Warum es in literarischen Werken keine "Neger" mehr geben darf
Märchen von einst, Geschichten großer Schriftsteller, Gedichte, Verse und Zählreime, welche die Worte Neger oder Negerlein beinhalten, sollen umgeschrieben werden. Warum?Weltbekannte Kinderbücher in Zukunft ohne Negerkönig, Mohrenkind und Negerlein
Der in Dresden geborene Schriftsteller Ludwig Renn hat sich bestimmt nichts Böses dabei gedacht, als er sein Buch "Der Neger Nobi" schrieb. Von 1955 bis Anfang 1960 wurde sein Werk unter diesem Titel verkauft. Erst mit der 8. Auflage im Jahr 1962 hieß das Buch des deutschen Schriftstellers schlicht und einfach "Nobi". Warum eigentlich? Zu diesem Zeitpunkt stand doch das Wort "Neger" oder "Negerlein" noch gar nicht auf der "roten Liste".
Astrid Lindgrens beliebtes Kinderbuch "Pippi Langstrumpf" wurde jüngst ebenfalls einer Korrektur unterzogen, obwohl sich die verstorbene Schriftstellerin schon zu Lebzeiten gegen Änderungen in ihrem Buch ausgesprochen hatte. Warum musste "Pippi Langstrumpf" neu aufgelegt werden? Weil Pippis Vater ein "Negerkönig" war, der nunmehr - nach der Korrektur - zum "Südseekönig" ernannt wurde. Astrid Lindgren würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie vom Eingriff der Obrigkeit erfahren würde, die in ihrem schriftstellerischen Gedankengut herum fuscht.
Auch die Kinderbuchklassiker "Die kleine Hexe" und "Räuber Hotzenplotz" von Ottfried Preußler müssen "dran glauben". Außer dem Wort "Neger" will der Thienemann Verlag ein weiteres Wort, welches nicht mehr zeitgemäß in diesem Sinne ist und heute im Sprachgebrauch eine andere Bedeutung hat, aus den beliebten Kinderbüchern von Otfried Preußler entfernen. Hierbei handelt es sich um das Wort "wichsen". Früher wurden Stiefel nicht geputzt oder poliert, sondern blank gewichst. Diese Beschreibung entspricht nicht mehr der heutigen Zeit und könnte zudem missverstanden werden.
Nobi | Pippi Langstrumpf (farbig) | Die kleine Hexe |
Wie ist es mit den Reimen und Geschichten im Kinderbuchklassiker "Struwwelpeter"? Dr. Heinrich Hoffmann, einst "Nervenarzt", schrieb anno 1844 ein Buch, welches ein Jahr später mit dem Titel "Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3 bis 6 Jahren" veröffentlicht wurde. Zu jener Zeit unter dem Pseudonym Reimerich Kinderlieb. Erst nach der 4. Auflage wurde das stets umstrittene Kinderbuch als "Struwwelpeter" veröffentlicht.
Hoffmanns Verse und Geschichten wurden in 40 Sprachen übersetzt, obwohl sie doch einst gar zu grausig waren. Beim Zündeln mit den Streichhölzern verbrennt Paulinchen. Konrad werden zur Strafe die Daumen abgeschnitten, weil er sich das Daumenlutschen nicht abgewöhnen konnte. Der "Suppen-Kaspar" verhungerte, da er sich schlicht weigert, die Suppe zu essen.
Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, avancierte der "Struwwelpeter" von Dr. Heinrich Hoffmann zum Kinderbuchklassiker. Was vielleicht auch an der guten Mischung gelegen haben könnte. Immerhin waren in der Lektüre ebenso erheiternde Reime und Geschichten enthalten. Damals war noch nicht die Rede davon, dass es in literarischen Werken keine Neger mehr geben darf. Dennoch gab es in anderer Form eine Art "Zensur".
Heute gerät der "Struwwelpeter" vor allem wegen der "Geschichte von den schwarzen Buben" ins Visier der Kritiker. Die Bezeichnungen "Mohr" und "Mohrenkind" sind ebenfalls nicht mehr zeitgemäß.
"Nun seht einmal, wie schwarz sie sind, viel schwärzer als das Mohrenkind", schrieb Hoffmann zum Beispiel. Wie sollte diese Passage umgeschrieben werden?
Etwa so: "Nun seht einmal, wie schwarz sie sind, viel schwärzer als das dunkelhäutigste Kind"???
Zehn kleine Negerlein gibt es nun nicht mehr
Wenn es zukünftig in literarischen Werken keine Neger mehr geben soll, ist auch der altbekannte Kinderreim von den "10 kleinen Negerlein", den es in den unterschiedlichsten Versionen gibt, neu zu verfassen. Statt der Negerlein könnten vielleicht "10 Schweinlein" die "Hauptrolle" in der neuen Fassung spielen. Was meinen Sie?
Warum das Wort „Neger“ aus den literarischen Werken verbannt wird
Der 47-jährige Mekonnen Mesghena, der seit 20 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und in Berlin lebt, las eines Abends seiner 7-jährigen Tochter Timnit aus dem Kinderbuch "Die kleine Hexe" von Otfried Preußler vor. Doch irgendwann kam er ins Stocken und las nicht weiter. Schuld war das "Negerlein" welches im Faschingskapitel in Preußlers Geschichte erwähnt wurde. Der Vater erklärte seiner kleinen Tochter, dass er nicht mehr weiterlesen würde, weil das böse Wort mit "N" darin vorkommt. Die Kleine war enttäuscht, wollte sie doch zu gerne wissen, wie die Geschichte weiterging. Darum schlug sie ihrem Vater vor, die "Buchmacher" zu bitten, das Wort zu streichen.
Dies tat Mekonnen Mesghena genau an jenem Abend auch. Er schrieb einen Brief an den Stuttgarter Thienenmann-Verlag und schilderte, was ihm auf den Herzen lag. Es dauerte auch nicht lange und der 47-Jährige, der ursprünglich aus Eritrea/Ostafrika stammt, erhielt Antwort vom Verlag. Dieser teilte mit, dass "Die kleine Hexe" im Jahre 1957 geschrieben wurde. In jener Zeit galt das Wort "Neger" nicht als verwerflich. Mit dieser Antwort des Thinemann-Verlags konnte und wollte sich der Vater der kleinen Timnit nicht zufriedengeben und schrieb einen weiteren Brief, in dem er erklärte, dass Kinder sich keineswegs dafür interessieren, wann ein Buch geschrieben wurde und sie ein Anrecht darauf hätten, diese wundervolle Geschichte zu genießen, ohne sich in irgendeiner Form "angegriffen" zu fühlen.
Tatsächlich stimmte Otfried Preußler, der 2013 seinen 90. Geburtstag feiert, nach Anfrage des Verlags zögerlich zu, das besagte Wort zu streichen. Nicht nur die "Neger" sollen aus den literarischen Werken verbannt werden. Auch "Zigeuner" sollen fortan nicht mehr in der Kinderliteratur vorkommen. Der Vater von Timnit brachte eine gewaltige Lawine ins Rollen. Die "Korrektur" der bekannten Kinderbücher wird skeptisch betrachtet. Einige Menschen sind dafür und finden es vollkommen richtig, dass die einst geschriebenen Werke "modernisiert" werden und die Sprache der neuen Zeit angepasst wird. Andere Leute hingegen finden dies unmöglich und sind der Auffassung, dass die zu "bereinigten" Worte in den alten Kinderbüchern weder diskriminierend noch fremdenfeindlich sind, weshalb sie nicht geändert werden sollen.
Bildquelle:
Bilddesign Kerstin Schuster
(Schreibwettbewerbe 2013 - aktuelle Literatur- und Lyrikwettbewerbe)
von Don Manfredo (Eigenes Werk) [GFDL (h
(Pippi Langstrumpf - Heldin von Generationen)