Wien: Leopoldstadt - Ein Bezirk und viele Geschichten
Der zweite Wiener Gemeindebezirk, eingebettet zwischen Donaukanal und Donau, präsentiert sich dem Besucher als äußerst facettenreich.Jüdisches Leben in der Leopoldstadt
Der zweite Wiener Gemeindebezirk zählt wohl zu den geschichtsträchtigsten Bezirken Wiens überhaupt. Die leidvolle Geschichte des Wiener Judentums ist eng mit der Wiener Leopoldstadt verknüpft und zahlreiche Gedenkstätten besonders im, an den Donaukanal angrenzenden Unteren Werd - Mittelhochdeutsch für Insel- und rund um die Praterstraße, erinnern an die Greueltaten während des zweiten Weltkrieges. War vor dem zweiten Weltkrieg rund ein Drittel der Bevolkerung in Leopoldstadt von jüdischer Konfession, so bekennen sich heute nur mehr vier Prozent der ungefähr 93.000 Einwohner zum jüdischen Glauben. Als 1624 Kaiser Ferdinand die jüdischen Bewohner aus Wien verbannte und ihnen den Unteren Werd als Wohnraum zuwies, galt das Gebiet der heutigen Leopoldstadt als ein Vorort von Wien. Während des ersten Weltkrieges kam es zu einem starken Zuzug in Form von Flüchtlingsströmen aus den östlichen Teilen der Monarchie, besonders aus Galizien. Unter den, hauptsächlich mit der Nordbahn kommenden Flüchtlingen, bekannten sich geschätzte 60.000 zum jüdischen Glauben. Ein Großteil der jüdischen Flüchtlinge ließ sich in der Leopoldstadt, vor allem entlang der Praterstraße nieder. In dieser Zeit kam es bereits vermehrt zu Übergriffen an der jüdischen Bevölkerung, welche in der Reichs-Kristallnacht, kurz nach dem Anschluß Österreichs an Hitler-Deutschland, seinen vorerst traurigen Höhepunkt finde sollte.Synagogen,Gebetshäuser und jüdische Geschäfte wurden zerstört oder gingen in Flammen auf.
Heute zählt die jüdische Gemeinde in Wien um die 7.000 Mitglieder. Ein Großteil davon lebt in der Leopoldstadt. Der zweite Wiener Gemeinde Bezirk ist wieder Zentrum des jüdischen Lebens in Wien. Elf Synagogen, jüdische Bildungseinrichtungen, koschere Lebensmittelläden und Restaurants zeugen davon. Die, neben dem Messezentrum am Prater gelegene Zwi Peres Chajes-Schule, integriert in ihrem Komplex, Kindergarten, Volksschule und Gymnasium, und gewährleistet bis zu 600 Kindern eine jüdische Erziehung und Schulbildung.
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Der Wiener Prater - Vergnügungsviertel und Erholungsgebiet
Ein absolutes Muß für jeden Wien Besucher ist ohne Zweifel der Wiener Prater mit seinem Riesenrad, das neben dem Stephansdom als Wahrzeichen Wiens gilt. Besonders Touristen mit Kindern sollten mindestens einen Tag für den Besuch des Vergnügungsparkes, der unter anderem die älteste Geisterbahn der Welt beheimatet, einplanen. Neben zahlreichen Karussellen, Hochschau- und Geisterbahnen, laden auch einige Glückspielautomaten-Hallen, den risikobereiten Besucher zum Verbleib. Wie weit sich das von der Wiener SPÖ initiierte neue Glücksspielgesetz auf die Spielhallen im Prater auswirken wird, bleibt abzuwarten. Der Begriff Prater leitet sich vermutlich von dem Wort "pratum", lateinisch für Wiese, ab. Der Vergnügungspark nimmt nur einen kleinen Teil des gesamten Prater Areals ein, welches mit einer Fläche von 6 km² einen großen Teil der Leopoldstadt ausmacht und dessen weitläufige Parkanlagen erst ab dem Jahre 1766 dem gemeinen Volk als Erholungsgebiet zugänglich gemacht wurde. Davor war die Nutzung der Aristokratie vorbehalten. Heute frequentieren, besonders in den Frühlings- und Sommermonaten zahlreiche Jogger, Inlineskater und Spaziergänger die Praterallee und die angrenzenden Grünanlagen. Zahlreiche Gastronomie Betriebe haben sich sowohl innerhalb des Vergnügungsparkes, als auch im gesamten Prater Areal angesiedelt. Das, für seine Stelzen und sein Budweißer Bier oft gelobte Schweizerhaus ist weit über die Grenzen Wiens bekannt und verwöhnt seine Gäste alljährlich zwischen 15. März und 31. Oktober. Ein weiteres Highlight des Praters ist das Wiener Madame Tussauds, das am ersten April 2011 seine Pforten öffnete.
Rotlichtszene und Trend-Lokale
In dem, an den Prater angrenzenden Struwerviertel wird bereits seit mehr als hundert Jahren Prostitution, in seinen verschiedensten Formen ausgeübt. Die Rotlichtszene im Struwerviertel, gehört zu den größten ihrer Art in Wien, ist jedoch, weil sie sich mitten im Wohngebiet etabliert hat, mit den meisten Rotlichtszenen anderer Städte nicht vergleichbar. Vor allem durch die Straßenprostitution kommt es häufig zu Konfliktsituationen zwischen den Anrainern und den Gewerbetreibenden. Ein kürzlich beschloßener Gesetzesentwurf soll das Problem endgültig beseitigen und die Straßenprostituierten aus den bewohnten Gebieten verbannen. Die im Struwerviertel angesiedelte Stunden Hotels befürchten eine daraus resultierende Umsatzeinbuße.
Doch nicht nur das Horizontale Gewerbe hat seinen fixen Platz in der Leopoldstadt. Zahlreiche Clubs und Trendlokale haben sich im Laufe der Zeit im zweiten Wiener Gemeindebezirk angesiedelt und bieten ein vielseitiges Angebot, das Besucher aus ganz Wien anlockt. Wird, der 2008 eröffnete Disco-Tempel Prater Dome, hauptsächlich von Partywütigen der Mainstream Kategorie aufgesucht, so ziehen die Clubs Pratersauna und Fluc Wanne eher ein alternatives Publikum in ihre Hallen. Open-Air Lokale entlang des Donaukanales bieten ihren Besuchern in den Sommermonaten Strandatmosphäre, in Form von Liegestühlen,Sonnenschirmen und künstlich aufgeschütteten Sand. Eines der bekanntesten Lokale dieser Art ist wohl das von der israelisch-österreichischen Gastronomin Haya Molcho betriebene Tel-Aviv Beach.
Bildquelle:
Reisefieber
(Dezember in Goa, Indien)