Depression: Ein häufiges Leiden

Nach Angaben der WHO leiden etwa 10% der Weltbevölkerung an einer Depression. Im Lauf des Lebens erkranken 7-12 % der Männer und 20-25 % der Frauen an einer Depression. Doch das sind nur Durchschnittswerte. Bei bestimmten Bevölkerkungsgruppen liegt die Depressionsrate weit höher, beispielsweise bei alten Menschen. So wird geschätzt, dass 15-15% der Menschen über 65 Jahren an einer Depression leiden, in Altersheimen bis zu 40%. Besonders gefährdet sind auch Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie zum Beispiel Epilespie, Krebs oder Dialysepatienten. 

Es gibt also kaum jemanden, der im Lauf des Lebens nicht von einer Depression betroffen ist: Entweder selbst oder als Angehöriger, Freund oder Kollege. Eine Depression ist immer auch für das Umfeld sehr belastend.

Quelle der Daten: www.psychiatriegespraech.de

depressiv

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Was ist eine Depression?

Fangen wir so an: Was ist keine Depression? Eine Depression ist keine Unpässlichkeit, keine Trauer und keine schlechte Laune. Eine Depression ist eine ernsthafte, länger anhaltende und tiefgreifende Krankheit. Die Kriterien sind in internationalen Diagnosemanualen genau definiert. Nach dem Diagnosemanual ICD-10 sind die Kennzeichen einer Depression:

  • Gedrückte Stimmung
  • Interessensverlust
  • Freudlosigkeit
  • Verminderung des Antriebs
  • Verminderung der Energie mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung

Für die Diagnose einer Depression müssen die Symptome mindestens zwei Wochen andauern: Die Symptome ändern sich von Tag zu Tag wenig und reagieren auch kaum auf die jeweiligen Lebensumstände. Häufig sind jedoch Tagesschwankungen ("Morgentief"). Zusätzlich können viele andere Symptome auftreten: 

  • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
  • Vermindertes Selbstwertgefühl
  • Pessimistische Zukunftsgedanken
  • Schlafstörungen
  • Verminderter Appetit
  • Suizidgedanken!

Es gibt mehrere Unterformen der Depression, manche gehen mit einem erhöhten Appetit einher, manche mit innerer Unruhe oder Gereiztheit, manchmal stehen körperliche Beschwerden ganz im Vordergrund. Charakteristisch sind jedoch stets die gedrückte Stimmung und die Verminderung von Energie und Antrieb.

Ich bin depressiv: Was tun?

Mehrere der oben genannten Symptome treffen auf Sie zu? Dann gibt es einen wichtigen Rat: Suchen Sie zuerst einen Arzt oder Psychologen auf. Beide sollten in der Lage sein, die Diagnose zu stellen und beide können Ihnen sagen, wie es weitergeht. Wenn Sie zunächst zu einem Psychologen gehen, wird er sie wahrscheinlich auch noch zu einem Arzt schicken. Das ist wichtig, denn es gibt auch körperliche Erkrankungen, die derartige Symptome hervorrufen können, zum Beispiel eine Unterfunktion der Schild- drüse, andere Erkrankungen des Hormon-systems, neurologische Erkrankungen oder Infektionskrankheiten.

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Ob körperliche Erkrankungen für die depressiven Symptome verantwortlich sind, muss vor einer Depressionsbehandlung unbedingt abgeklärt werden. Wenn sie zuerst zu einem Arzt gehen, wird er womöglich, wenn er nicht selbst Psychotherapeut ist, Psychologen und Psychotherapeuten in die Behandlung einbeziehen, denn die Behandlung erfolgt am besten zweigleisig: Mit Medikamenten und psychologisch oder psychotherapeutisch.

Wie wird eine Depression behandelt?

Eine Depression wird je nach Schweregrad mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen behandelt. Weitaus am häufigsten werden depressive Menschen jedoch mit Medikamenten und Psychotherapie/psychologischen Maßnahmen behandelt, am besten in Kombination.

  • Antidepressive Medikamente wirken "schnell", nämlich schon nach ungefähr zehn Tagen. Der Nachteil ist, dass sie wie jedes Medikament Nebenwirkungen haben können. Außerdem lösen sie natürlich das Problem und die Umstände nicht, die zur Depression geführt haben. Grundsätzlich gilt: Je schwerer die Depression, desto wichtiger werden Medikamente. Bei wirklich schweren Depressionen sind die Betroffenen gar nicht mehr in der Lage, das Bett zu verlassen, zu essen oder ein sinnvolles Gespräch zu führen. Dann ist auch keine Psychotherapie möglich und die Medikamente schaffen erst die Basis für andere Therapien.
  • Psychotherapie beziehungsweise klinisch-psychologische Behandlung: Warum wird jemand depressiv? Manche Menschen haben das Pech aus Familien zu kommen, in denen Depressionen sehr häufig sind, sodass eine genetische Komponente vermutet wird. Doch selbst dann gibt es Einflüsse aus dem Umfeld, Belastungen, schwierige Beziehungen und schlechte Erfahrungen in der Kindheit, die noch zusätzlich depressiv machen können. Es ist wichtig, den Ursachen der Depression auf den Grund zu gehen und daran zu arbeiten, die Situation zu verbessern. Der Nachteil: Diese Dinge brauchen ihre Zeit, man muss schon über längere Zeit regelmäßig (zum Beispiel einmal pro Woche) in die Therapie gehen, um Erfolge zu erzielen. In Österreich kommt noch das Kostenproblem dazu, Krankenkassen zahlen nur einen geringen Teil.
Bereit für Gespräche

Bereit für Gespräche (Bild: wollyvonwolleroy/pixabay)

Neben diesen basalen Behandlungen werden je nach Situation noch viele andere Methoden eingesetzt. Wenn jemand so depressiv ist, dass er im Krankenhaus stationär behandelt wird, sind weitere Therapien sogar die Regel. Solche Behandlungen können sein:

  • Schlafentzugstherapie: Eine uralte Behandlungsmethode, die heute nur mehr sehr selten, aber doch noch im stationären Bereich angewandt wird.
  • Lichttherapie: Hilft sehr gut bei Winterdepressionen
  • Heilpflanzen: Johanniskraut wirkt in entsprechender Dosierung genauso gut wie gebräuchliche antidepressive Medikamente, hat dann aber auch Nebenwirkungen. Zum Schlafen sind Baldriantropfen und Extrakte aus der Passionsblume beliebt.
  • Ergotherapie: Durch Ergotherapie werden Problembereiche wie Konzentrationsstörungen, Motivationsschwierigkeiten und fehlende Ausdauer gezielt angesprochen. So entstehen auch Erfolgserlebnisse.
  • Maltherapien, Kunsttherapien, Tanztherapien, Musik- therapie, tiergestützte Therapien: Was ich hier in einen Topf geworfen habe, hat einen gemeinsamen Nenner: Diese Therapien wirken auch dann, wenn Worte vielleicht fehlen und Reden schwierig ist. Viele Menschen finden über Kreativität einen schönen Zugang zu sich.
  • Sport: Sport und Bewegung sind bei Depressionen unglaublich wirksam, doch Sport zu treiben ist für depressive Leute sehr schwierig. Ein morgendlicher Spaziergang kann schon eine große Hürde sein, aber viel bewirken.
  • Physiotherapie, Massagen: Viele depressive Leute haben auch Schmerzen und haben ein sehr schlechtes Gefühl für den eigenen Körper. Dann kommen auch körperliche Therapien dazu.
  • Alternativmedizinische Methoden wie Homöopathie und Akupunktur

Wenn Sie depressiv sind, können Sie zusätzlich zu Ihren Behandlungen selbst eine Menge tun, um Ihren Zustand zu verbessern. Ein erster, wichtiger Schritt ist, sich die Erkrankung einmal einzugestehen. Psychische Krankheiten sind leider immer noch sehr stigmatisiert und wer depressiv ist, bekommt es oft mit Vorurteilen zu tun: Der ist nur faul, der will nicht, der soll sich zusammen reißen! Übernehmen Sie diese Vorurteile nicht, machen Sie sich keine Vorwürfe! Sie sind krank. Wenn Sie eine Lungenentzündung hätten, würden Sie sich krank schreiben lassen und sich behandeln lassen. Wenn Sie eine Depression haben, sind Sie genauso krank wie jemand, der eine Lungen- entzündung hat. Machen Sie das auch Ihren Angehörigen klar. Trotzdem können Sie viel zu Ihrer Genesung beitragen.

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  • Sie sind krankgeschrieben und zu Hause? Anders als die Lungenentzündung heilt die Depression nicht besser, wenn Sie nur gut das Bett hüten. Versuchen Sie, eine Tagesstruktur aufrecht zu erhalten, auch wenn es schwer fällt: Stehen Sie auf, essen Sie regelmäßig, suchen Sie Aktivitäten, die Sie nicht überfordern. Aktivität bedeutet aber nicht, dass Sie das Haus putzen und die ganze Bügelwäsche wegbügeln, weil Sie "eh daheim sind" und ja zwei gesunde Arme und Beine haben. Behalten Sie bei, was Sie können und suchen Sie sich Hilfe für die Dinge, die sie nicht können.
  • Auch wenn Sie im Moment Ihr liebstes Hobby nicht freut: Behalten Sie vor allem bei, was Ihnen vor der Depression Freude gemacht hat.
  • Setzen Sie sich Ziele, die Sie auch bewältigen können.
  • Essen Sie regelmäßig, auch wenn Sie keinen Appetit haben. Essen Sie gemeinsam mit Ihrer Familie, auch wenn Ihnen jeder auf die Nerven geht. Ein gemeinsames Essen gibt Struktur und Sie bleiben in Kontakt mit Menschen.
  • Bleiben Sie in Bewegung: Wenn Sie gern Sport (Ausdauersport, nicht Boxen) betrieben haben und noch dazu in der Lage sind, tun Sie es! Sonst ist schon ein Spaziergang an der frischen Luft eine gute Sache, am besten mit Angehörigen.
  • Sie sind unzufrieden und müssen endlich einmal mit ihrem Mann/ihrer Frau über Ihre Ehe diskutieren? Vertagen Sie es! Die Depression verändert die eigene Sichtweise, lässt alles noch schwärzer und negativer erscheinen und Sie haben auch ganz bestimmt nicht die Nerven für schwierige Gespräche. Eins nach dem Anderen: Wenn es Ihnen besser geht, gehen Sie die Probleme an. Treffen Sie während der Zeit der Depression auch keine wichtigen Entscheidungen!

 

Bündnis Depression
Wichtige Adressen, u.a. zu Selbsthilfegruppen in Österreich

depressionen-depression.net
Selbsthilfegruppen in Deutschland

Equilibrium
Verein zur Bewältigung von Depressionen in der Schweiz

Wie kann ich meine depressiven Angehörigen unterstützen?

Zunächst sollten Sie sich vor Augen halten, dass es sich um eine Krankheit handelt: Wenn ihr depressiver Angehöriger zu nichts zu gebrauchen ist, den ganzen Tag jammert oder sogar leicht reizbar ist, liegt das nicht an seiner Faulheit oder Böswilligkeit und darüber zu streiten, bringt im Moment nichts. Sie sollten auch nicht vergessen, dass Depressionen behandelbar sind und irgendwann ein Ende haben, auch wenn es im Moment trostlos erscheinen mag. Besonders wenn Depressive sehr abweisend und zurückgezogen sind, fühlen sich Angehörige oft hilflos. Dann ist es schon viel wert, wenn Sie gutgemeinte Ratschlage unterlassen, die depressive Leute so oft hören und die sie nur noch weiter isolieren, weil sie sich unverstanden fühlen. Im schlimmsten Fall fühlen sie sich dann noch nutzloser, weil sie den "guten Rat" nicht umsetzen können. Solche Totschlag-Sätze sind zum Beispiel:

  • Nimm dir ein Wochenende Auszeit in einem Wellness-Hotel, dann geht es dir schon besser!
  • Wo ein Wille, ist ein Weg! Wenn du dich bemühst, geht es auch!
  • Du hast zwei gesunde Arme und Beine! Es gibt keinen Grund, warum du nicht bügeln/aufräumen/Holz hacken kannst!
  • Schau dich einmal um! Anderen Menschen geht es noch viel schlechter.
  • Du hast einen guten Job, eine nette Familie und ein tolles Haus: Du hast doch allen Grund, glücklich und zufrieden zu sein.
  • Schau doch, wie schön draußen das Wetter ist. Du solltest dich auch an Kleinigkeiten erfreuen!
  • Du solltest im Fernsehn diesen lustigen Film schauen! Der ist zum zerkugeln, das wird auch dich aufheitern!
  • Jetzt reiß dich zusammen! Jeder hat einmal einen schlechten Tag!

Was Sie tun können:

  • Organisieren Sie den Alltag. Jetzt ist nicht die Zeit zu diskutieren, dass der Partner oder die Partnerin den Müll wegbringen kann, wenn er ohnehin den ganzen Tag daheim ist. Besorgen Sie Hilfe für Alltagsdinge, die vielleicht liegen bleiben, weil Sie früher der Partner oder die Partnerin erledigt hat und Sie auch nicht alles übernehmen können (bügeln, putzen, Kinder zum Sport bringen...).
  • Das Wichtigste ist, dass Sie für den Depressiven da sind. Depressive fühlen sich oft nicht wert, geliebt zu werden. Sagen Sie, dass Sie für den Anderen da sind und den Anderen mögen.
  • Sorgen Sie für Normalität und Struktur. Wenn Sie dem Depressiven sagen, dass er etwas essen muss, reagiert er vielleicht unwirsch. Wenn es einfach drei mal täglich gemeinsame Mahlzeiten gibt, setzt er sich vielleicht einfach dazu.
  • Depressiven Menschen kann man oft nichts recht machen. Fragen Sie den Depressiven, was Sie für ihn tun können. Sie müssen zwar damit rechnen, dass er es selbst nicht weiß, aber die Frage schadet auf keinen Fall.
  • Achten Sie auf sich! Eine Depression ist auch für Angehörige eine schwere Belastung. Sorgen Sie dafür, dass Sie selbst Auszeiten und Energietankstellen haben. 
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