Schritt-für-Schritt-Anleitung

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Bevor es losgeht, ist erstmal die Silbenanordnung zu erheben, damit klar wird, wie viele Plätze mit Hebungen und Senkungen gefüllt werden müssen. Das Silbenschema ist:


 

 

 

 

Mit dem Ende anfangen

Mein erster Vorschlag ist: Mit dem Ende anfangen! Bei gereimten Gedichten kann man aus dem Reimschema erste Hebungen und Senkungen herausziehen. Ein Reim wird fast ausschließlich entweder auf eine oder zwei Silben gebildet. Einsilbenreime sind immer Hebungen, bei zweisilbigen ist die vorletzte immer ein Hebung. Da zwei Hebungen hintereinander am Versende eine ungeprobte Extravaganz sind, kann beim einsilbigen Reim die Silbe zuvor als Senkung gekennzeichnet werden. Mit den Reimen auf -angen, -ar und –eiget lässt sich das Silbenschema so konkretisieren:


 

 

 

 

Zweisilber

Das zweite gute geeignete Hilfsmittel sind zweisilbige Substantive. Die werden zu 90% auf der ersten Silbe betont. Ausnahmen wie z.B. Friseur, Dompteur oder Natur fallen auf, wenn man die Gegenprobe macht, also versucht die erste Silbe besonders stark zu betonen. Mit den Zweisilbern im Text ergibt sich folgendes Bild:


 

 

 

 

Auffüllen

Jetzt kann man die noch nicht bestimmten Silben nach oben und nach unten auffüllen unter der Annahme, dass die Verse regelmäßig sind:

 

 

 

 



Hier bleibt nur eine Lücke bei der ersten Silbe, doch da fällt die Wahl nicht schwer. Da hier ein regelmäßiger Wechsel von Senkung und Hebung stattfindet, muss die erste Silbe eine Senkung haben. Das vollständige Schema:

 

 

 

 



Mit diesem Schema in der Hand sollte man jetzt das Gedicht laut und etwas übertrieben betont lesen, wie es das Schema vorschreibt. Hat der Dichter keine Unregelmäßigkeiten eingebaut, dürfte sich kein komisches Gefühl einstellen. Ansonsten ist das Schema etwas umzustellen. Die häufigsten Fälle sind eine Umkehrung von Senkung-Hebung zu Hebung-Senkung am Anfang und das ausnahmsweise Einflechten von zwei Senkungen hintereinander.

Tatsächlich ist hier die Vierhebigkeit des Schlussverses die einzige Unregelmäßigkeit, die aber schon im Schema erkannt ist.

Metrum bestimmen

Bleibt noch das Zauberwort für das gefundene Metrum zu finden. Drei stehen zur Auswahl. Daktylus fällt weg, weil der zwei Senkungen hintereinander hat, bleiben Jambus und Trochäus. Merkregel: Trochäus kommt von oben (Xx), Jambus kommt von unten (xX). Also gibt's hier einen Jambus zu bestaunen. War nicht schwer, oder?

Webtipps

http://de.wikipedia.org/wiki/Versfuß Der Wikipediaartikel zum Versfuß ist nützlich, wenn Sonderfälle auftreten, da hier neben den Standards auch seltene Versfüße aufgeführt werden.

http://gedichteleser.wordpress.com/ Hier wird eine "Dreisilbenmethode" vorgeschlagen, um das Metrum Stückchen für Stückchen zu entblättern. 

http://pagewizz.com/reimformen-in-der-lyrik/ Eine Ergänzung zu diesem Artikel ist die Beschäftigung mit den Reimformen.

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