Stationen ihres Lebens

Vandana Shiva wurde 1952 in Dehraun (Indien) geboren. Sie ist promovierte Physikerin und 1978 erwarb sie zudem den Ph.D. der Philosophie. Ihr großes Vorbild ist Albert Einstein. Von ihren Eltern, die beide den staatlichen Dienst in Schule und Militär aufgaben, um als Bauern zu arbeiten, bekam sie schon als Kind die Liebe zur Natur vermittelt.

Bereits in ihrer Studienzeit setzte sie sich für den Erhalt der Wälder ein und engagierte sich in der ersten indischen Umweltbewegung. Mehrfach wurde sie ausgezeichnet für ihren Einsatz auf den Gebieten Umweltschutz, biologische Vielfalt, Frauenrechte und Nachhaltigkeit. So erhielt sie unter anderem 1993 den Alternativen Nobelpreis, 2007 den Blue Planet Award, 2009 den Save the World Award und 2010 den Sydney-Friedenspreis.

Neben zahlreichen anderen Aktivitäten ist sie Vorsitzende des International Forum on Globalisation, Mitglied im Club of Rome und berät unter anderem auch die amerikanische FAO (Food and Agriculture Organization). In Dehradu leitet sie noch heute das 1982 gegründete unabhängige Institut The Reseach Foundation for Science Technology and Ecology, das eng mit der Bevölkerung und sozialen Organisationen zusammenarbeitet.

Zwei Ereignisse waren es, die Vandana Shiva veranlassten, sich verstärkt der indischen Landwirtschaft zu widmen: 1984 starben bei religiösen, gewalttätigen Aufständen in Punjab Tausende Menschen und in Bhopal explodierte die Pestizidfabrik der Union Carbide Corporation. Mehr als 3000 Menschen wurden direkt vom Gift getötet, Zehntausende weitere Opfer starben an den Folgen.

Die Gründe dafür sah sie in einer ökologischen und und kulturellen Entwurzelung, die auf die 'Grüne Revolution' zurückzuführen war, deren Strategie darin bestand, Bauern aus Dritte-Welt-Ländern an den Weltmarkt für Düngemittel, Saatgut und Pestizide zu binden.

 

Navdanya

1991 gründete Vandana Shiva die Organisation Navdanya, die sich für Frieden, Harmonie, Gerechtigkeit, für den Schutz von biologischer und kultureller Vielfalt des Saatgutes und eine Erddemokratie (Earth Democracy) einsetzt. Erddemokratie ist eine uralte Weltanschauung, die auf der Einsicht beruht, dass die Erde nicht den Menschen, sondern der Mensch zur Erde gehört und somit jeder Mensch Zugang zu den lebenswichtigen Ressourcen hat.

Navdanya bewahrt in 65 über ganz Indien verteilten Saatgutbanken etwa 5.000 verschiedene Samenarten auf, davon etwa 3.000 Sorten Reis, 95 Sorten Weizen, 150 Sorten Bohnen und viele andere Arten von Hirse, Gemüse und Heilkräutern.

Alle Samen werden kostenlos an die Bauern ausgegeben. Ziel ist es

  • den biologischen Anbau zu fördern

  • die Bauern vor Abhängigkeit von patentiertem Saatgut zu schützen

  • lokale Märkte zu stärken

  • die Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen.

Navdanya bietet Weiterbildungen für Bauern an und baut ein Vertriebssystem für Bio-Produkte auf. Laut eigenen Aussagen hat man bereits 200.000 Bauern geholfen. Die einzige Bedingung an die Bauern ist, dass sie entweder die doppelte Menge des erhaltenen Saatgutes an Navdanya zurückgeben oder an zwei andere Bauern weiterreichen.

Bereits in einem Interview mit der Zeitschrift ''eve'' im Jahr 2011 nannte sie das von Monsanto und anderen Gensaat-Produzenten propagierte Wachstum, allein durch industrielle Landwirtschaft und Gentechnik, die größte Lüge überhaupt. Alle Daten, unter anderem auch der 2008 erschienene Weltagrarbericht, belegten deutlich, dass gerade durch ökologische Landwirtschaft niedrigere Kosten, höhere Produktivität, ein höheres Einkommen für die Bauern und eine größere Nachhaltigkeit erzielt werden.

Monsanto's versprochener höherer Ertrag bei der Bt-Baumwolle habe sich nicht bewahrheitet. Statt 1.500 Kilogramm Baumwolle pro Acre (1 Acre = circa 0,4 Hektar) erziele man durchschnittlich nur 300 Kilogramm. Die Gen-Pflanze mit ihrem Bt-Gift schaffe es zudem nicht, den Schädling Baumwollkapselbohrer zu beseitigen, sondern schaffe nur neue Krankheiten, führe zu einem 13-fach erhöhten Pestizid-Einsatz und zu einem erhöhten Wasserverbrauch.

Da die Saaten von Monsanto nur einmal verwendet werden dürfen und teuer sind, führe das bei den Bauern häufig zu Schulden. Können Bauern ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, wird das Land von den Konzern-Agenten konfisziert. Für indische Bauern ist der Bezug zur Erde wie der zu einer Mutter. Ein Leben ohne Erde können sie sich nicht vorstellen. An dem Tag, an dem sie ihr Land verlieren, begehen viele indische Bauern durch Trinken von hochgiftigen Pestiziden Selbstmord. Bis heute seien so bereits 200.000 Bauern ums Leben gekommen.

Weitere Schwerpunktthemen von Vandana Shiva

Ökofeminismus

Verstärkt setzt sich Vandana Shiva für einen ''Ökofeminismus'' ein. Ihrer Meinung nach haben die bisherigen, meist patriarchalen Gesellschaften mit ihren männlich geprägten Werten zu ökologischer Zerstörung, Militarismus und Ausbeutung beigetragen.

Gerade im Umgang mit Saatgut seien Frauen von je her Expertinnen gewesen. Erfolg sollte zukünftig nicht nur am Gewinn, sondern auch am Wert für das Gemeinwohl gemessen werden. Eine der wichtigen Zukunftsaufgaben müsse die agrartechnische Beratung und Qualifizierung von Frauen sein. Dies sieht auch der 2008 erschienene "Weltagrarbericht" so.

 

Privatisierung des Wassers

Auch hier kämpft Vandana Shiva in Indien seit Jahren gegen drei große Projekte:

Im südlichen Kerala hatte Coca Cola unter großen Protesten der dort lebenden Menschen damit begonnen, 1,5 Millionen Liter Wasser pro Tag aus dem Boden zu pumpen. Das hatte dazu geführt hat, dass im Umkreis von über drei Kilometern um die Fabrik alle Brunnen und Seen ausgetrocknet sind und es kein Trinkwasser mehr gab - in einem Land, das sowieso von Armut geplagt ist und wo Wasser lebenswichtig ist. Zwischenzeitliche gerichtlich angeordnete Baustopps wurden wieder aufgehoben und nach wie wollen Umweltaktivisten eine offizielle Studie über die "potentiellen Umwelt- und Gesundheitsschäden" der Coca-Cola-Abfüllanlagen in Indien erzwingen.

Bei dem zweiten Projekt geht es darum, dass der weltgrößte Multi, Suez, den Ganges privatisieren und in Delhi täglich über 6,35 Millionen Liter davon verkaufen will. Durch Aufstauen des Wassers mit Hilfe eines Dammes gäbe es in Dörfern des Hochhimalaja inzwischen kein Trinkwasser mehr. Da der weite Weg zum nächsten Trinkwasser einfach nicht mehr zu bewältigen gewesen sei, hätten hundert Frauen deswegen schon Selbstmord begangen. Das gesamte Kanalsystem des Ganges sei bereits trocken gelegt worden.

Verbindung aller indischen Flüsse

Der allergrößte Kampf ist für Vandana Shiva jedoch jener gegen den wahnsinnigen Plan, alle großen Flüsse Indiens zu verbinden und riesige Dämme und Kanäle zu bauen. Ein Projekt, das zweihundert Milliarden Dollar verschlingen und den Tod aller Flüsse und das Ende der lokalen Wasserrechte zur Folge haben würde. Mit einer riesigen Kampagne in ganz Indien versucht man, dieses Vorhaben zu verhindern.

 

Indische Farmer käpfen gegen Coca-Cola

Von Ruhestand kann nicht die Rede sein....

Diese engagierte und kluge Wissenschaftlerin hat jede ihrer zahlreichen Auszeichnungen mehr als verdient und es ist anzunehmen, dass noch viele weitere hinzukommen werden, denn auch mit Mitte 60 wird sie nicht müde, sich für eine bessere und ökologisch-nachhaltige Welt einzusetzen.

 

Weitere Informationen:

Vandana Shiva

Navdanya

Film: ''Good Food – Bad Food''

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