Die spanische Urlaubswoche gegen Weihnachts-Burnout

Kommt man nach Spanien, dann ist schon einiges gewöhnungsbedürftig:

  1. Da ist einmal die Siesta, das heißt die Zeit zwischen zwei und fünf Uhr nachmittags, in der Geschäfte und Büros in der Regel schließen. Dafür haben sie dann bis abends um 21.00 Uhr auf.
  2. Im Sommer wird gleich das sogenante "Horario de verano", die Sommerzeit gepflegt: Da wird überhaupt nur von circa 7.30 Uhr bis 14.00 Uhr gearbeitet, danach ist wegen Hitze geschlossen. Also fürs selbe Geld wird angeblich dieselbe Arbeit in sechs Stunden erledigt.
  3. Einmalig ist aber auch mitten im Advent die Auszeit von einer ganzen Woche. Kurz vor Weihnachten und den darauf folgenden vielen Feier- und freien Tagen bis zum siebten Januar, haben sich die Spanier noch einmal so eine Urlaubswoche gelegt mit dem sechsten Dezember, dem großen spanischen Nationalfeiertag, dem Dia de la Constitución (Verfassung) und dem achten Dezember, dem katholischen Feiertag der Mariä Empfängnis.

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Estepona Weihnachten

 

 

Feiern können sie, die Spanier: im Foto links ein typische Feria in Andalusien. Rechts die Weihnachtsbeleuchtung von Estepona an der Costa del Sol: Allgemein wird zwar in der Krise gespart, aber Weihnachtsfestbeleuchtung gibt es, wenn auch mit Energiesparlampen. Das ergibt fast überall eine Einsparung von 30 Prozent. (Fotos Gregor Steinschulte, Sur)

Burnout? Ein Fremdwort für die feierlustigen Spanier

Eines muss man den Spaniern wirklich lassen: Was Feste und Feiertage angeht, da lassen sie sich durch nichts beirren! Die werden eben gefeiert, wie sie fallen, da werden auch alle katholischen Gedenktage begangen, auch wenn Spanien in der Mehrheit nur noch nominell diesem Glauben an­gehört. Aber die Feiertage sind eben gut genug für Freimachen. Und wenn es mitten in der Krise und im Vorweihnachtsstress ist.

Die Woche zwischen 6. und 12. Dezember kann man hier total vergessen, da geht in ganz Spanien nichts! Die zwei Feiertage liegen meist auch noch so günstig, dass sich gleich eine ganze freie Woche ergibt, da spricht man nicht nur von Brücken-Tagen, sondern gleich von einem ganzen Aquädukt. Das bringt einen allerdings zur Verzweiflung, wenn man nicht Arbeitnehmer, sondern Arbeitgeber ist und vor Weihnachten Hochbetrieb herrscht, da alles noch vorher rechtzeitig fertig werden muss. Da sagt das einheimische Personal einfach: "Und tschüss, ich bin dann mal weg!" Meist kann man gar nichts dagegen machen, weil ja auch noch Resturlaub bis Jahresende zu neh­men ist. Folge: Chef und Chefin schuften alleine in dieser Wahnsinnswoche, oft Tag und Nacht.

 Rechnungen des Dafür und Dagegen

 Der spanische Arbeitgeberverband hat ausgerechnet, dass jeder dieser verlorenen Arbeitstage die spanische Wirtschaft angeblich 4,2 Milliarden Euro kostet. Dagegen hält allerdings der spanische Hotel- und Gaststättenverband, dass er allein 100 Millionen Euro durch jeden Feiertag mit Brückentag einnimmt. Von den Reiseveranstaltern, Fluglinien und dergleichen ganz zu schweigen.

Die Einheimischen können Argumente über den Unsinn, mitten in der Hochdruckzeit vor Weihnachten einfach alles dicht zu machen und abzutauchen, gar nicht nachvollziehen, Originalton einer Spanierin: "Aber das ist doch das Schöne, sonst kommt man doch um vor Stress mit all diesen "Was-noch-zu-erledigen-ist vor-Heiligabend!" So haben wir auch genügend Zeit für die Weihnachtseinkäufe, das muss man doch verstehen." Das Burnout-Syndrom, die neue Modekrankheit in Deutschland, wird wohl in Spanien im wahrsten Sinne des Wortes ein Fremdwort bleiben.

Tja, dieses spanische Antistress-Programm ist schon verblüffend, vielleicht sollten wir alle ein biss­chen inne halten, denn: von den Spaniern lernen heißt leben lernen.

Arlequina, am 06.12.2011
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