Wieso entzündet sich der Blinddarm?
Und kann man vorbeugend etwas dagegen tun? Das sagt die Fachliteratur!Was ist eine Blinddarmentzündung und wie entsteht sie?
Der Blinddarm, im unten abgebildeten Schema mit dem Fachausdruck "Caecum" bezeichnet ist ein kleines, blind endendes Stück Dickdarm kurz nach der Einmündung des Dünndarms in den Dickdarm. Bei den allermeisten Menschen liegt der Blinddarm im rechten Unterbauch, dort tut es es auch weh, wenn eine "Blinddarmentzündung" ausbricht. Doch was umgangssprachlich "Blinddarmentzündung" genannt wird, ist eigentlich gar keine Entzündung des Blinddarms. Was sich entzündet, ist der sogenannte Wurmfortsatz (lateinisch Appendix), ein kleines, enges Anhängsel, das seinem Namen alle Ehre macht.
Dieser kleine Wurm, der seinem Träger so viele Probleme machen kann, hängt manchmal einfach am Blinddarm dran, manchmal ist er auch umgeschlagen und liegt dahinter. So klein dieser Wurmfortsatz ist, so nützlich ist er: In seinen Wänden befinden sich jede Menge Immun-Zellen, so leistet der Wurmfortsatz wichtigen Beitrag zur Abwehr schädlicher Eindringlinge. Außerdem dient er als Rückzugsort nützlicher Darmbakterien. Werden diese etwa im Rahmen einer Infektion geschädigt, kann die Darmschleimhaut vom Wurfortsatz her schneller neu besiedelt werden. Wenn der Blinddarm entfernt wird, ist das aber auch keine Katastrophe. Dann müssen andere Gewebe die Aufgaben des Wurmfortsatzes übernehmen.
Weil der Wurmfortsatz so eng ist, kann es auch leicht passieren, dass er verlegt wird, z.B. durch Verdauungsrückstände, Kotsteine oder Parasiten (Würmer).
Der Blinddarm und sein Wurmfortsatz (Bild: Nemo/Pixabay)
Ist der Abfluss erst gestört, können schädliche Bakterien und Sekrete nicht mehr hinaus gelangen, der Wurmfortsatz kann sich entzünden und im schlimmsten Fall durchbrechen. In diesem Fall gelangen Darminhalt samt Bakterien in die Bachhöhle. Eine Entzündung in der Bauchhöhle ist eine lebensgefährliche Situation und selbst, wenn die Entzündung ausheilt, hat so eine Erkrankung oft Spätfolgen: Verwachsungen in der Bauchhöhle, Schmerzen oder Unfruchtbarkeit bei Frauen.
Da die Folgen eines entzündeten Wurmfortsatzes so gravierend sind, wird er meistens in einer Operation entfernt. Früher machte man dazu einen 5-6 cm langen Schnitt im rechten Unterbauch, heute geschieht dies auch oft "endoskopisch". Dabei werden durch sehr kleine Schnitte die Instrumente und eine Kamera in den Bauchraum eingebracht, so bleiben die Narben klein.
Ein Buchtipp!
Sie wollen ganz genau wissen, was es mit dem Blinddarm und seinem Wurmfortsatz auf sich hat? Sie wollen auch wissen, wie Sie Ihre Darmbakterien umsorgen können, was der Darm mit Depressionen zu tun hat oder − ganz praktisch − wie Sie am besten auf der Toilette sitzen, um den Vorgang des sich Erleichterns zu erleichtern? Die Medizinstudientin Giulia Enders hat ein gleichsam informatives wie erfrischendes Buch über das längste Organ unseres Körpers geschrieben: Ein Feuerwerk an aktuellem medizinischem Wissen samt praktischen Tipps, wie Sie selbst Ihren Darm hegen und pflegen können.
Warum bekommt man eine Blinddarmentzündung?
Ein Blinddarmentzündung will niemand! Kann man nun etwas tun, um sie zu verhindern? Nur breiige Nahrungsmittel essen, kaltes Wasser meiden und auf keinen Fall Kirschkerne schlucken? Bei diesem Thema sind sich die Forscher leider nicht einig. Einig sind sie in folgenden Punkten:
- Das Alter spielt eine Rolle: Am häufigsten entzündet sich der Wurmfortsatz bei jungen Leuten zwischen 10 und 19 Jahren.
- Das Geschlecht spielt eine Rolle: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
- Die ethnische Herkunft spielt eine Rolle: Weiße US-Amerikaner, Hispanoamerikaner und Europäer leiden häufiger an einer Blinddarmentzündung als Asiaten und Afrikaner. Weiße Kinder sind auch in Afrika häufiger betroffen.
Doch ist das nun alles? Alter, Geschlecht und Ethnie kann man nun einmal schlecht zu Vorbeugezwecken aktiv verändern. Weil das ein bisschen unbefriedigend ist, wurden auch andere Dinge untersucht:
- Ernährung: Eine Hypothese geht davon aus, dass eine ballaststoffarme Ernährung Entzündungen des Wurmfortsatzes begünstigt. Dadurch entstehe ein festerer Stuhl, der einen höheren Druck zur Entleerung benötigt. Außerdem werde die bakterielle Besiedlung des Darmes durch ballaststoffarme Ernährung verändert. So entstehen eher "Kotsteine", die den Wurmfortsatz verlegen können.
(Bild: Hans/Pixabay)
Für diese Hypothese spricht unter anderem die Beobachtung, dass Menschen in wenig industrialisierten ländlichen Gebieten seltener an Entzündungen des Wurmfortsatzes leiden. Werden diese Gebiete industrialisiert oder ziehen diese Leute in Städte, nimmt das Risiko zu. Dies könnte auf einen Zusammenhang zwischen der Ernährung westlicher Zivilisationen und dem Risiko einer Blinddarmentzündung hinweisen. Auch einzelne Nahrungsmittel wurden untersucht: Tomaten, Gemüse und manche Früchte scheinen eine schützenden Effekt zu haben. Insgesamt sind sich die Forscher jedoch uneins, wie weit Ernährung bei der Entstehung der Blinddarmentzündung eine Rolle spielt. Gegen diese Hypothese spricht zum Beispiel, dass die Häufigkeit der Blindarmentzündung in Afrika zunimmt, obwohl der Ballaststoffanteil in der Ernährung dort nach wie vor hoch ist.
- Infektionen: Eine andere Theorie besagt, dass es im Zuge von Infektionen gehäuft zu Entzündungen des Wurmfortsatzes kommt. Als Folge von bakteriellen oder viralen Infektionen wird das Immungewebe im Wurmfortsatz aktiviert und schwillt an. Auch so kann die Öffnung verlegt werden. Für diese Hypothese spricht, dass die Häufigkeit von Blindarmentzündungen seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse deutlich abgenommen hat.
- Sonstiges: In einer Studie wurde ein höheres Risiko bei Patienten festgestellt, die bestimmte Schmerzmittel nahmen, Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen hatten dagegen eine niedrigeres Risiko.
Quellen zu den Risikofaktoren:
- Neues zur Epidemiologie der akuten Appendizitis. von C. Ohmann u.a., erschienen in der Chirurg 2002, 8, Seiten 769-776
- Akute Appendizitis - Wandel in Epidemiologie, Diagnostik und Therapie. von M. Sahm u.a., erschienen in Zentralbibl Chir 2011, 136, Seiten 18-24
Wer sein Risiko, eine Blinddarmentzündung zu bekommen, verringern will, muss also − das schließe ich daraus − ballaststoff- reich essen, eine afrikanische Frau über 19 Jahren sein, auf dem Land leben, viele Tomaten essen, Infektionen und Schmerzmittel vermeiden und eine psychiatrische Erkrankung bekommen.
Viele Ärzte sind allerdings der Meinung, dass es keine vorbeugenden Maßnahmen gegen eine Blinddarmentzündung gibt, weil die meisten der oben aufgezählten Forschungs- ergebnisse nicht eindeutig genug sind.
Blinddarmentzündung: Das sind die Symptome
Wer diese Symptome hat, sollte an eine Blinddarmentzündung denken und schnell einen Arzt aufsuchen:
(Bild: Openclicks/Pixabay)
- Bauchschmerzen, die meist um den Nabel herum beginnen und dann in den rechten Unterbauch wandern. Die Schmerzen verstärken sich beim Gehen oder anderen Bewegungen.
- Fieber
- Übelkeit, Erbrechen
- Durchfall oder Verstopfung
- Appetitlosigkeit
Doch Achtung: Der Blinddarm und sein Wurmfortsatz halten sich nicht immer ans Lehrbuch und so müssen nicht unbedingt alle Symptome auftreten. Eine Blinddarmentzündung ist leider gar nicht leicht zu erkennen, und da sie gefährlich ist, gilt: Lieber einmal zu viel zum Arzt als einmal zu wenig!
Bildquelle:
Anna Langova/PublicDomainPictures.net
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