Hummeldumm: Tommy Jauds Tour de Farce

Nie wieder Namibia!
Seinen Jahresurlaub hätte sich Projektleiter Matze gewiss anders vorgestellt. Keinesfalls wollte er diesen mit völlig Fremden bei einer Gruppenreise durchs ferne Namibia verbringen. Und das nur, weil er die Ferienplanung seiner Freundin Sina überließ, um sich ganz dem Reservieren der gemeinsamen Eigentumswohnung in Köln widmen zu können.

Doch schon kurz nach der Ankunft würde Matze am liebsten alles hinschmeißen: Zwei Wochen lang soll er an der Seite mit anderen Urlaubern wie einer unfassbar tollpatschigen Schweizerin, einem arroganten reichen Schnösel oder dem ständig schlechte Reime fabrizierenden Wiener Ex-Professor samt keifender Gattin überstehen. Eine Zumutung!

Selbst der einheimische Gruppenleiter Bahee, ein Ausbund an Geduld und Freundlichkeit, vermag die Laune des schwer gestressten Matze nicht zu verbessern. Denn wie dieser mit Schrecken feststellt, hat er die Reservierungskaution für die Eigentumswohnung zu überweisen vergessen. Was in Deutschland kein Problem wäre, wächst in einem Land, wo Internet und Mobilfunk noch in den Kinderschuhen stecken, zur existenziellen Katastrophe heran. Wie soll er Sina bloß verklickern, dass sie auf Grund seiner Schusseligkeit nicht in die Traumwohnung einziehen werden?

Und das, wo sie doch bereits Einrichtungskataloge wälzt und von nichts anderem mehr als ihrer neuen Wohnung spricht! Trotz aller Schwierigkeiten versucht Matze tapfer, die Reservierungskaution doch noch irgendwie überweisen zu können, was zu völlig nachvollziehbaren Missverständnissen führt, wie einer Übernächtigung im Kleiderschrank eines ostdeutschen Mitreisenden oder der unappetitlichen Zweckentfremdung eines Rucksacks...

Lustige Klischees
Man kann Tommy Jaud vieles vorwerfen: Seine überdrehten Spannungsbögen, eindimensionale Figuren oder die Verwendung einer meist simplen Umgangssprache. Dies erwarten seine Leser aber auch gar nicht und erfreuen sich an den unterhaltenden Stunden, die seine Werke unzweifelhaft bieten. "Hummeldumm" bildet davon keine Ausnahme. Ohne viel Federlesens steigt Ich-Erzähler Matze in die Handlung ein und schildert die turbulentesten zwei Wochen seines Lebens in einem solchen Affentempo, dass man mit dem Lachen kaum noch hinterher kommt.

Insbesondere die Konflikte der Reisegruppe könnten so manchem Leser nur allzu vertraut erscheinen. So klischeehaft seine Figuren zu sein scheinen, so verblüffend realistisch sind sie weitgehend geraten, wie da wäre der Scherzbold, über dessen Witzeleien die Mitreisenden nur der Höflichkeit halber lachen, die bemitleidenswert tollpatschige Außenseiterin oder der präpotente Neureiche.

Allen Touristen gemeinsam ist eine gewisse Überheblichkeit des aus der Ersten in die Dritte Welt Reisenden. Im Laufe der rasant erzählten Geschichte trennt sich aber die Spreu vom Weizen und übrig bleiben die Gehässigkeiten der nur oberflächlich zivilisierten Reisegesellschaft.

Meister der zündenden Pointen: Tommy Jaud

Angesichts dessen wirkt Matzes beständige Suche nach Möglichkeiten, mit seiner deutschen Hausbank Kontakt aufzunehmen, schier überflüssig. Der Plot hält auch so mehr als genug an köstlichen Zwischenfällen, Missverständnisse oder gedrucktem Slapstick bereit. Mehr als prächtige Unterhaltung auf sprachlich ausreichendem Niveau kann und darf man sich von "Hummeldumm" nicht erwarten. Dafür mögen andere Autoren passender erscheinen.

Tommy Jaud weiß, wo seine Stärken liegen, und diese spielt er wie ein gewiefter Profi zielsicher aus: Die überwiegende Anzahl der Pointen zündet, die Figuren sorgen für herzhaftes Lachen oder Fremdschämen und der insgesamt sehr runde Plot mündet in ein überraschendes Ende. Ob Happyend oder nicht, möge jeder Leser selbst entscheiden. Die etwa 300 Buchseiten machen wie schon "Vollidiot", "Resturlaub" und "Millionär" einfach Lust auf mehr. Ein Verlangen, das Tommy Jaud hoffentlich schon bald stillen wird.

Tommy Jaud: Lustig oder überschätzt?
Nikakoi, am 14.09.2012
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Bildquelle:
Karin Scherbart (Asterix bei den Pikten – Rezension)

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