irgendwann alleine da stehen.

Wertvolle Lektüre
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Zum Schluß noch ein wenig Romantik

Hach, das klang jetzt alles so ernüchternd und Sie mögen jetzt doch lieber kein Autor werden? Dann ist es nicht der richtige Weg für Sie, denn trotz aller Widrigkeiten, trotz aller Geldnöte (die Zahlungsmoral ist sehr schlecht), trotz Schlafmangels und Zeitnot - Autor/in ist der schönste Beruf, wenn Sie dafür geboren sind, den Spagat beherrschen und wissen, dass Texte schreiben, Geld verdienen und fertig gar nicht so einfach ist.

AlphaBeta, am 08.06.2012
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Bildquelle:
Reisefieber (Wo kann man Tourismus studieren?)

Autor seit 12 Jahren
184 Seiten
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