Der unerwartete Starkregen

Wie Sabine Brinkmann, die Vorsitzende des Vorstandes des Niersverbandes berichtet, kam es am 4. Juni, 21. Juni und am 29. Juni 2021 zu einem Starkregen von ungewöhnlichem Ausmaß. Normalerweise regnet es im Einzugsgebiet der Niers im ganzen Jahr ungefähr 720 mm. Am 4. Juni war der Sturzregen deutlich kürzer und heftiger in der Spitze in Mönchengladbach rund 50 mm Regen in knapp einer Stunde.

Der Starkregen hörte nicht auf.
Vom 13. bis 15. Juli 2021, zum vierten Mal innerhalb von sechs Wochen, kam es im Einzugsgebiet der Niers zu einem ungewöhnlich starken Regen.
In dieser Zeit waren die Bereiche Mönchengladbach-Neuwerk, Viersen-Dülken und Tönisberg besonders betroffen.
Anders als bei den Regenereignissen am 4. Juni, 21. Juni und am 29. Juni 2021 war der Starkregen diesmal über einen Zeitraum von rund 48 Stunden verteilt und erfasste eine wesentlich größere Fläche. Insgesamt regnete es in der Spitze bis zu 85 mm innerhalb dieser zwei Tage.

Jedes Regenereignis muss gesondert betrachtet werden

Wie Laien und Fachleute wissen, wirken sich Niederschläge in Städten und auf dem Land ja von Ort zu Ort unterschiedlich aus. Dabei spielt zum Beispiel die Lage und die örtlichen Gegebenheiten eine große Rolle.

Es war sichtbar, dass die unaufhörlichen intensiven Niederschläge besonders im Juni auf den sogenannten versiegelten Flächen und in der Nähe von Kanälen schnell zu einem Problem wurden.

Schnell merkten Anwohner und Verantwortliche beim unaufhörlichen Regen, dass das Regenwasser schnell von den versiegelten Flächen in die Kanalisation floss und diese die Wassermassen nicht mehr aufnehmen konnte. Denn die Kanäle sind nur für eine weit geringere Regenmenge ausgelegt. Das Wasser staute sich und suchte sich seinen Weg in Geschäfte, Lagerräume, Keller von Privathäusern, Garagen und Tiefgaragen und auf Brachland und Felder.

 Als versiegelte Flächen gelten:

Dächer, Asphalt und Beton Straßenbelag, Betonsteine und Plattenbelag.

Schwach oder nicht versiegelte Flächen können Rasen, Kiesflächen, Brachland und Felder sein. Sie sind wasserdurchlässig. Durch sie gelangt angestautes Wasser zügiger ins Grundwasser, dass schneller einen Abfluss findet..

Die Spuren die der Regen hinterlassen hat beseitigen

Jetzt, nach dem 22./23. Juli, haben sich die Wassermassen größtenteils zurückgezogen und die Wasserstände der Niers sinken.
Wie Sabine Brinkmann mitteilt, sind jetzt erst die negativen Auswirkungen, die der Regen in Mönchengladbach im Einzugsgebiet der Niers hinterlassen hat, im vollen Aufmaß zu sehen. Sie erläutert, dass in den letzten Tagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Niersverbandes in höchster Alarmbereitschaft und teilweise im Dauereinsatz waren.
Alle wünschen sich für die nächsten Tage trockenes Wetter. Obwohl für das Wochenende, dem 24./25. für West und Süddeutschland wieder Regen angekündigt wurde.
In den vergangenen Tagen wurden Schäden aufgenommen, die, so Frau Brinkmann, jedoch als überschaubar gelten.

Sie ist dankbar, dass in Mönchengladbach alle Anlagen, insbesondere das Hochwasserrückhaltebecken, gut funktionierten.
Aktuell sei zu beobachten, dass der Rückstau der Maas in die Niers, der zum Hochwasser der Stadt Goch führte, langsam zurück weicht.
Die Maas erreichte an der Niersmündung in Gennep am 18.7. 2021 ihren Höchststand.
Auch dort ist der Pegelstand gesunken.
Vorsorglich wurde um die Lage zu entschärfen, m Bereich der Ortschaft Goch-Kessel die Kläranlage des Niersverbandes teilentleert und Abwasser und Schlamm mit LKWs zu anderen Kläranlagen gefahren.
Diese Gefahrenlage auf der Kläranlage hat sich daraufhin beruhigt.

Das sind die Schäden auf den Anlagen

Auf den Anlagen des Niersverbandes kam es durch die großen zufließenden Wassermassen vereinzelt zu Schäden, die jedoch nicht die Funktionsweise der jeweiligen Anlage beeinträchtigte. So wurden durch die letzten Ereignisse auf der Kläranlage in Mönchengladbach-Neuwerk mehrere Rechen im Zulauf beschädigt und müssen instandgesetzt oder. ausgetauscht werden. Die Anlage lief jedoch weiter mit voller Auslastung.

Da der Anlage deutlich mehr Wasser zufloss als diese aufnehmen konnte, kam es wegen des ungereinigten Wassers zu einem Notabschlag im Zulauf. Das bedeutet, dass das stark verdünnte Wasser über einen dafür vorgesehenen Überlauf in die Niers geflossen ist. Auch bei weiteren Anlagen, wie zum Beispiel auf der Betriebsstelle Rahser Bruch in Viersen und am Aermen Düwel in Kerken, ist das Regenrückhaltebecken über den Notabschlag übergelaufen.

Beide Notabschläge wurden dabei beschädigt und müssen jetzt zeitnah instandgesetzt werden.

Die Wirksamkeit der Hochwasserrückhaltebecken

Der Starkregen in der Woche vom 12. Juli führte auf einer großen Fläche zu einer großen Wassermasse. Diese konnte zum größten Teil in den vier Hochwasserrückhaltebecken des Niersverbandes in Mönchengladbach zurückgehalten werden. Zum ersten Mal wurde hierbei das 2016 neu gebaute Hochwasserrückhaltebecken in Geneicken zu über drei Viertel gefüllt.

Durch den Wasserrückhalt konnten nicht nur die darunterliegenden Bereiche an der Niers geschützt werden. Indem der Wasserstand in der Niers unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens auf einem relativ niedrigen Niveau gehalten wurde, konnten die dort und weiter unterhalb der einmündenden Regenwasserkanäle das Regenwasser problemlos in die Niers leiten. Somit wurden die städtischen Flächen in Giesenkirchen und Geneicken vor rückstauendem Regenwasser geschützt.

Trotzdem kam es im weiteren Verlauf der Niers zu Hochwasser. Es kam hauptsächlich zu Überschwemmungen einiger Uferwege und ufernahen, unbebauten Flächen.

Nachdem in Mönchengladbach die Regenfälle aufgehört haben, wurden ab Freitag die Hochwasserrückhaltebecken langsam und geregelt wieder entleert. Die Hochwasserlage in der Niers im weiteren Verlauf bis zum Unterlauf in Goch wurde hierbei besonders im Auge behalten. Es war wichtig, dass die Entleerung der Hochwasserrückhaltebecken nicht eine neue Hochwasserwelle verursacht, die mit der Hochwasserwelle in der Maas zusammentreffen könnte. Das hätte deutlich negative Auswirkungen auf die Wasserstände im Unterlauf der Niers gehabt. Durch die gezielte Regelung der Entleerung konnte dies verhindert werden.

Das Hochwasserrückhaltebeckens in Geneicken.
Hochwasserrückhaltebeckens in Geneicken.

Hochwasserrückhaltebeckens in Geneicken. (Bild: Fotograf: Martin Hochbruck).)

Das Foto zeigt das eingestaute Hochwasserrückhaltebecken Geneicken/Stadtteil Rheydt, in Mönchengladbach nach dem Starkregen. Auf der linken Seite zu erkennen, die Niers mit dem Wasserstand vor und hinter dem regulierenden Wehr. (Quelle: Niersverband, Fotograf: Martin Hochbruck).

Gefahr erkannt Gefahr gebannt

In diesem Zusammenhang weist der Niersverband darauf hin, dass der Aufenthalt an und in der Niers insbesondere in der Nähe der Ein- und Auslaufbereiche der Hochwasserrückhaltebecken immer gefährlich ist. Auch wenn die Niers als kleines Flüsschen harmlos wirkt, können beim Einstau und beim Entleeren der Hochwasserrückhaltebecken Strömungen entstehen, die vor allem für Kinder eine Gefahr darstellen.

Eine naturnahe Gewässergestaltung an der Niers

Gewässer wie die Niers, deren Fließgeschwindigkeit und Wasseraufnahme durch eine Kanalisierung erhöht wurde, werden durch eine naturgemäße Gewässergestaltung wieder entschleunigt. Dadurch entstehen in den Ersatzauen natürliche Rückhalteräume. So entstehen Naturschutzräume und ein Hochwasserschutz, der bei Bedarf sofort zur Verfügung steht.

Mit diesem Prinzip konnten schon Gewässerprojekte an der Niers zum Beispiel. In Geldern oder Goch-Kessel umgesetzt werden. So wurden schon rund 200.000 Quadratmeter naturnaher Rückhalteraum geschaffen. Im Bau befinden sich aktuell Projekte zur Schaffung von naturnahen Gewässerumgestaltungen in Mönchengladbach im Bresgespark sowie in Viersen-Süchteln das Projekt Fritzbruch.
Damit die Hochwassergefahr an der Nies weiter entspannt wird, plant der Niersverband weitere Gewässerumgestaltungen.

Damit diese realisiert werden können, werden weitere Flächen benötigt, an denen es mangelt. Die Niers konkurriert an dieser Stelle mit weiteren Nutzungsansprüchen.
Die Verantwortlichen im Niersverband appellieren, dass ein wirksamer dauerhafter Hochwasserschutz nur dann verwirklicht werden kann, wenn auf dem Gebiet der Nutzungsrechte ein Umdenken im Sinn der natürlichen Gewässergestaltung erfolgt.

Was weniger bekannt ist

Es ist der Naturschützer und Tierfilmer Heinz Sielmann und der Künstler Joseph Boys, die beide ihre ersten positiven Naturerlebnisse an der Niers machten. Heinz Sielman im heutigen Stadtteil von Mönchengladbach, Rheydt und der Künstler Joseph Boys in Kleve.
Wie Heinz Sielmann der Autorin und Journalistin Monika Hermeling erzählte, erwarb er sowie sein Kriegskamerad Boys ihre Liebe zur Natur bei den Beobachtungen und spielen im Vorschulalter, mit älteren Kindern, in der Nähe des Rheydter Schlosses an der Niers. Sielmann warnte später vor den Auswirkungen der Niersbegradigung für die gesamte regionale Ökologie, die Anwohner und die örtlichen Betriebe. Ihm tat es leid, zu wenig Gehör zu finden.

Der gebürtige Mönchengladbacher Heinz Sielmann erzählt:

Was ist zu tun?

Wie der vergangene Starkregen zeigt, ist der Klimawandel mit seinen vorhersehbar negativen Auswirkungen auch am Niederrhein angekommen. Fachleute rechnen realistischerweise damit, dass sich zukünftig unvorhersehbare Trockenwetterphasen sowie Starkregenereignisse an der Niers, häufen werden.

Die Experten des Niersverbandes sehen eine Möglichkeit, die Starkregenereignisse an der Niers besser abfedern zu können und weitere Rückhalteräume an der Niers zu schaffen.

Wie Sabine Brinkmann, Vorsitzende des Vorstandes des Niersverbandes mitteilt, arbeitet der Niersverband seit über einem Jahrzehnt mit unterschiedlichen Maßnahmen gemäß Masterplan Niersgebiet, an der Verwirklichung.

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