Tischordnung, Tischkarten – überholtes Ritual der Gästebewirtung?

Einladung im kleinen Kreis - mit oder ohne Ordnung?

Lädt man Freunde zu sich ein, ist man etwa zu sechst oder zu acht oder bis zu zwölf Personen, dann wird man selbstverständlich keine Tischkarten vorfinden. Oder? Ich kenne aber immer noch Bekannte der Großelterngeneration, die lassen uns erst vor dem Tisch stehen und geben dann mündlich bekannt, wer wo sitzen soll. Und sie setzen uns beileibe nicht mit dem eigenen Partner zusammen, sondern mit dem Partner eines anderen Paares und immer schön im Reigen: eine Dame, ein Herr. Okay, das ist manchmal nicht schlecht und führt nicht selten zu interessanten und abwechslungsreichen Gesprächen. Leider kann man aber seinem eigenen Partner unterhalb des Tisches mit einem Stoß gegen die Wade keine Zeichen geben (etwa, wenn es langweilig wird und man gehen will)!

Das gute alte Protokoll

Bewährte Ausstattung sind dabei immer runde Tische, denn sonst gibt es bei Rechtecktischen gute und schlechte Plätze. Gute sind die nahe bei den Gastgebern und weiter "unten", weiter entfernt also die gefühlt schlechteren Plätze. 

Einfacher tut man sich mit Stehempfängen: da braucht es keine "Ordnung", da kann man so schön von Tisch zu Tisch wechseln, allerdings finde ich sie unpraktisch und unbequem, wie ich längst darlegte.

Plädoyer für die Tischordnung bei größeren Veranstaltungen

Hochzeiten sind ein klassisches Beispiel für den Einsatz von Tischkarten. Da gibt es nach wie vor das ungeschriebene (oder geschriebenen Knigge) Gesetz, wie der Tisch mit dem Brautpaar aufgeteilt werden muss. So sitzt die Mutter der Braut neben dem Bräutigam, der Vater des Bräutigams neben der Braut, dann die anderen nahen Verwandten etcetera. Trauzeugen nicht zu vergesen, sie gehören auch an diesen Tisch. Wieder sollte man zu runden Tischen greifen.

Die Tischkarten werden in der Regel verziert mit Herzen und Luftballons und ähnlichem und sollten in einer Schreibschrift gehalten werden. Bitte wirklich Namen richtig schreiben, alles andere kann peinlich werden, denn viele Gäste wollen sich ihre Tischkarten als Souvenir mitnehmen. So musste ich mal bei einer Einladung von Engländern kurz überlegen, ob ich mit "Gäbby" für Gabi gemeint war!

Tischlisten am Eingang

Eine oft gepflegte Sitte sind Tischordnungen auf Listen, die am Eingang des Veranstaltungsortes auf Flipcharts etwa angebracht werden. Da sind dann die Tische durchnummeriert und man sucht sich seine Namen. Vorteil: Da ist am jeweiligen Tisch keine strenge Ordnung vorgegeben, etwa mit auseinander gesetzten Paaren, sondern man kann noch innerhalb des Kreises sich seine Nachbarn wählen. Auch hier wieder empfehlen sich runde Tische.

Sehr oft wird allerdings der Fehler von Veranstalter gemacht, dass er bequemlichkeitshalber die seiner Meinung nach zusammengehörigen Leute zusammensetzt, also die einer Nation, eines Clubs undsoweiter. Wie soll man da neue Leute kennen lernen?

Aktuelles Beispiel

Bei meinem jüngsten Fest hatte ich 58 Gäste an 12er- und 11er-Tischen unterzubringen mit der Schwierigkeit, dass es Personen mit drei Sprachen waren: Spanisch, deutsch und englisch sprachen sie, a b e r: einige nur Spanisch, andere nur Deutsch, andere nur Englisch, einige Deutsch und Englisch, Spanisch und Englisch, Spanisch und Deutsch. Kann man sich vorstellen, dass ich volle drei Tage austüftelte, wie ich am besten die Tische belegte, damit sich zwar nicht immer dieselben Gruppen ergaben, die sich kannten, aber dennoch befriedigende Kommunikation? Dann plötzlich wurde wieder alles umgeworfen durch kurzfristige Absagen aber auch Zusagen! Außerdem nummerierte ich nicht schnöde die Tische durch, sondern kennzeichnete sie durch die Farben der Tischblumen. Es gab also den weißen Tisch, den blauen (dorthin setzte ich etliche Künstler, Poeten, eingedenk der blauen Blume der Romantik!), den orangenen und so fort.

Das Ergebnis war der Dank und die Zufriedenheit aller Gäste, die ausdrücklich immer wieder versicherten, wie gut sie sich amüsiert hätten. Und darum geht es bei jeder Veranstaltung: Die Gäste müssen sich wohl fühlen und sich noch gerne lange an diese Einladung erinnern!