Tot ist, wer vergessen wird
Tot ist, wer vergessen wird. Wie gehen wir mit dem Gedenken in virtuellen Zeiten um?Leben vergeht und Leben entsteht
Kein Leben ohne Ende
Erste Kontakte mit dem Tod stellen wir früh in unserem Leben her. Wir erleben wie Haustiere von uns scheiden. Wir erleben wie Verwandte wie Oma oder Opa von uns gehen. Sie zeigen uns, dass es ein Ende gibt – zumindest ein physisches Ende. Wir können sie dann nicht mehr berühren, aber vergessen sind sie noch lange nicht. Sie leben in Bildern, Videos, Texten und Briefen weiter. Sie leben in unserer Erinnerung. Wir erinnern uns an ihre Handlungen, Taten, Sprüche, an Ereignisse mit ihnen – vielleicht an ein besonderes Geschenk oder an ihre Unterstützung als es uns so schlecht ging. Wir erinnern uns an ihren Charakter und wir erinnern uns im Guten.
Wir erinnern uns an die Spuren, die diese Menschen in unserem Leben hinterlassen haben. Es ist dabei egal, wo dies stattfindet, ob im Leben dort draußen oder im Internet. Suchmaschinen wie Google zeichnen auf was sie im Web gemacht haben. Sie zeigen uns unter welchen Text ihr Name steht, welches Bild von ihnen gemacht wurde und von welchen Werken sie Urheber sind. Dies gilt nicht nur für unsere Verwandten, sondern für alle Menschen. Wir haben Zugriff auf ihre Werke, Bilder und Worte – egal wie lang sie tot sind. Darüber hinaus gilt dies für fiktive Personen, die in fiktiven Welten gestorben sind. Eddard Stark aus Game of Thrones ist mir zum Beispiel wegen seinen Handlungen und seiner Einstellung in Erinnerung geblieben.
Vergessen im Web
Doch an einigen Stellen werden die Suchmaschinen unscharf. Sie wissen nicht, ob manche Personen noch leben oder schon tot sind. Dies können sie nicht wissen, da diese Personen in der Regel ihr Todesdatum nicht eintragen können. Selbst Facebook und Twitter können hier unscharf werden und diese Informationen nicht anbieten. Erst nach dem Angeben eines Sterbefalls und dem eventuellen Einreichen einer Todesurkunde werden bestehende Accounts zu Gedenkkonten. Doch Facebook ist ein Netzwerk für die Lebenden. Spezielle Seiten wie Erinnerungswebseiten oder Gedenkwebseiten, dienen diesen Vorhaben viel mehr. So können dort Informationen über die Verstorbenen eingegeben werden. So z.B. wann und wo diese geboren wurden, sowie wann und wo diese verstorben sind. Daneben ist das hochladen eines Bildes möglich und die Veröffentlichung einer persönlichen Verabschiedung. Dies ist aktuell für Menschen und Haustiere möglich.
Es wird oft gesagt, dass das Web nicht vergisst. Während Friedhöfe eine begrenzte Grabnutzungsnutzungsdauer besitzen, ist dies bei Webseiten nicht der Fall. Die hier gespeicherten Informationen werden von anderen Webseiten wie archive.org gespiegelt, so dass sie sich vervielfachen. Das Web vergisst nicht, weil es sich selbst kopiert.
Virtuelles Gedenken
Hier werden virtuelle Grabsteine erschaffen, die dem digitalen Andenken dienen und auch der Ahnenforschung nützlich sein können. Darüber hinaus können verlorene Freunde über zufällige Suchen bei Suchmaschinen, so über das Ableben Ihrer Freunde erfahren. Der Tod ist eine wichtige Information, die eine Suche beenden kann.
Die virtuelle Ruhestätte ist ein Produkt unserer Zeit – wir kaufen online ein, wir verbringen online Zeit mit unseren Freunden. Warum erinnern wir uns nicht online an Verstorbene? Ein Grabstein kann verschwinden. Ein Eintrag auf der Webseite ist genauso ein Kontrakt zwischen Webseitenbetreiber und Eintragenden wie der Kontrakt zwischen Erben und Stadtverwaltung. Dazu haben Stadtverwaltungen Zeitgrenzen für die Nutzung von Gräbern gestellt. So kann es passieren, dass Gräber nach 20 Jahren entfernt werden. Dies ist freilich abhängig von der Art des Grabes und der Fürsorge der Angehörigen. Eine Webseite kann potentiell ewig bestehen und die dort enthaltenen Informationen können noch länger bestehen. (Grade, wenn die Informationen ohne Probleme abgeschrieben werden können, ist dies ohne Hürden möglich.)
Grundsätzlich gilt, dass wir uns an allem Gegenständen festhalten, die wir bekommen. Seien dies Bilder oder Geschenke. Eine Webseite ist da nicht anders. Nur weil wir sie nicht anfassen können, heißt dies nicht, dass sie unserem Gedächtnis nicht auf die Sprünge helfen kann. Mehr denn je erlauben Webseiten den Zugang zu Informationen für jedermann und unabhängig vom Ort, wo sich die Suchenden befinden.