Wie spielen Kinder in Afrika, wenn sie keine Spielsachen haben?
Wer glaubt, dass Kinder in Afrika nicht spielen, der irrt sich gewaltig. Auch ohne gekaufte Spielsachen kann man tolle Spiele erfinden.Ich entschuldige mich hier vorab, das ich bei den Spielnamen so viele Sprachen gemischt habe, aber einige der Spiele habe ich in Südafrika kennen gelernt, einige in Ostafrika und einige in Sambia. Allein in Sambia gibt es 73 Sprachen, also konnte ich das hier nicht einheitlich gestalten, sondern habe die Namen verwendet, unter denen ich die Spiele kennen gelernt habe.
Gari und Ichingengele
Natürlich sind auch afrikanischen Buben begeistert von Autos und lernen schon sehr früh, dass das Auto "Brumm-Brumm" macht. Afrikanische Kinder basteln sich gerne Autos zum Spielen. Dabei verwenden sie alle möglichen Gegenstände, die sie auf der Straße oder in der Natur finden, wie Stöcke, leere Dosen, alte Schuhe und vieles mehr. Dabei entstehen sehr kreative Garis, wie die Kinder in Ostafrika ihre kleinen Fahrzeuge auf Suaheli nennen. Meist sind die kleinen Brumm-Brumms mit einer langen Schnur ziehbar, oder sie werden mit einem Stock angestupst, um sie fortzubewegen.
Was Sie vermutlich schon einmal gesehen haben, sei es auf einer Afrikareise, oder im Fernsehen, sind afrikanische Kinder, die mit einem Stock und einem Fahrradreifen spielen. Hier in Sambia zum Beispiel Ichingengele genannt, ist dieses Spiel nahezu am ganzen Kontinent beliebt. Es ist gar nicht so einfach den Reifen mit dem Stock schnell vorwärts zu bewegen, aber die Kinder sind da echt geschickt und machen richtige Wettbewerbe und Rennen auf diese Weise. Übrigens, zum Thema Wettbewerbe: Empfehlen würde ich dieses natürlich nicht, aber bei afrikanischen Jungs ist es immer noch üblich, vor allem am Land, richtig harte Stockkämpfe aus zu tragen, bei denen es recht häufig zu ernsthaften Verletzungen kommt.
Child Pulling his Toy Truck at High Speed (Bild: Michael Nichols)
Kind baut einen Turm aus Trockenfisch (Bild: Barbara Lechner)
Tipp vorab zum Nachspielen einiger der folgenden Spiele
Viele der folgenden Spiele werden im Sand gespielt, weil man sich dazu ein Spielfeld im Sand aufzeichnen muss. Zuhause werden Sie vielleicht nicht unbedingt einen Sandkasten oder einen Strand gleich in der Nähe haben, dann können viele dieser Spielfelder auch einfach mit Straßenkreide aufgemalt werden, die im Handel sehr günstig ist. Falls Sie auch in die Verlegenheit kommen sollten, dass keine geeigneten Steinchen zur Verfügung stehen, so tun es auch Murmeln, Glasmuggelsteine, Knöpfe oder Kronkorken. Wenn Sie die Spiele in der Wohnung nachspielen möchten, können Sie das Spielfeld ja auch auf einem großen Bogen Papier aufzeichnen. Die Materialien sind zwar dann nicht komplett gratis, aber günstig sind sie auf jeden Fall.
Mti
Mti Spielfeld (Bild: Barbara Lechner)
Spieler: 2
Benötigte Materialien: Spielfeld (siehe Foto) und insgesamt 6 Steine (jeweils 3 von einer Farbe)
Regeln:
Jeder Spieler besitzt 3 Steine einer Farbe. Zunächst werden abwechselnd die Steine auf dem Spielfeld platziert, wobei die 9 Kreuzpunkte auf dem Spielfeld die gültigen Spielfelder sind, auf die die Spielsteine gesetzt werden dürfen. Sind alle Steine am Feld, darf gezogen werden. Jeder Spieler darf abwechselnd in seinem Spielzug den Stein um einen Kreuzpunkt weiterziehen, ohne einen anderen Stein oder Kreuzpunkt zu überspringen. Wer zuerst seine Steine in eine Reihe gebracht hat, hat gewonnen.
Chona na Kwindi
Dieses Spiel muss ich gar nicht erklären, da es auch in Europa absolut bekannt ist. In Europa wird es gerne im Turnunterricht gespielt, oder auch bei Kindergeburtstagsfeiern. Nicht jedoch in Afrika, denn da wird es sogar von Erwachsenen gespielt, wenn sie im Dorf zusammen sitzen. Chona na Kwindi heißt nichts anderes als Katze und Maus! Ein tolles Spiel für große Gruppen, für das man keine Materialien benötigt.
End
End Spielfeld (Bild: Barbara Lechner)
Spieler: 2
Benötigte Materialien: Spielfeld im Sand aufgezeichnet (siehe Bild) und jeder Spieler benötigt einen größeren und einen kleineren Stein
Regeln:
Die zwei Spieler sitzen sich gegenüber, direkt vor ihrem jeweiligen Startfeld (den Rechtecken). Um auszulosen, wer anfangen darf, werfen beide Spieler ihre kleinen Steine. Der am nächsten in die Mitte des Feldes trifft darf anfangen, nachdem beide Spieler ihre großen Steine auf ihren Startfeldern vor ihnen abgelegt haben und die kleinen Steinchen in der Hand halten. So, der zweite Spieler versteckt nun den Stein in seiner Faust und die Hände hinter dem Rücken. Der Spieler, der anfängt, muss erraten in welcher Hand der Stein ist. Errät er richtig, so darf er seinen großen Stein in den ersten Kreis setzen. Es wird immer abwechselnd geraten. Bei jedem richtigen Tipp wird der Stein einen Kreis weiter bewegt. Gewonnen hat der, dessen Stein als erstes den kleinen Kreis in der Mitte erreicht.
Isolo, Bao oder Kalaha - Auf Amazon erhältlich
Dieses Spiel wird wirklich in ganz Afrika gespielt. Doch die Regeln nun genau zu erklären würde einen ganzen eigenen Artikel brauchen, denn es gibt unzählige verschiedene Varianten. Zwei werden in den unteren Videos vorgestellt und auf YouTube finden Sie noch mehr. Für dieses Spiel macht es Sinn, sich ein geeignetes Brett zu kaufen, sie werden es nicht bereuen, denn, wenn Sie erst einmal eine Variante begriffen haben, werden Sie es immer wieder spielen wollen und dann zahlt sich die Anschaffung aus. Alternativ kann man ein Feld im Sand machen, indem man einfach Löcher buddelt, oder als Spielfeld auch Kreise mit Kreide malt, oder ein eigenes Board aus Eierkartons basteln und mit Murmeln spielt. Ich finde das Spiel auf Amazon allerdings sehr hübsch und es hat auch eine eingravierte Anleitung.
Sacha - ein tolles Spiel für Kinderfeiern, um das Eis zu brechen
Für mindestens 4 Spieler, je mehr, desto lustiger, keine Materialien notwendig
Dieses Spiel ist ein wirklich traditionelles sambisches Spiel, trotzdem war es für mich sehr schwer, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Das Wort "Sacha" heißt "Bus", aber nicht wirklich, da es nur in dem Lied, welches für das Spiel gesungen wird, verwendet wird und wahrscheinlich aus der Zeit stammt, als Sambias erste Buslinie gegründet wurde, da diese einen ähnlich klingenden Namen hat. Jedenfalls stehen alle Mitspieler in einem Kreis, der verbunden wird, indem die Kinder sich mit den Händen jeweils am Knie des Nachbarkindes festhalten, also die Arme sind überkreuzt. Dann singen die Kinder das Sacha-Lied und bewegen sich zur Musik, indem sie den Kreis kleiner und größer machen. Wer den Kreis bricht, also die Hand vom Knie des Nachbarn entfernt, muss ausscheiden. Sie können natürlich ein beliebiges Lied verwenden, was die Kinder singen können, oder auch Musik von einer CD spielen, wenn Sie wollen. Das Originallied kann man nicht wirklich wortwörtlich übersetzen, aber es geht im Prinzip um einen Bus, den die Kinder im Haus hören, also das Echo vom Bus und sie haben ihn verpasst und rufen ihn. Der Originaltext geht ungefähr so, wobei einige Zeilen öfter wiederholt werden:
Mung, anda yandi
Mwalila icikonkoma sacha
Ichamukati
Sacha eee Sacha
Ichakunuma
Einige meiner Schüler spielen Dame (Bild: Barbara Lechner)
Kuyata oder Ichiyenga
Dieses Spiel wird in vielen afrikanischen Ländern gespielt, mit unterschiedlichen Regeln und hat die verschiedensten Namen. Die Ausdrücke, die ich hier jetzt verwende sind Bemba. Früher war das Spiel ein absolutes Mädchenspiel. Mädchen oder Frauen, die es nicht kannten oder konnten, wurden sogar als ungebildet bezeichnet. Inzwischen spielen es aber auch viele Jungs.
Spieler: 2-5, Material: ein Loch im Sand oder ein aufgemalter Kreis, 12 kleine Steine, 1 Frucht oder etwas, was ein bisschen größer ist, als die Steine und was man leicht werfen und fangen kann, ohne, dass es jemanden verletzt, falls es auf dem Kopf landen sollte
Regeln:
Ein Spieler fängt an, das kann man beliebig auslosen. Die kleinen Steine sind im Loch oder Kreis, sie werden Imisepe genannt. Der Spieler, der anfängt, wirft die Frucht, die Ichanto, in die Luft. Mit der gleichen Hand, mit der er das Ichanto hoch geworfen hat, muss er nun mindestens zwei Imisepe aus dem Loch fischen, bevor er das Ichanto wieder fängt. Hat er das geschafft, dann wirft er das Ichanto gleich nochmals, um diesmal einen Imisepe wieder zurück zu legen. Den anderen darf er als Punkt behalten. Schafft er es wieder, das Ichanto zu fangen, dann darf er das ganze nochmals wiederholen. Der nächste Spieler ist erst an der Reihe, wenn er einen Fehler macht, also, wenn das Ichanto auf den Boden fällt, oder die Imisepe nicht richtig hinlegt. Wer am Schluss die meisten Imisepe gesammelt hat, hat gewonnen. Bei geübten Spielern oder bei höherer Spieleranzahl kann man die Anzahl der Imisepe beliebig erhöhen, jedoch sollten es nicht zu viele Spieler sein, sodass alle in einem Kreis um das Loch herum sitzen und alle das Loch erreichen können.
Erschöpfung (Bild: Barbara Lechner)
Es gibt viel mehr afrikanische Spiele!
Ich könnte jetzt diese Liste endlos weiter führen, denn afrikanische Kinder sind sehr einfallsreich. Und weil Traditionen in Afrika sehr geschätzt werden, werden auch die vielen Spielideen von Generation zu Generation weiter gegeben. Auf jeden Fall beliebt bei Afrikanern sind auch alle möglichen Ballspiele, wobei sich die meisten Kinder keinen Ball leisten können, sondern diesen einfach aus Stoffen, Papier und Plastiktüten basteln, die sie um ein beliebiges Gewicht wickeln.Auch Seilspringen ist sehr beliebt, so wie Gummihüpfen auch.
Noch eine Bitte am Schluss...
Auch afrikanische Kinder freuen sich über richtige Spielsachen, so auch meine Kinder in der Blindenschule Malaikha in Sambia. Falls Sie vielleicht Spiele zuhause haben, die sie nicht mehr brauchen und meinen Kindern etwas schicken möchten, können Sie das auf diese Adresse tun:
Malaikha
P.O.Box 670206
Mazabuka
Zambia
Für mehr Informationen besuchen Sie www.malaikha.org oder treten Sie unserer Facebookgruppe bei, die meist mehr Up-To-Date ist.
Malaikha Logo (Bild: Barbara Lechner)