Verhaltensprozesse erlernen - Wie wir unser eigenes Verhalten beeinflussen können

Verhaltensprozesse erlernen

"Das, was den Charakter eines Menschen ausmacht, wird nachweislich durch das Verhalten geprägt."

Diese Aussage klingt zunächst einleuchtend, einfach und wahr. Betrachtet man sie aber ein wenig genauer, dann kommen Zweifel auf, da der Charakter eines Menschen von Vielen als gegeben und nicht änderbar hingenommen wird. Sein Verhalten hingegen kann man sehr wohl ändern, und damit würde sich nach der obigen Aussage auch der Charakter eines Menschen ändern.

Aber ist es tatsächlich so einfach, sein Verhalten zu ändern? Und welche Auswirkungen hat das auf den Charakter? Mit Fragen dieser Art, werden wir uns in diesem Essay beschäftigen. Auch wenn das nach trockener Theorie klingt – Du wirst sehen, dass es durchaus auch in diesem Bereich möglich ist, interessante Experimente zu machen.

Was ist "Verhalten"?

Zunächst einmal muss man sich klarmachen, dass "Verhalten" nichts Globales ist, sondern lediglich die Reaktion auf einen bestimmten Reiz von außen (und manchmal auch von innen).

Das Sprichwort "Er verhält sich wie die Axt im Walde" weist darauf hin, dass sich ein Person besonders taktlos verhält. Diese Aussage bezieht sich aber immer auf eine bestimmte Situation, die derjenige, der den Satz gesagt hat, beobachtet hat. In einer anderen Situation mag sich der Betroffene ganz anders verhalten, vielleicht verständnisvoll und empathisch.

Genau das meine ich, wenn ich sage, dass "Verhalten" nicht global ist. Man kann von keiner Person sagen, dass sie sich liebevoll oder treu oder boshaft verhält. Das Verhalten einer Person ist maßgeblich davon abhängig, in welcher Situation sie sich befindet.

Eine Tatsache ist allerdings, dass ein bestimmtes Verhalten in ein und derselben Situation meistens gleich ist. Wenn eine Person beispielsweise aggressiv reagiert, wenn er in der Straßenbahn angerempelt wird, dann wird er vermutlich beim nächsten Mal genauso reagieren, obwohl er in allen anderen Situationen vielleicht ein sehr umgänglicher Mensch ist.

Sehr vereinfacht lässt sich also sagen: Das Verhalten eines Menschen ist seine Reaktion auf einen bestimmten Impuls oder Auslöser.


Ein Gedankenexperiment

Kommen wir zu einem kleinen Gedankenexperiment. Dazu brauchst Du ein wenig Ruhe, einen Stift und ein Blatt Papier. Zeichne eine Tabelle mit zwei Spalten. Die linke beschriftest Du mit dem Wort "Auslöser" und die rechte mit dem Wort "Reaktion".

Nun denke Dir beliebig viele Auslöser aus und schreibe sie in die linke Tabellenspalte. Du kannst hier alle möglichen Situationen notieren, die einem im normalen Alltag begegnen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen, falls Dir selbst keine einfallen:

  • eine hübsche Frau (Mann) lächelt Dir an der Kasse zu

  • Eine völlig fremde Person sagt auf der Straße "Guten Tag" zu Dir

  • Ein Kollege rennt morgens an Dir vorbei, ohne Dich zu grüßen

  • Im Bus tritt Dir ein Teenager mehrfach auf die Füße

  • Dein Fernseher fällt mitten in einem spannenden Spielfilm aus

  • Beim Abwaschen fällt Dir ein Teller runter und zerspringt

Nun gehst Du Auslöser für Auslöser durch. Lies die Beschreibung, schließe die Augen und versuche Dich in die Situation hinein zu versetzen. Und nun kommt das Entscheidende: Stell Dir vor, wie Du in der entsprechenden Situation reagieren würdest und schreibe es stichwortartig in die rechte Spalte der Tabelle.

Was Du nun in den Händen hältst ist eine Beschreibung Deiner Reaktion auf bestimmte Auslöser. Wie Du (hoffentlich) sehen kannst, sind die Reaktionen unterschiedlich. Wenn Dich beispielsweise eine hübsche Frau oder ein hübscher Mann anlächelt, dann lächelst Du zurück, wenn Dir ein Teller runter fällt, reagierst Du sauer und wenn ein Kollege Dich nicht beachtet traurig.

Was dieses kleine Gedankenexperiment nun beweist ist, dass eine grundsätzliche Aussage, dass Du sauer, freundlich oder traurig reagierst, nicht möglich ist, sondern immer von der Situation, also dem Auslöser, abhängig ist.

Lege den Bogen nun zur Seite und vergiss ihn für ein paar Tage. Nach Ablauf dieser Zeit setzt Du Dich erneut hin und versuchst ein weiteres mal, Deine Reaktion auf die beschriebenen Situationen abzuschätzen.

Was Du dabei feststellen wirst ist, dass Deine Antworten in nahezu allen Fällen den Antworten entsprechen, die Du schon beim letzten Mal gegeben hast.

Daraus lässt sich nun ein interessanter Schluss ziehen, nämlich, dass Du auf gleiche Auslöser offenbar immer auf die gleiche Art und Weise reagierst.

Wenn nun der Charakter eines Menschen tatsächlich durch sein Verhalten (also seiner Reaktion auf bestimmte Auslöser) bestimmt wird, dann macht die These, dass sich der Charakter eines Menschen nicht ändern lässt, durchaus Sinn.

Meine Gegenthese dazu lautet aber: Die Reaktion eines Menschen auf bestimmte Auslöser lässt sich durchaus ändern – und damit kann ein Mensch auch seinen Charakter ändern.

Wie das gehen soll? Dazu muss ich erst einmal ein wenig ausholen und den Versuch wagen, das Wort "Verhalten" noch genauer zu definieren.

Verschiedene Verhaltensarten

Grundsätzlich kann man drei verschiedene Arten von Verhalten unterscheiden:

  • physiologisch bedingtes Verhalten

  • evolutionsbedingtes Verhalten

  • konditioniertes Verhalten

Das physiologische Verhalten ist, wie der Name schon sagt, in der Physiologie begründet. Wir müssen beispielsweise Atmen, um unsere Zellen mit Sauerstoff zu versorgen. Wenn wir das nicht tun, so sterben wir. Ebenso müssen wir unsere Körpertemperatur regeln, den Herzschlag steuern usw.

Zugegebenermaßen passen all diese Dinge nicht wirklich in die Verhaltenspsychologie, denn all diese Dinge werden unbewusst gesteuert, so dass wir willentlich keine (oder nur sehr bedingt) Einfluss darauf nehmen können. Dennoch haben sie etwas mit dem weiter oben beschriebenen Verhalten gemeinsam: Auch bei allen elementaren Körperfunktionen handelt es sich um eine Reaktion auf einen bestimmten Auslöser. Steigt beispielsweise der Kohlendioxid-Spiegel im Blut an, reagiert der Körper unbewusst mit einem Atemzug. Wenn aufgrund körperlicher Anstrengung mehr Sauerstoff in den Zellen benötigt wird, beschleunigt sich der Herzschlag, um mehr Blut pro Zeiteinheit zu den Zellen zu transportieren.

Laut Definition handelt es sich bei diesen Vitalfunktionen also sehr wohl um ein Verhalten, allerdings um ein solches, dass wir willentlich nicht beeinflussen können!

Als zweite Art habe ich das evolutionsbedingte Verhalten genannt. Im Gegensatz zum physiologisch bedingten Verhalten haben wir hier ein gewissen Mitspracherecht, von dem wir allerdings selten Gebrauch machen, denn das evolutionsbedingte Verhalten könnte man auch als Instinkt bezeichnen. Bei Verhaltensweisen dieser Art handelt es sich um Reaktionen, die nicht unbedingt für das Überleben der betroffenen Person notwendig sind, aber sehr wohl für das Überleben der Spezies als solches.

Angst, Hunger, Sexualverhalten, all diese Verhaltensweisen sichern das Leben des Menschen auf längere Sicht. Wenn ich Hunger habe und esse nichts, dann sterbe ich nicht sofort (im Vergleich dazu würde ich innerhalb weniger Minuten sterben, wenn ich mein Herz oder meine Atmung anhalten würde). Wenn ich mich nicht fortpflanze, so hat das keinerlei Auswirkung auf mein eigenes Leben, aber eben auf die Zukunft der Menschheit an sich.

Da diese Verhaltensweisen nicht primär lebenserhaltende Maßnahmen sind, haben wir einen gewissen Einfluss darauf. So gibt es beispielsweise Menschen, die sich bewusst entscheiden, sexuell abstinent zu leben. Das widerspricht dem Instinkt des Menschen, aber da es sich bei der Sexualität um keine physiologisch bedingte Verhaltensweise handelt, kann man diese sehr wohl ändern, wenn die Motivation entsprechend gegeben ist.

Also letzte Art von Verhaltensweisen gibt es die konditionierte Verhaltensweise. Dabei handelt es sich um erlerntes Verhalten, welches einen Großteil unseres Lebens betrifft. Konditionierte Verhaltensweisen sind nur in seltenen Fällen überlebenswichtig, aber wir haben gelernt, dass ein bestimmtes Verhalten eine positive Auswirkung hat und aus diesem Grund behält das Unterbewusstsein diese Verhaltensweise bei.

Verhaltenskonditionierung

Die wohl berühmteste Art der Konditionierung ist die des Pawlowschen Hundes. Der russische Mediziner Pawlow fand heraus, dass die Speichelsekretion bei einem Hund nicht nur direkt beim Essen einsetzt (dann, wenn sie physiologisch notwendig ist), sondern bereits, wenn der Hund nur etwas Essbares sieht. Er trieb seine Studien weiter und fand darüber hinaus heraus, dass sich die scheinbar unwillkürliche Speichelsekretion des Hundes antrainieren lässt, in dem man ihm beibringt, einen Glockenklang mit Essen zu assoziieren.

Klingt komisch, ist aber recht einfach. Immer bevor er dem Hund etwas zu essen gab, läutete er eine Glocke. Dann gab es das Futter und die Speichelsekretion setzte ein. Nach einiger Zeit hatte der Hund gelernt, den Klang der Glocke mit Essen gleichzusetzen, so dass er bereits Speichel produzierte, wenn er nur die Glocke hörte.

Auf diesem sogenannten "Pawlowschen Reflex" beruht auch die Tatsache, dass es möglich ist, Hunden und anderen Tieren Kunststücke beizubringen. Das Tier lernt, das Kunststück mit Futter zu assoziieren (Belohnung).

Wenn Du nun glaubst, dass diese primitive Art der Konditionierung nur bei Tieren funktioniert, irrst Du. Auch - oder vielleicht sogar gerade - der Mensch ist dazu in der Lage.

Eine sehr große Rolle spielt dies beim Suchtverhalten, ganz gleich ob es dabei um Alkohol, Nikotin oder härtere Drogen geht. Neben der rein körperlichen Abhängigkeit existiert auch eine psychische Abhängigkeit, die tatsächlich nicht viel mehr ist als eine klassische Konditionierung. Und gerade weil diese Konditionierung so klassisch ist, ist es umso schwerer, sich bewusst dagegen zu stellen und sie (die Sucht) zu überwinden.

Festhalten können wir, dass es möglich ist, bestimmte Verhaltensweisen zu lernen. Dieser Lerneffekt tritt allerdings nur ein, wenn der Ausgang positiv ist. Als Beispiel: Eine Person kann nicht einschlafen. Sie trinkt deshalb abends ein Glas Wein. Dadurch wird der Einschlafprozess gefördert. Lange bevor sich eine körperliche Abhängigkeit einstellen wird, hat die Person gelernt, dass es möglich ist, mit dem Glas Wein leichter einzuschlafen. Das Trinken des Weines wird nach diesem Lerneffekt automatisch ablaufen.

Um nicht nur bei der Sucht zu bleiben, ein anderes Beispiel: Eine Person hat in ihrer Kindheit gelernt, dass es immer dann, wenn die Mutter geschimpft hat, nur weinen musste, damit die Mutter ein schlechtes Gewissen bekommt und sich ihm wieder voller Liebe zuwendet. Die Unterscheidung, ob es sich bei der anderen Person um die Mutter handelt, ist sekundär. Wenn für die Person dieses Verhalten sehr ausgeprägt war, wird sie es auch in die Erwachsenenwelt hinüber retten. Wir haben dann jemanden, der selbst bei kleinen Kritiken, ganz gleich ob sie von Lebenspartner, vom Chef oder von einer fremden Person kommen, in Tränen ausbricht, da die Person gelernt hat, dass die Kritik sozusagen "annulliert" wird, sobald sie anfängt zu weinen.

So unsinnig die Reaktion, bzw. das Verhalten einer Person auch manchmal erscheinen mag: Es hat immer einen Grund, warum sich diese Person so verhält. Es ist wichtig, sich das vor Augen zu halten. Es hilft uns, andere Menschen oder deren Verhalten besser zu verstehen. Und durch dieses Verständnis können wir auch besser mit anderen Menschen umgehen.

Leider ist das Aufspüren dieser Kausalität nicht immer ganz einfach. Ganze Berufszweige beschäftigen sich damit, zum Beispiel Psychologen, Psychotherapeuten, usw.

Nachdem wir nun verstanden haben, dass ein bestimmtes Verhalten antrainiert werden kann, wenden wir uns wieder für einen Augenblick der Praxis zu. Wie kann uns dieses Wissen in unserem Alltag helfen?

NLP und die Anker

Die im letzten Kapitel erwähnte Konditionierung ist in den meisten Fällen von außen hervorgerufen, z.B. durch die Erziehung. Doch es gibt durchaus auch Fälle, in denen diese Konditionierung von innen heraus stattfindet. Viele Süchte werden auf diese Art und Weise antrainiert.

Da nun eine Sucht oder Abhängigkeit nicht gerade etwas erstrebenswertes ist, wollen wir uns ein anderes Beispiel ansehen, welches aus der NLP (Neurolinguistischen Programmierung) kommt. Es handelt sich dabei wieder um ein kleines Experiment.

Setze Dich dazu bequem auf ein Sofa oder lege Dich auf den Boden. Nun schließt Du die Augen und versuchst, Deinen Kopf frei von allen Gedanken des Alltags zu machen. Lass die Gedanken einfach wegfließen. Und dann, wenn Du bemerkst, dass Du leicht und entspannt bist, stell Dir irgendetwas Schönes vor: einen Urlaub, Deinen ersten Kuss, einfach etwas besonderes, bei dem Du Dich sehr wohl fühlst.

Du wirst bemerken, dass sich dieses "Wohlfühlen" langsam aufbaut. Wenn Du das Gefühl hast, dass es gerade am stärksten ist, presse Zeigefinger und Daumen beider Hände fest zusammen. Konzentriere Dich dabei weiter auf die besondere Situation.

Nun lässt Du die Gedanken ganz langsam wieder wegfließen, und währenddessen löst Du Deine Finger wieder voneinander.

In der NLP nennt man dies das Setzen eines Ankers. Es ist der normalen Konditionierung sehr ähnlich. In diesem Fall wird das Zusammenpressen von Zeigefinger und Daumen assoziiert mit einem Wohlgefühl.

Probier es nach wenigen Stunden einfach einmal aus: Presse Daumen und Zeigefinger zusammen. Die Situation, die Du Dir vormals vorgestellt hast, sollte ziemlich schnell in Deinem Kopf auftauchen und ein angenehmes Gefühl sollte sich einstellen.

Diese "Anker" sind nützlich, wenn es darauf ankommt, seine Stimmung schnell zu ändern. Dies kann zum Beispiel in einer Prüfungssituation sein, eine Situation, in der Du aufgeregt bist usw.

Beim ersten Mal funktioniert das Ganze vielleicht noch nicht so perfekt. Das liegt daran, dass es zum Setzen von Ankern keine allgemeingültige Anleitung gibt. Wenn Du es aber ab und zu wiederholst, wirst Du feststellen, dass es immer besser und leichter funktioniert.

Das Interessante daran ist, dass es durch gezieltes Anwenden eines Ankers möglich ist, sein Verhalten in einem gewissen Umfang zu ändern.

Nehmen wir an, Du musst einen Vortrag halten, weißt aber, dass Du sehr aufgeregt bist, wenn Du vor einem Publikum sprechen musst. Also setzt Du vorher einen Anker, ein bestimmte Handbewegung, die Du mit einem Gefühl tiefer Ruhe assoziierst. Kurz vor dem Vortrag, oder auch währenddessen, führst Du diese Handbewegung aus – und da ist sie, die Verhaltensänderung.

Natürlich ist es nicht möglich aus einem völlig ängstlichen Menschen einen Profi-Redner zu machen, der lässig eine Ansprache vor dem Brandenburger Tor hält, aber auch kleine Schritte führen zum Ziel.

Unterbewusste Trotzreaktionen

Die Technik des Ankerns ist zwar sehr interessant, allerdings funktioniert sie nicht in allen Fällen. Insbesonders in Situationen, in denen wir durch einen frühere Konditionierung – die im Extremfall vielleicht über Jahre stattgefunden hat – gelernt haben, auf eine bestimmte Gegebenheit mit einem bestimmten Verhaltensmuster zu reagieren, ist das Ankern machtlos.

Auch hier möchte ich als extremes Beispiel wieder die Sucht erwähnen. Es ist sehr schwer, langjährig erlernte Verhaltensmuster wieder abzulegen.

Dazu wieder ein kleiner Versuch. Wenn Du eine Uhr trägst, binde sie für ein paar Tage um das andere Handgelenk. Falls Du keine Uhr hast, kannst Du das gleiche auch mit einem Portemonnaie oder eine Haustürschlüssel machen. Wichtig ist nur, dass Du mit einer Gewohnheit brichst. Wenn Du also Deinen Schlüssel normalerweise in der rechten Hosentasche trägst, dann trage ihn fortan links.

Was Du feststellen wirst ist, dass es ein äußerst merkwürdiges Gefühl ist. Ungewohnt. Dein Unterbewusstsein wird danach schreien, den alten – gewohnten – Zustand wiederherzustellen.

Das Interessante dabei ist, dass es sich dabei keineswegs um etwas Lebenswichtiges handelt, nein, im Grunde genommen ist es völlig egal, ob Du Deine Uhr rechts oder links trägst. Dennoch gaukelt Dir Dein Unterbewusstsein etwas anderes vor.

Ähnlich verhält es sich mit Süchten: Keine Sucht ist lebenswichtig. Im Gegenteil. Die meisten stoffbezogenen Süchte sind sogar extrem schädlich. Dennoch hat derjenige, der einen Entzug versucht, neben den rein körperlichen auch psychische Entzugserscheinungen. Das Unterbewusstsein beharrt auf dem alten, gewohnten Verhaltensmuster.

Für den Süchtigen erscheint es unmöglich, ohne seinen Stoff weiter leben zu können.

Uns geht es ähnlich mit unserer Uhr, aber … lass Dir von Deinem Unterbewusstsein nichts einreden. Trage die Uhr (oder den Schlüssel) weiterhin in der "falschen" Tasche. Mach das einige Tage lang und irgendwann wirst Du feststellen, dass der neue Zustand zum gewohnten Verhalten wird. Wenn Du die Uhr nun wieder an dem bislang gewohnten Handgelenk befestigst, wird dies genauso unangenehm und fremd sein, wie das vorherige Umlernen.

Das Ergebnis dieses Experimentes ist zweifelhafter Natur. Es sagt aus, dass sich unser Unterbewusstsein an neue Situationen gewöhnen kann, dass wir uns sozusagen Angewohnheiten abtrainieren können. Wie ich allerdings schon schrieb: Wenn das Verhalten über Jahre antrainiert wurde, dann ist es verdammt schwer, gegen die Stimme des Unterbewusstseins anzukommen. Wäre das so einfach, dann könnte jeder Raucher sofort aufhören zu rauchen und jeder Alkoholiker sofort mit trinken aufhören.

Was das Experiment aber weiterhin aussagt ist, dass sich das Gefühl des "Ungewohntseins" geben wird, wenn man die neue Verhaltensweise konsequent beibehält.

Das Verhalten Anderer beeinflussen

Rein theoretisch können wir uns in jede beliebige Stimmung versetzen. Wir tun es aber nicht, sondern lassen stattdessen unser Unterbewusstsein handeln.

Kennst Du die Situation, dass Dich ein anderer Autofahrer schneidet und Dir dabei auch noch den Vogel zeigt? Eine Situation, in der man sich herrlich aufregen kann. Allerdings bringt das nichts. Genausogut könnten wir ein Liedchen pfeifen, lächeln und gute Laune haben.

Tun wir aber nicht! Weil unser Unterbewusstsein uns sagt, dass die angemessene (und irgendwann erlernte) Verhaltensweise ist, sich aufzuregen.

Wenn man es genau nimmt, hat uns der Autofahrer aus dem obigen Beispiel beeinflusst. Er hat unser Verhalten beeinflusst.

Tatsächlich ist das sehr viel einfacher, als man denkt.

Kommen wir also zum letzten Experiment in diesem Essay. Wir beeinflussen andere Menschen. Das machen wir unterbewusst zwar ohnehin die ganze Zeit, nun wollen wir es aber mal ganz bewusst tun – natürlich ohne irgendjemandem Schaden zuzufügen.

Wenn Du durch die Stadt gehst, dann beobachte einfach mal die Leute, die Dir entgegen kommen. Such Dir eine beliebige Person heraus, die normal oder vielleicht sogar ein wenig gestresst aussieht. Geh auf die Person zu, ihr genau entgegen, und genau in dem Augenblick, in dem sie Dir in die Augen schaut, lächle leicht.

Versuche dabei nicht übertrieben zu grinsen, sondern einfach nur ganz leicht zu lächeln. In den meisten Fällen wird die Person Dir gegenüber auch lächeln, obwohl sie vielleicht im Stress ist. Du hast die Person beeinflusst. Zwar nur geringfügig, aber genau diese Art von Beeinflussung ist sehr ausbaufähig.

Fazit

Wir denken, unser Verhalten sei fest in unserem Charakter verankert, aber dem ist nicht so. Wir können unser Verhalten ändern. Manchmal geht das sehr einfach und manchmal brauchen wir unheimlich viel Energie.

Eine einmalige Verhaltensänderung ist ungewohnt und unser Unterbewusstsein wehrt sich dagegen. Aber wer lässt sich schon gerne von seinem Unterbewusstsein steuern? Wenn man hart genug ist, bringt man selbst das härteste Unterbewusstsein zum resignieren. Irgendwann wird es sich beugen und bewusst antrainierte Verhaltensweisen annehmen, als wären sie schon immer da gewesen.

Autor seit 13 Jahren
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