Wie man aus einem Mann einen Kavalier macht
Omas Geheimnis: Wie man bzw. Frau aus einem Mann einen Kavalier der alten Schule macht. Zeitlose Ratschläge, die auch heute noch funktionieren - sogar bei groben Klötzen!Praktische Hilfe aus dem "Tanzstunden Büchlein"
Quelle und Inspiration für diesen Beitrag ist das Tanzstunden Büchlein ("nur für Mädchen!") der Autorin Rosemarie Schittenhelm. Dieser kleine, aber feine Ratgeber stammt aus dem Jahr 1956.
Warum ein Tanzstunden-Büchlein – was hat das mit echten Kavalieren zu tun?
Früher war die Tanzstunde oft die erste (offizielle) Begegnung zwischen den jungen Damen und den jungen Herren.
Tanzen, so erklärt uns die Autorin, ist kein Sport, sondern ein Symbol für gesellschaftliches Leben. Die beim Tanzen gelernten Regeln für den Umgang mit dem anderen Geschlecht machen deshalb auch außerhalb der Tanzstunde Sinn.
Man muss aus einem Mann keinen Kavalier machen ... er ist schon einer!
Ein Appell der Autorin vorweg: "Dame" und "Kavalier" - man möge bitte nicht die Nase rümpfen über diese verstaubten Worte. Es ist richtig, so Rosemarie Schittenhelm, der Sinn dieser Begriffe hat sich im Laufe der Zeit gewandelt und wird das auch weiterhin tun.
Dennoch: Die echte Dame "ist und bleibt die Vollendung des weiblichen Wesens", die den Kavalier überhaupt erst möglich macht.
Ja, genau das ist auch das Geheimnis, liebe Damen: Man muss aus einem Mann keinen Kavalier machen – er ist schon einer!
Genauer gesagt funktioniert es so: Füllt die Dame ihren Part beim Tanzen und im gesellschaftlichen Leben mit Anmut aus, dann gibt sie dem Herrn so die Möglichkeit, sich ihr gegenüber ritterlich zu verhalten.
Und die Autorin ist sich sicher: Die Herren werden das mit Freude tun, denn dieses ritterliche Verhalten ist ihnen angeboren. Es handelt sich hier schlicht und einfach um ein Gesetz der Natur.
Wichtig: Tonangebend ist immer die Dame. Sie macht es dem Herrn möglich, sich von seiner besten Seite zu zeigen und hilft dann taktvoll und behutsam nach, wenn er sich seiner besten Seite nicht gleich erinnern sollte.
Klingt das nach etwas Arbeit, liebe Damen? Ja, richtig: Die Dame arbeitet immer zuerst an sich selbst.
Die Ritterlichkeit des Mannes, diese "stille Huldigung", muss sich die Dame durch ihre Liebenswürdigkeit verdienen.
Tonangebend ist immer die Dame
Es liegt also vor allem an der Dame, eine gesellschaftliche Situation mit Würde zu meistern.
Sie soll unbefangen plaudern, dabei nicht angestrengt versuchen, geistreich zu sein. Eine echte Dame wird sich nicht in Pose setzen oder Gewandtheit vortäuschen.
Eine Dame ist stets liebenswürdig, überlegen und schlagfertig. "Damit kannst du Wunder vollbringen!", ermutigt Rosemarie Schittenhelm ihre jungen Leserinnen.
Eine Dame wird nicht mit ihren Freundinnen tuscheln und "witzige" Bemerkungen machen, sollte die Verbeugung des Herrn womöglich etwas linkisch ausfallen. Sie hat es nicht nötig, die eigene Verlegenheit auf diese Weise zu überspielen.
Auch spricht sie nicht nur belanglos vom Wetter. Das beste Gesprächsthema sind gemeinsame Interessen. Ein Gespräch ist dann gelungen, wenn sich beide, Dame und Kavalier, gegenseitig den Ball geschickt zuspielen.
Ganz wichtig ist immer: "Der Ton macht die Musik und die Dame ist es, die den Ton bestimmt."
Der wichtigste Ratschlag der Autorin für die jungen Damen: Gib dich immer ganz natürlich, sei gelassen, ganz du selbst!
Was darf Frau von einem Kavalier erwarten?
Wenn ihr all das gelingt, was darf eine Dame dann erwarten von einem wohlerzogenen Herrn, einem echten Kavalier?
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Solange die Dame steht, wird sich auch der Herr nicht setzen.
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Beim Gruß nimmt er die Hand aus der Hosentasche, die Zigarette aus dem Mund und trägt er einen Hut, wird er diesen vor der Dame ziehen.
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Der echte Kavalier weiß: Die Dame ist es, die eine Unterhaltung, einen Händedruck oder eine Begleitung erst gestattet.
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Der Herr geht an der Straße immer an der linken Seite der Dame oder am Gehsteigrand, um sie so vor Verkehrstrubel und Dreckspritzern zu schützen.
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Er hilft ihr beim Ein- und Aussteigen in die Bahn.
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Er nimmt ihr ab, was für sie zu schwer oder zu unbequem zu tragen ist.
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Er hilft ihr in den Mantel.
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Er öffnet für sie die Tür.
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In Gegenwart einer Dame verwendet ein Kavalier selbstverständlich keine "Kraftausdrücke oder Zweideutigkeiten".
Die Autorin erinnert ihre Leserinnen zum Abschluss: "Wir können auch ohne diese Kleinigkeiten auskommen", dennoch "machen sie das Leben schöner und angenehmer."
Eine Dame sollte deshalb dem Herrn gegenüber nie das aufrichtige "Danke" versäumen und immer Freude zeigen, wenn er sich ihr gegenüber zuvorkommend verhält.
Was tun mit den sogenannten Härtefällen, den "groben Klötzen"?
Sollte sich der Herr tatsächlich im Thema vergreifen, etwa albern oder gar anzüglich werden, macht ihn die Dame sanft, aber bestimmt darauf aufmerksam: "Könnten wir nicht von etwas anderem sprechen?" Die Autorin ist sicher: "Ein netter Junge wird den Hinweis verstehen und sich zusammennehmen."
Es ist vor allem ihre "liebenswürdige Überlegenheit", die der Dame als wirkungsvollste Waffe im Umgang mit groben Klötzen dient – deren Kern, so meint die Autorin, doch meistens ohnehin ganz anders aussieht.
Vergisst ein Kavalier, der Dame in den Mantel zu helfen oder ihr die schwere Mappe abzunehmen, darf man ihn gerne mit einem Lächeln daran erinnern:
"Möchten Sie mir vielleicht helfen?"
"Würden Sie mir das wohl für einen Moment abnehmen?"
Funktioniert diese Strategie immer oder gibt es auch hoffnungslose Fälle?
Sollte wirklich alle Mühe vergebens sein, gibt die Autorin folgenden Rat: Die Dame möge sich auf der Stelle vom Herrn verabschieden, ohne Erklärung und ohne Diskussion.
Denn eines ist gewiss: Ein echter Kavalier, ein "vernünftiger (junger) Mann", wird eine Dame niemals in Verlegenheit bringen wollen.
Kavalier und Dame - was bedeutet das heute eigentlich?
Was versteht man heute unter dem Begriff "Kavalier", wie definiert sich "ritterliches Verhalten" und was macht eine Dame aus?
Der Duden verrät es uns: Ein Mann ist dann ritterlich und ein Kavalier, wenn er sich besonders Frauen gegenüber höflich, zuvorkommend und hilfsbereit verhält und auf diese Weise angenehm auffällt.
Eine konkrete Umschreibung des Begriffes "Dame" findet man im Duden nicht, etwas mehr verraten die Synonyme zum Wort "ladylike": Eine Dame ist fein, fraulich, kultiviert und elegant.
Sind Kavaliere heute überhaupt noch gefragt?
Ja, sagen Benimmexperten übereinstimmend: Kavaliere sind auch heute noch gefragt - Tendenz steigend! Jede zweite Frau weiß es zu schätzen, von einem Mann galant behandelt zu werden und auch emanzipierte Frauen lassen sich gerne verwöhnen und umsorgen.
Moderne Kavaliere müssen jedoch etwas mehr Feingefühl an den Tag legen, denn die selbstbewusste Frau von heute lässt sich nicht gerne bevormunden.
Stiltrainer empfehlen Männern deshalb, um Erlaubnis zu fragen, bevor sie einer Dame in den Mantel helfen oder ihr die schwere Tasche abnehmen.
Bildquelle:
Bild: clker.com
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