Medienpädagogik im Wandel

Akzeptanz und Ablehnung der Medien

Währenddessen die Medien (Fernsehen, Internet, Radio und Zeitungen) zu Beginn ihrer Existenz lediglich das Ziel der Zensur sowie der Kontrolle verfolgte, wurden sie später auch zum Hilfsmittel zum politischen sowie pädagogischen Handeln. Zu Beginn waren Menschen (vor allem Pädagogen) sehr skeptisch gegenüber den neuen Medien. Von einigen Experten wurde sogar die Bereitstellung von Schutzmaßnahmen gegen diese Errungenschaft eingefordert. Der Film galt zunächst als etwas besonders Negatives, dem die Schule unbedingt erfolgreich entgegenwirken musste. Es dauerte aber nicht lange, bis man bemerkte, dass die Medien einen entscheidenden Beitrag zur Volksbildung leisten. Von nun an wurden die vorher verschmähten Medien als Mittel zur Aufklärung und Bildung der Masse genutzt. Dasselbe Phänomen konnte man bei anderen Medien erkennen. Kaum war etwas Neues auf dem Markt, begegnete man ihm mit Skepsis und Ablehnung. Nach einer gewissen Zeit aber legte man plötzlich doch Akzeptanz an den Tag.

 

Medienpädagogik als wissenschaftliche Disziplin

 

Nur wer reflexiv und kritisch mit den Medien umgehen kann, läuft nicht Gefahr, abhängig zu werden oder sich im Überangebot an Informationen zu verlieren.

Das Ziel der Medienpädagogik besteht darin, Menschen einen reflexiven und kritischen Umgang mit den Inhalten der Medien zu lehren. Diese Wissenschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie über unterschiedlichste Kategorien in Hinsicht auf Ziele und Ansätze verfügt. Bis weit in die 1960er Jahre hinein bestand ihr einziges Ziel in der Prävention in Bezug auf die Folgen von Medien. Anschließend wurde dieses Vorhaben abgelöst durch das Ziel, aus Menschen mündige und kritische Rezipienten zu machen. Zentrale Aufgabe der Medienpädagogik war es ab diesem Zeitpunkt, zu veranschaulichen, wie Medien überhaupt gemacht werden und welche Interessen sie vertreten. Man begann, Medien nicht mehr bloß als ökonomische sowie politische Instrumente der Herrschaft zu betrachten, sondern sie hielten allmählich Einzug in das Bildungswesen und schließlich betrachte man sie sogar als hervorragenden Ersatz von Lehrkräften. Bald darauf betrachtete man den Medienkonsumenten als "Subjekt der Medienkommunikation". Seit den 1980er Jahren sollen nicht mehr nur Politik und Wissenschaft von den Vorteilen der Medien profitieren, sondern auch alle übrigen Bevölkerngsgruppen.

Vor- und Nachteile der Mediennutzung

Als Bücher und Zeitungen erstmals den Markt beherrschten, gab es großes Aufsehen. Jeder warnte vor ihren Folgen. Akzeptanz gab es zunächst kaum.

Im 18. beziehungsweise 19. Jahrhundert etablierten sich das Buch sowie die Zeitung als Massen- sowie Bildungsmedium. Klerus und Co. begannen damit, die Gesellschaft vor den Folgen der Medien zu warnen. Als sich dann im 20. Jahrhundert auch noch der Film zu entwickeln begann, verschärfte sich diese Situation noch weiter. Schulen und Erwachsenenbildungsinstitute setzten alles daran, Kinder und Erwachsene davor zu schützen, dass die Medien negative Auswirkungen auf deren Moral und Sittlichkeit nehmen könnten. Damals wurde vor allem kritisiert, dass die Themen der Medien im Widerspruch zur Realität seien und dass Menschen dadurch das Bild einer Scheinwelt vermittelt werden würde. Außerdem vermutete man, dass die Massenunterhaltung dazu fähig sei, kulturelle sowie geistige Werte der Menschen zu zerstören. Psychologen merkten zudem immer an, dass Medienkonsum dazu führen würde, dass Kinder und Jugendliche aggressiver werden. Zeitgleich existierte aber auch eine positive Betrachtungsweise bezüglich der Medien. Insbesondere hebte diese deren Nutzen für die Volks- und Schulbildung hervor. Schließlich seien Medien dazu in der Lage, Menschen zu einer besseren Urteils- sowie Genussfähigkeit zu verhelfen.

Diese sogenannte Kinoreformbewegung sprach davon, dass Medien der Weg seien, mit dem alle Menschen zu Wissen gelangen könnten. Daraus ergaben sich zugleich Forderungen nach strengeren Jugendschutzmaßnahmen und nach einer kontinuierlichen Kontrolle der Auswirkungen von Medien auf die Psyche der Rezipienten. Last but not least versuchte man kommerzielle Filme immer mehr in den Hintergrund zu rücken und Filme, die den Bildungsansprüchen von Schulen dienten, zu fördern. Höhepunkt dieser Bestrebungen bildete die in den 20er Jahren durchgeführte Schulfilmbewegung.

 

Der Hörfunk und seine Entwicklung

Hörmedien fungierten zunächst nur als politisches Sprachrohr und wurden zur Gänz vom Staat kontrolliert.

Im Oktober 1923 hat Berlin erstmals damit begonnen, regelmäßig Sendungen auszustrahlen. Schnell gelang es, dass die Hörmedien staatlich kontrolliert werden konnten und als politisches Sprachrohr fungierten. Die Gruppe der Arbeiter sah damals noch keinen Nutzen im Rundfunkwesen, bis die Arbeiter-Radio-Bewegung sich für einen selbst gestalteten und eigenverwalteten Umgang mit dem Hörfunk einsetzte. Obwohl dieses Ziel nicht erreicht werden konnte, werden die Bemühungen der Bewegung bis heute als bedeutend angesehen.

 

Vom Nationalsozialismus und der Zeit danach

Zur Zeit des Nationalsozialismus waren Medien Hilfsmittel zur Propaganda und Indoktrination.

Mit Erziehungswissenschaften hatten die Medien in der Zeit des Nationalsozialismus in der Tat nichts zu tun. Sie hatten die alleinige Funktion von Propaganda- sowie Indoktrinationsinstrumente inne. Einer Medienpädagogik wurde damals kein Platz beigemessen. Medien erweckten damals zwar den Eindruck, unterhaltend und volksbildend zu wirken, nichtsdestotrotz waren sie einzig und allein Mittel zur medialen Propaganda. 1945, als der Nationalsozialismus sein Ende fand, begannen Pädagogen wieder umfassend Kritik an den Medien auszuüben. Man versuchte eine Anknüpfung an der Weimarer Republik zu schaffen. Wieder waren Pädagogen der Ansicht, Menschen müssen vor den Einflüssen medialer Inhalte geschützt werden. Die psychologische Filmwirkungsforschung erkannte schnell, dass Kinder und Jugendlichen der Flut an Bildern sowie der Manipulationskraft des Films hilflos ausgeliefert sind, wenn niemand mit erzieherischen und gesetzlichen Methoden eingreifen würde. Daraufhin wurde der Jugendmedienschutz umfassend bearbeitet. Bereits im Jahr 1949 existierten Bestimmungen zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (kurz FSK). Zwei Jahre später wurde das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (kurz JÖSchG) eingeführt. Wiederum zwei Jahre (1953) darauf war es an der Zeit, das Gesetz über Verbreitung jugendgefährdeter Schriften (kurz GjS) in Kraft zu setzen. 1954 führte man schließlich noch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdete Schriften (kurz BPjS) ein. Als wichtigste Errungenschaft dieser Zeit galt das erzieherisch tätige Filmgespräch. Sein Ziel war es, Immunisierung sowie Desillusionierung, die Medien hervorrufen konnten, zu vermeiden. Der Versuch, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zur Eigenbewahrung vor den gefährlichen Medien zu befähigen, rückte immer mehr ins Zentrum des Interesses. Dies war nur dann möglich, wenn der Betroffene dazu in der Lage war, seine Auswahl an Inhalten eigenständig einzuschränken. Doch auch diese Entwicklung stieß schon bald auf umfangreiche Kritiken. Es dauerte nicht lange, bis die Selbst-Immunisierung sowie der strenge Jugendmedienschutz als Bevormundungen erlebt wurden. Jugendliche wollten sich damit nicht abfinden und lebten ihre eigenen Vorstellungen. Daraufhin verlor die präventive Medienerziehung an Bedeutung und die medialen Inhalte breiteten sich immer weiter aus.

 

Die Entwicklung der Medienpädagogik

Und plötzlich kam das Internet und Menschen waren mit Personen aus der ganzen Welt in Kontakt. Hinsichtlich der Kommunikation gibt es heute keine Grenzen mehr.

Die Medienpädagogik hatte das Ziel, einen mündigen und kritikfähigen Rezipienten heranzuerziehen. In den 1960er Jahren war erstmals die Rede von ihr. Ziel war es, allen Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien zu lehren. Nur wer sich mit den Medien kritisch und reflexiv auseinandersetzt, ist in der Lage, sich ausreichend von ihnen zu distanzieren. Damals wurde dies noch mithilfe der Passivität umgesetzt. Eine Wandlung erfolgte in den 60er Jahren, als man sich wieder mehr den ökonomischen und politischen Funktionen der Medien zuwandte. Es entstand eine emanzipatorisch-politische Medienpädagogik, die das Ziel verfolgte, beim Menschen eine Art Sensibilisierung für die mediale Manipulation auszubilden. Der Rezipient sollte über die Fähigkeit verfügen, die Interessen der Medien zu durchschauen und sich nicht überreden zu lassen. Immer mehr wuchs die Forderung, die Macht der Medien auszuschalten und mehr auf Demokratisierung zu achten.

 

Bis weit in die 70er Jahre hinein war anschließend ein starker Medienboom zu beobachten. Auslöser hierfür war Georg Picht, der eine Bildungskatastrophe kommen sah. Daraufhin begann die Suche nach neuen Möglichkeiten einer zielführenden Unterweisung. Man entschied sich dafür, Medien verstärkt im Unterricht einzusetzen. Als wichtigste Aufgabe betrachtete man es, sämtlichen Lernstoff mithilfe des optimalen Einsatzes der Medien auf eine inspirierende Art und Weise zu veranschaulichen.

 

Das Überangebot an Informationen erfordert Medienkompetenz und Medienbildung

Die emanzipatorische Medienpädagogik übte umfassende Kritik am technologiefunktionalistischen Unterricht aus. Zum einen stand die Monopolisierung der zweckrationalen Denkweise im Fokus. Diese führe zwangsläufig dazu, dass sich das Ziel des Unterrichts lediglich noch auf das Erreichen genau definierter Lernziele beschränkt. Gleichzeitig würde sie kommunikatives sowie selbstbestimmtes Lernen nicht in ausreichendem Umfang ermöglichen. Andererseits kritisiert sie die Dichotomisierung von Medienpädagogik in "Medienerziehung" sowie "Mediendidaktik". Schlussendlich wurden Mediendidaktik und Medienerziehung gemeinsam eingesetzt. Man erkannte zunehmend, wie wichtig es ist, dass Lehrer und Schüler den Unterricht als für beide Parteien offenen Lernprozess verstehen und dass es wichtig ist, dass Lehrer und Schüler Medien selbst für ihren Unterricht nutzen, um Informationen kreativ zu veranschaulichen. Langsam gelang die Tatsache ins Bewusstsein, dass Medien dazu in der Lage sind, bei Rezipienten Denkvorgänge auszulösen und sie als Inspiration im Alltag zu nutzen. Nichtsdestotrotz ist es wesentlich, über Medieninhalte zu reflektieren und auch ihre gesellschaftlichen Zusammenhänge richtig zu analysieren und sie entsprechend einzusetzen. Seit Mitte der 1970er Jahre stand nicht mehr die Frage, welche Auswirkungen Medien auf die Rezipienten haben, im Mittelpunkt, sondern vielmehr die Frage, was wir Menschen mit den Medien machen können und welche Vorteile wir aus deren Nutzung erzielen. Man erkannte, dass man durch die richtige Nutzung der Medien, sein Verhalten gänzlich verändern kann, wenn auch nur kurzfristig. Ab den 1980er Jahren standen nicht mehr die Medien und deren Produzenten im Fokus, sondern vielmehr die subjektive Bedeutung der Medien für den Rezipienten und seine Lebensweltorientierung. Der Zuseher / Zuhörer ist nicht nur passiver Konsument, sondern er eignet sich Inhalte aktiv an und wählt seinen Medienalltag selbstständig aus. Medienkompetenz hat also das Ziel, den Rezipienten dazu zu befähigen, die Medien aktiv mitzugestalten.

 

Von der Medienkompetenz zur Medienbildung

Was wären wir heute im Beruf, würde es das Internet nicht geben? Ich würde behaupten: "Ziemlich aufgeschmissen".

Mittlerweile haben Menschen eingesehen, dass sowohl das private als auch das berufliche Leben immer mehr von den Medien beeinflusst wird. Wir können uns ein Leben ohne sie fast gar nicht mehr vorstellen. Natürlich wird durch ihren Einfluss die Struktur der Unterhaltung sowie des Vergnügens einer Veränderung unterzogen und auch die Wirklichkeit bleibt nicht mehr dieselbe, wenn wir stets nur virtuellen und immateriellen Bildern ausgesetzt sind. Auch die Auswirkungen der Medien auf das Thema Bildung ist umfassend. Nie war es leichter als heute, Informationen binnen weniger Sekunden abzurufen. Währenddessen Medien ursprünglich nur das Ziel verfolgten, die Kommunikation zwischen einzelnen Menschen zu erleichtern, ist mittlerweile eine starke Ausdehnung zu verzeichnen. Einerseits erweitern Medien natürlich den Erfahrungs- sowie Erlebnishorizont von Menschen, andererseits besteht aber auch die Gefahr der Abhängigkeit. Menschen von heute müssen lernen, sich im Überangebot der Medien zurechtzufinden und Informationen zu selektieren. Erst dann, wenn es gelungen ist, Medienkompetenz in die individuelle Bildung zu integrieren, kann man davon sprechen, dass man über Medienbildung verfügt.

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Quelle der Bilder

Quelle Inhalt:  Jürgen Hüther/ Bernd Schorb (Hrsg.): Grundbegriffe Medienpädagogik. 4., vollständig neu konzipierte Auflage. München 2005. S. 116-127

 

Autor seit 11 Jahren
119 Seiten
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