Von Außerirdischen entführt: Wahn oder Wirklichkeit?
Tausende Menschen behaupten, von Außerirdischen entführt worden zu sein. Handelt es sich dabei um wahre Erlebnisse oder Einbildung?Betty und Barney Hills Entführung
Aus "Fliegenden Schilden" werden "Fliegende Untertassen"
Je besser wir die Welt um uns herum verstehen, desto weniger Geheimnisse scheint dieser Planet für uns bereitzuhalten. Was einst völlig außerhalb des Begreifbaren angesiedelt war, lässt sich nunmehr dank Forschung und Technik erklären. Die berüchtigten weißen Flecken auf den Landkarten sind praktisch verschwunden und auf dem Mond haben kühne Astronauten buchstäblich ihre Fußspuren hinterlassen.
Der Sehnsucht nach dem Mysteriösen und Übersinnlichen tat dies jedoch keinerlei Abbruch. Im Gegenteil: Esoterik, Schamanismus, Astrologie und allerlei Grenzwissenschaften erfreuen sich größter Beliebtheit. Von der Wissenschaft werden diese Themenbereiche bestenfalls belächelt, zumeist völlig ignoriert, was wenig verwundert: Spirituelle Energien oder Geister lassen sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht überprüfen.
Handfestere Indizien auf (noch) ungeklärte Phänomene bietet das UFO-Mysterium. Uralte Überlieferungen lassen sich als Begegnungen mit außerirdischen Wesen deuten, Alexander der Große soll bei der Belagerung der Stadt Tyros "fliegende Schilde" beobachtet haben, auf manchen mittelalterlichen Gemälden sind seltsame Himmelsscheiben zu erkennen, die verblüffende Ähnlichkeit mit UFOs aufweisen. Kurzum: Die Annahme, dass Kenneth Arnolds berühmte Sichtungen am 24. Juni 1947 die ersten Sichtungen von UFOs darstellten, ist grundlegend falsch. Allenfalls die moderne Interpretation als Raumgefährte außerirdischer Wesen wurde in den späten 1940er-Jahren aus der Taufe gehoben.
"Outer Limits"-Episode als Erklärung?
Ganz ähnlich verhält es sich mit angeblichen Entführungen durch Außerirdische. Das amerikanische Ehepaar Betty und Barney Hill markierte mit seiner Geschichte über eine Begegnung der vierten Art lediglich den ersten medial dokumentierten Entführungsfall. In der Nacht vom 19. auf den 20. September 1961 sollen die Hills von Außerirdischen an Bord ihres Raumschiffes gebracht und untersucht worden sein. Eine sensationelle Geschichte, die allerdings erst Jahre später für Aufsehen sorgte. Denn erst unter Hypnose konnten sich Betty und Barney Hill an die bis dato verdrängten Geschehnisse jener Nacht erinnern.
Inwiefern es sich bei diesen als traumatisch empfundenen Erlebnissen um Realität, psychische Illusionen oder falsche Erinnerungen handelte, wird wohl nie eindeutig geklärt werden können. Es besteht sogar die Theorie, wonach der ganze Zwischenfall von der US-Armee im Rahmen eines psychologischen Experiments inszeniert worden sei. Vielleicht ist die Erklärung aber weitaus mondäner. In einem 1990 veröffentlichten Artikel will der Journalist Martin Kottmeyer verblüffende Ähnlichkeiten zwischen den Beschreibungen der Außerirdischen durch die Hills und den in der TV-Serie "The Outer Limits" dargestellten Aliens in der Folge "The Bellero Shield" erkannt haben wollen. Interessanterweise war diese spezielle Episode nur wenige Tage vor Barney Hills erster Hypnosesitzung ausgestrahlt worden. Überhaupt verwundert der lange Zeitraum zwischen der angeblichen Entführung und den Hypnosesitzungen, wie auch der Skeptiker Brian Dunning auf seinem empfehlenswerten Blog skeptoid.com bemerkte.
Travis Walton: Fünf Tage an Bord eines UFOs?
Weitaus spektakulärer war die angebliche Entführung des Waldarbeiters Travis Walton am 5. November 1975 in in Snow-flake. Vor den Augen seiner sechs Arbeitskollegen soll der damals 18-Jährige vom Lichtstrahl eines UFOs zu Boden gestreckt worden sein. Die Männer, deren Tapferkeit in Frage gestellt werden darf, flohen zunächst in Panik, um Stunden später an den Schauplatz zurückzukehren, wo von Travis Walton keine Spur mehr zu finden war. Sie erstatteten bei der Polizei Bericht und stießen verständlicherweise auf große Skepsis. Dennoch leiteten die Beamten eine Suchaktion ein - erfolglos: Der junge Waldarbeiter blieb verschwunden und die Behörden befürchteten, er sei von seinen Kollegen ermordet worden.
Fünf Tage später zerstreute der Vermisste selbst die schlimmen Befürchtungen, als er von einer Tankstelle aus seinen Schwiegerbruder anrief. Was er zu berichten wusste, erntete ungläubiges Staunen: Er sei an Bord des Raumschiffes gebracht worden, wo er auf viele weitere Entführte stieß. Die Außerirdischen selbst entsprachen dem mittlerweile popkulturell tradierten Bild eines Aliens: Kleiner als ein Mensch, grauhäutig, riesiger, haarloser Kopf und überproportional große Augen ohne Pupillen.
Praktisch über Nacht avancierte der einstige Waldarbeiter zum Star der UFO-Szene, gab Interviews und schrieb ein Buch über sein ungewöhnliches Erlebnis. 1993 nahm sich Hollywood der sensationellen Geschichte an und verfilmte die Geschichte unter dem Titel "Feuer am Himmel". Travis Walton selbst distanzierte sich aber von den Darstellungen im Film, die eklatant vom angeblich Erlebten abwichen. Trotz der vielen Zeugen und des Polizeieinsatzes bestehen durchaus berechtigte Zweifel an der Echtheit des Falles. Tatsächlich liegt die Vermutung eines zugegebenermaßen höchst raffinierten Schwindels nahe, wie in diesem auf suite101.de erschienenen Artikel dargelegt.
Feuer am Himmel |
Was steckt hinter angeblichen Entführungen durch Außerirdische?
Suggerierte Erinnerungen: Das False-Memory-Syndrom
Diese beiden wohl berühmtesten Fälle von Entführungen durch Außerirdische bilden freilich nur die Spitze des Eisbergs. Weltweit gibt es tausende ähnliche Berichte, die dem UFO-Phänomen eine weitere mysteriöse Note verleihen. An Erklärungsversuchen hierfür mangelt es nicht - wohl aber an Beweisen für die Realität des angeblich Erlebten. Zwar wird immer wieder auf Narben hingewiesen, die von den meist als schmerzhaft erlebten Untersuchungen an Bord eines außerirdischen Raumschiffes herrühren sollen, und mitunter sollen weiblichen Opfern sogar Föten entnommen worden sein. Physikalische Beweise für die Realität dieses Phänomens fehlen aber.
Problematisch ist, dass die "Erinnerungen" an die Entführung meist erst unter Hypnose abgerufen werden, nachdem sie auf Grund des Traumas verdrängt oder von den Entführern gewissermaßen aus dem Bewusstsein gelöscht worden sein sollen. Noch bedenklicher wird es, wenn der die Hypnose durchführende Therapeut von der Realität dieser Erfahrungen überzeugt ist und den Patienten ausdrücklich ermutigt, eine abenteuerliche Geschichte als erlebte Wirklichkeit zu betrachten oder gar seine Erinnerungen mittels Suggestion gezielt manipuliert. Diese während der Hypnose erzeugten "Pseudoerinnerungen" können vom Patienten von tatsächlichen Erinnerungen kaum noch unterschieden werden. Bekanntheit erlangten diese als "False-Memory-Syndrom" bezeichneten implantierten Erinnerungen in den 1990er-Jahren durch Anschuldigungen von Kindern und Jugendlichen in den USA, die von Eltern, Verwandten oder Betreuern angeblich sexuell missbraucht wurden. Tatsächlich stellten sich diese Anschuldigungen aber als "falsche Erinnerungen" heraus.
Schlafparalyse
Ein anderer Erklärungsversuch für das Phänomen ist die so genannte Schlafparalyse. Aus Selbstschutz lähmt der Körper während des Schlafes die meisten Körperfunktionen, damit die im Traum durchgeführten Bewegungen nicht in die Realität umgesetzt werden. Beim Einschlafen oder unmittelbar nach dem Aufwachen kann es zu Halluzinationen kommen, die durch das Gefühl der völligen Muskelstarre eine weitere beunruhigende Dimension erhalten. Der Schläfer wähnt sich dabei hellwach und im Zentrum verstörender Erlebnisse, die im Gegensatz zu konventionellen Träumen als real empfunden werden.
Gerade die von vielen Entführten beschriebene Lähmung des Körpers legt den Verdacht nahe, dass es sich bei dem Phänomen in vielen Fällen lediglich um erschreckende Halluzinationen handelt. Viele weitere Umstände verstärken diesen diese Vermutung, etwa jener, dass ausschließlich der Entführte selbst von den angeblichen Geschehnissen betroffen ist. Menschen werden aus Zimmern entführt, ohne dass der Ehepartner aufgeweckt wird und am nächsten Tag von beunruhigenden Erscheinungen zu berichten wüsste. Sogar aus Hochhäusern mitten in New York sollen Menschen an Bord eines UFOs gebracht worden sein. Dass weder das Raumschiff, noch die Entführung von tausenden potenziellen Zeugen gesehen werden, erscheint seltsam.
Außerirdische oder Götter?
Dänikens umstrittene Interpretation
"Es gibt nichts Neues unter der Sonne", heißt es schon in der Bibel. Und die muss es wissen, wimmelt es doch in ihr von allerlei Begegnungen mit dem Übernatürlichen, die man ebenso gut als reale Erlebnisse, wie auch Halluzinationen oder Wahnvorstellungen erachten kann. Wer vermag nach Jahrtausenden schon mit Gewissheit über diese Erlebnisse urteilen, die noch dazu allesamt mündlich überliefert wurden und keine Augenzeugenberichte aus erster Hand darstellen?
Der Schweizer Sachbuchautor Erich von Däniken war nicht der erste, aber der mit Abstand Erfolgreichste, der die Spuren Außerirdischer hinter den oft bizarren biblischen Schilderungen zu erkennen glaubte. Tatsächlich muss der Bibelleser seine Phantasie nicht allzu sehr bemühen, um hinter den ehrfürchtigen Worten des Staunens der Propheten außerirdische Raumschiffe und ihre Insassen zu erkennen. Da heißt es etwa im Buche Ezechiel:
Beschrieb Ezechiel mehr als zweitausend Jahre vor den ersten Flugzeugen und zaghaften Schritten in den Weltraum die Begegnung mit einem außerirdischen Raumschiff? Oder lag der deutsche Philosoph Karl Jaspers richtig, der in Ezechiels Beschreibungen schlichtweg Halluzinationen eines Schizophrenen vermutete? Eindeutig wird sich diese Frage wohl kaum jemals klären lassen.
Faszinierend erscheint aber die allgegenwärtige Präsenz jenes Phänomens, das wir mit Worten wie UFOs oder Außerirdische bekleiden. Tatsächlich lassen sich seine Spuren über die Zeitströme der Jahrhunderte hinweg verfolgen.
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UFOs als moderne Folklore
In der Folklore rund um die Welt lassen sich zahlreiche Berichte über Kobolden, Feen, Zwergen und anderen Mythenfiguren finden, die man heute wohl als Begegnungen der Dritten oder gar Vierten Art deuten würde. Kamen diese seltsamen Besucher einst aus Höhlen, Wäldern oder unterirdischen Reichen, so entsteigen sie seit wenigen Jahrzehnten Raumschiffen.
Die Erscheinungsform des Übernatürlichen hat sich nicht geändert, wohl aber die Interpretation. Mögen sie früher als transzendentale Wesenheiten vor dem jeweiligen kulturellen Hintergrund wahrgenommen worden sein, treten sie heute meist als Vertreter einer technologisch fortgeschrittenen Zivilisation auf. Selbst die gelegentlich geäußerten Botschaften haben sich dem Zeitgeist angepasst: Warnten die unheimlichen Wesen vergangener Jahrhunderte etwa vor sündigem Treiben und dem drohenden Jüngsten Gericht, wurde beispielsweise UFO-Kontaktler George Adamski von seinen venusianischen Freunden mitgeteilt, dass der Menschheit ein verheerender Atomkrieg drohe. Keine originelle Feststellung, gewiss, aber eine immer wieder geäußerte Warnung.
Real, Einbildung - oder doch etwas ganz anderes?
Was lässt sich aus diesen Beobachtungen nun ableiten? Mit Sicherheit steht nur fest, dass Begegnungen und mitunter Entführungen durch nicht menschliche Entitäten ein seit Jahrtausenden bekanntes Phänomen darstellen, für deren Realität es bislang keinen Beweis gibt. Wenig überraschend teilen sich in dieser Frage die Lager in Skeptiker, die hinter jedem entsprechenden Bericht bewusste Lügen oder eine psychologische Lösung vermuten, sowie jene, die den Berichten Glauben schenken.
Möglicherweise existiert für die angeblichen Entführungen durch Außerirdische aber auch eine noch gar nicht in Betracht gezogene Erklärung. Schließlich hielt man bis ins späte 18. Jahrhundert hinein Berichte über Steine, die vom Himmel fielen, für lächerlichen Aberglauben oder bediente sich weit hergeholter Erklärungsmodelle. Erst seit knapp zwei Jahrhunderten weiß man, dass es sich hierbei um Meteoriten handelt. Könnten wir es nicht auch in diesem Fall mit einem Phänomen zu tun haben, dessen Herkunft erst in naher Zukunft geklärt werden wird?
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