Wie der Fall Böhmermann wirklich ablief
Glauben Sie nicht alles, was in den Medien verbreitet wird. Es war ganz anders. Folgen Sie mir bei einem Gedankenexperiment...Der § 103...
...fristete bisher in der hintersten Ecke des Strafgesetzbuches ein Schattendasein. Niemand beachtete ihn. Schlimmer noch, er sollte sogar abgeschafft werden. Doch vorher musste er wenigstens noch einmal angewendet werden. Und wer bitte, außer dem kleinen Despoten vom Bosporus, war dafür besser geeignet? Also brauchte es nur noch jemanden, der den Tyrannen so richtig beleidigt, nachdem Extra3 mit seiner liedhaften Satire schmählich gescheitert war. Und das konnte nur J.B. sein. Gesagt, getan, ein kurzes Schmähgedicht, in einem unbedeutenden Spartensender, es darf ja nicht zu auffällig wirken, und der Tiger aus Ankara brüllte auf. Ziel erreicht, und die Geschichte nahm Fahrt auf.
Die Kanzlerin...
... kannten wir bisher als ruhig und abwägend. Lieber erst mal Entwicklungen laufen lassen als sich vorschnell festzulegen. Diese Story aber zeigte sie zupackend und energisch, was ihr ein hohes Ansehen im In- und Ausland verschaffte. Mit ihrem Anruf beim türkischen Premier befeuerte sie die Entwicklung und nahm persönlich Einfluss auf den weiteren Lauf der Dinge. Ihre Beliebtheitswerte stiegen in bisher nie erlebte Höhen, Erdogan lag ihr zu Füssen und Juristen loben sie ob der endlich entfachten Diskussionsmöglichkeiten. Merkel hatte wieder mal den richtigen Riecher und nichts falsch entschieden.
Der Kanzleramtsminister...
... wurde von Böhmermann um Hilfe gebeten, so dachten Sie bisher. Völlig falsch. Merkels Intimus koordinierte nur die zeitlichen Abläufe und gab telefonisch Anweisungen der Chefin weiter. Der Meister der Diversion und Propaganda übernahm die fachliche Führung, denn die Kanzlerin hat ja nun noch mehr zu tun, als sich um solche Peanuts zu kümmern.
Der kleine Despot...
... vom Bosporus freute sich wie ein Schneekönig über das Geschenk aus Deutschland. Konnte er sich doch gegenüber seinen Untertanen wieder mal als der Macher präsentieren, der den infamen und hinterhältigen Angriff auf seine Person mannhaft abwehrt. Und so ganz nebenbei stellte er seine Cleverness unter Beweis, indem er einen Paragraphen des deutschen Strafrechtes nutzte, der nur knapp 200 Menschen weltweit vor Beleidigung schützt. Auf diese Idee muss man erst mal kommen.
Der Moderator...
... ist immer der Dumme. Seine gekonnte und witzige Satire wurde von den bösen Mächten der Politik schamlos für Machtspiele missbraucht. Dieses Ausmass war für ihn niemals vorhersehbar. Wie er nun an den Pranger gestellt wird, muss äußerst schmerzhaft sein. Satire bekommt in der Causa Böhmermann als ein Element weltpolitischer Ränkespiele eine völlig neue Bedeutung.
Die Juristen....
... bringen sich schon in Stellung. Nein, nicht nur der Ankläger und der Verteidiger, beide anerkannte Koryphäen auf dem Gebiet des Medienrechtes. Jeder kleine Anwalt fachsimpelt, diskutiert und schreibt zu dem Thema. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bisher unbekannten Ausmasses, auch für Journalisten und Moderatoren mit ihren zahlreichen Talkshows, wurde hier in kürzester Zeit und ohne finanziellen Aufwand aufgezogen.
Was Sie davon haben...
... fragen Sie sich? Nun, erstens haben Sie gerade eine Satire gelesen, ohne es zu merken. Zweitens haben Sie mit Sicherheit schon einiges über die gesamte Story gelesen und damit Ihre Zeit verbracht. Und Drittens -- das Leben ist zu kurz, um es nur ernst zu nehmen. Also lachen Sie mit, so wie Ihre Kanzlerin und der Erdogan, die sich diebisch amüsieren über den Spass und das dumme Volk.
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