Denkt man an die Wikinger, so hat man fast zwangsläufig nordische Hünen vor Augen, die auf Drachenbooten die europäischen Küsten unsicher machten und plündernd ganze Ortschaften niederbrannten und die Bevölkerung ermordeten. Befasst man sich mit diesem Thema genauer, stößt man auf zahlreiche Missverständnisse und Übertreibungen.

Der Ursprung der Wikinger

Der Ursprung des Wortes "Wikinger" liegt vermutlich im Altnordischen und bedeutet "Seekrieger, der sich auf langer Fahrt von der Heimat entfernt". Es existierte somit keine Volksgruppe, die man mit den Wikingern gleichsetzen konnte.

Im Grunde handelte es sich bei den ursprünglichen Wikingern um Abenteurer, oftmals aus germanischen Volksgruppen stammend, die aus ihren Gesellschaften ausbrachen oder verbannt wurden, und anfangs tatsächlich für viele ufernahe Raubzüge bekannt und berüchtigt wurden. Das Wort Wikinger ging aber erst im 19. Jahrhundert in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und wurde sofort zum Synonym für mordlüsterne Barbaren.

Keine Hörnerhelme

Klischee: Wikinger mit HörnerhelmDaran trugen auch die aus christlicher Sicht untragbaren Überfälle auf Heilige Stätten bei. So stellte das auf der englischen Insel liegende Kloster Lindisfarne das erste prominente Opfer der Wikinger dar und war wohl maßgeblich am negativen Bild der Seefahrer beteiligt. Neben leichter Beute wie Klöster suchten die Wikinger aber die gesamte europäische Küste heim und drangen dabei sogar bis in arabische Gefilde vor.

Entgegen landläufiger Meinung trugen sie aber keine Hörnerhelme, wie etwa in der Zeichentrickserie "Wickie und die starken Männer" oder in Bully Herbigs Realverfilmung gezeigt, sondern einfache Lederhelme. Lediglich in einigen skandinavischen Kulturen wurden Hörnerhelme für zeremonielle Zwecke verwendet.

Tatsächlich wäre ein Hörnerhelm im Kampf hinderlich oder sogar für den Helmträger gefährlich gewesen. Die Ursprünge des Bildes vom "gehörnten Wikinger" gehen vermutlich, wie so oft, auf Hollywood zurück, wo die Krieger aus dem Norden mit Hörnerhelmen noch etwas furchteinflößender wirken sollten.

Ende der Wikinger-Raubzüge

Gegen Ende des 11. Jahrhunderts stellten die Wikinger ihre Raubzüge, die am Höhepunkt des Treibens sogar Paris einschlossen, praktisch völlig ein. Daran trug nicht nur die Christianisierung der "Heiden" ihren Teil bei, sondern auch die zunehmende Handelstätigkeit, die sich als lukrativer und vor allem ungefährlicher erwies. Während man heute die Wikinger fast ausschließlich als blutrünstige Seeräuber wahrnimmt, spezialisierten sie sich schon früh auf den Handel mit allerlei Völkern.

Leif Eriksson entdeckt Amerika

Stilisiertes WikingerschiffGroße Bedeutung erlangten aber vor allem die Navigationskünste der Wikinger. Neben der kurzfristigen Besiedlung des damals deutlich lebensfreundlicheren Grönlands, landete bereits um das Jahr 1000 herum Leif Eriksson in Neufundland (Kanada), worüber die Wikinger-Sagen "Vinland Sagas" berichten.

Die Geschichte der Kolonisierung Amerikas durch Europäer konnten die Wikinger dennoch nicht entscheidend prägen: Nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Ureinwohnern gaben sie die Besiedlung nach wenigen Jahren auf und kehrten nie wieder zurück.

Wikinger besiedeln Grönland

Erfolgreicher verlief die Kolonialisierung Grönlands, das um 875 vom Norweger Gunnbjørn entdeckt wurde. Namensgeber wurde aber Erik der Rote, der die riesige Insel "Grænland" nannte, was so viel wie "Grünland" bedeutet. Eine ungewöhnliche Wärmephase machte die Küstenstreifen Grönlands für die Besiedelung attraktiv.

Doch das Ende dieses "Mittelalterlichen Klimaoptimums" besiegelte das Schicksal der Wikinger-Siedlungen. Die Ernten fielen aus, die Nutztiere erfroren oder verhungerten, was den Zusammenbruch der Siedlungen bewirkte.

Laden ...
Fehler!