Was ist Vergewaltigung eigentlich?

In der gängigen Literatur versteht man unter Vergewaltigung die extremste Form der sexualisierten Gewalt. Der Ausdruck "sexualisiert" deutet schon an, dass es es bei der Tat nicht um die Befriedigung des Sexualtriebs geht, sondern um Gewalt, die lediglich mit Sex ummantelt ist. Dies führt Verteidigungen der Täter, welche in die Richtung gehen, sie seien vom Opfer sexuell so sehr gereizt worden, dass sie sich nicht mehr unter Kontrollen hatten, ad absurdum.

Aus rechtlicher Sicht ist Vergewaltigung jegliches Eindringen in den Körper eines anderen Menschen gegen dessen Willen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Täter mit dem Penis, den Fingern oder Gegenständen in das Opfer eindringt.

Vergewaltigung hat viel mit Scham zu tun

Es gibt keine einheitliche Reaktion von Vergewaltigungsopfern. Die einen sind nach der Tat ganz ruhig und in sich gekehrt. Andere weinen hysterisch und sind kaum noch zu beruhigen. Doch alle Opfer haben eines gemeinsam: Sie schämen sich. Die Tatsache, dass jemand in ihre Intimsspähre eingedrungen ist und sie sich nicht wehren konnten, ist für die meisten absolut beschämend. Bei männlichen Opfern ist dies teilweise noch ausgeprägter, weil Männer laut stereotypem Denken einfach keine Vergewaltigungsopfer sind. Zusätzlich kommen bei allen Opfern noch die Schuldgefühle hinzu, die durch falsche Gesellschaftsmythen, welche davon ausgeht, dass Opfer meist eine Mitschuld tragen, gefüttert werden. Selbst wenn Betroffene objektiv wissen, dass sie an der Tat unschuldig sind, werden sie sich irgendwann einmal die Frage stellen, ob sie nicht vielleicht selbst die Tat provoziert haben. War der Rock zu kurz? Das Lächeln zu aufreizend? So realitätsfern diese Gedanken auch sein mögen, führen sie doch oft dazu, dass das Opfer sich gar nicht erst traut, Anzeige zu erstatten. Es geht davon ausgeht, dass man ihm sowieso nicht glauben wird.

Nur wenige Betroffene entwickeln gleich nach der Tat die berechtigte Wut, welche Ihnen die Kraft gibt, den Täter auch anzuzeigen. Die meisten Opfer erleben dies meist er nach längerer Zeit im Rahmen des Verarbeitungsprozesses. 

Keine Anzeige, weil der Täter der eigene Partner war

Vergewaltigung in der Beziehung kommt weit häufiger vor, als bekannt ist. Doch gerade diese Fälle werden im Verhältnis am seltensten angezeigt. Die Gründe liegen neben der oben beschriebenen Schuld und Scham auch darin, dass gerade weibliche Opfer solche Fälle nicht genauso schlimm bewerten, wie eine Vergewaltigung durch einen Fremden. Meist sind solche Partnerschaften noch von Gewalttaten anderer Natur geprägt. Die Vergewaltigung als solche fällt da bei den Opfern nicht mehr besonders ins Gewicht. Und nicht wenige verschließen sich der Tatsache, dass auch die Vergewaltigung in der Partnerschaft ein Verbrechen ist. Denn sobald sie dies akzeptieren würden, stünde die ganze Beziehung auf dem Spiel. Und viele Opfer können diesem Umstand nicht ins Auge blicken, da sie völlig im Gewaltzyklus eingebunden sind.

Das berechtigte Gefühl der Wut empfinden Opfer meist erst nach längerer Zeit im Rahmen des Verarbeitungsprozesses.

 

Angst vor dem Verfahren

Ein Opfer sollte sich darüber im Klaren sein, dass es mit einer Anzeige allein nicht getan ist. Vergewaltigung ist ein Offizialdelikt. Das heißt, sobald die Polizei davon erfährt, muss sie auch ermitteln. Und das kann weitere Vernehmungen des Opfers bedeuten. Außerdem impliziert es, dass das Opfer die Anzeige nicht ohne weiteres zurücknehmen kann. Die Polizei und Staatsanwaltschaft werden auf jeden Fall weiter ermitteln.

Und im eigentlichen Gerichtsverfahren muss das Opfer seine Aussage, meist unter Anwesenheit des Täters, ebenfalls nochmals wiederholen. Für viele ist dies eine zu schwere Aufgabe, der sie sich nicht gewachsen fühlen. Die einzelnen Abläufe der Tat öffentlich fremden Menschen zu erzählen, ist oft mehr, als eine Betroffene ertragen kann. In nicht wenigen Fällen kann dies sogar zur Retraumatisierung führen, da das Opfer gezwungen ist, sich alles nochmals vors geistige Auge zu holen.

Vor Gericht wird außerdem von dem Grundsatz "in dubio pro reo" – im Zweifel für den Angeklagten – ausgegangen. Die Verteidigung nutzt diesen Grundsatz dazu, um die Unglaubwürdigkeit des Opfers darzulegen. Peinlichste Fragen zur Tat und dem privaten Sexualleben werden gestellt, welche die meisten Menschen noch nicht mal ihrem besten Freund beantworten würden. Der Verteidiger stellt die Ergebnisse dann gern so dar, dass das Opfer die Tat dann entweder falsch verstanden hat oder lügt. 

Was eine Anzeige bewirken kann

Auch wenn es also sehr viele verständliche Gründe gibt, weshalb Opfer eine solche Tat nicht anzeigen, entschließen sich trotzdem noch 15.000 Opfer jedes Jahr dazu. Die Beweggründe sind unterschiedlich. Die Einen empfinden es als befreiend, die Tat öffentlich zu machen und dadurch in die Handlung und Offensive überzugehen. Die Gefühle der Ohnmacht und Hilfslosigkeit können dadurch gemildert werden.

Andere Betroffene sehen sich auch in der Verantwortung, ähnliche Vorfälle zu verhindern. Denn auch die Statistik zeigt, dass Täter immer wieder vergewaltigen. Dies kann nur gestoppt werden, wenn mindestens eines der Opfer Anzeige erstattet.

Quellen

Realistisches zur Vergewaltigung

Emma

Gegen Gewalt

Weisser Ring

Frauennotruf

http://www.notruf.wtal.de/html/mythen.htm

Autor seit 13 Jahren
16 Seiten
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