Wochenrückblick 16/2012: Von den Piraten lernen
Wider den Kapitalismus! Wider das Diktat der Schlanken! Wider Diskriminierung!Eigene Meinung? Igitt!
Dem großen Voltaire wird der Satz "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst" zugeschrieben. Selbst wenn man Voltaire einen Hang zum seinerzeit durchaus gängigen Antisemitismus - eine heute völlig undenkbare Geisteshaltung - vorwerfen kann und er zu allem Überfluss auch noch Franzose war, so geraten liberale Zeitgenossen bei solchen Zitaten mitunter ins Schwärmen. Glücklicherweise bewahrt uns der Sieg des Kollektivismus über den Individualismus vor solchen grauenhaften Ausgeburten freien Denkens.
Konsequenterweise gerät heutzutage jeder, der eine dem Zeitgeist nicht das Wort redende Meinung vertritt, ins Visier der politischen Tugendwächter die entscheiden, welche Äußerung noch unter die alibimäßig behauptete Meinungsfreiheit fällt und was menschenverachtend, rassistisch oder was auch immer sei. Das jüngste Beispiel hierfür liefert ein öst. Politiker, der auf Facebook schrieb: "Ich wäre in krassen Fällen bei voller Zurechnungsfähigkeit für die Wiedereinführung der Todesstrafe."
Die Reaktionen fielen entsprechend aus: Zum einen heillose Empörung, zum anderen die beliebten "Rücktrittsforderungen". Das ist aber auch wirklich unerhört: Öffentlich eine dem Meinungsmainstream widersprechende Meinung äußern! Die Reaktion auf die Reaktionen ist indes genauso vorhersehbar: Der Politiker bedauerte seine Äußerungen bereits. Das ist schön, edel und rückt unser Weltbild wieder zurecht. Bitte nicht berühren!
Liberal? Igitt!
Apropos "liberal": Wie geht es eigentlich den organisierten Liberalen? Nun: In Österreich rangieren bekennende Liberale in der öffentlichen Beliebtheitsskala irgendwo zwischen Tierquälern und Grippeviren. Spürbar größere Popularität genießen Liberale in Deutschland, wo sie sogar in diversen Regierungen vertreten waren. Aber die Krise liberaler Gesinnung hat auch in Deutschland Spuren hinterlassen. Nach einer Reihe schwerer Wahlniederlagen, soll ein neues Grundsatzprogramm die Wende bringen. Oder wie der große Vorsitzende Philipp Rösler meint:
"Gerade, wo der Zeitgeist immer weiter nach links wandert, sind wir als FDP unverzichtbar. Als Kraft der Freiheit, als Kraft der Mitte."Und welche "neuen" Grundsätzlichkeiten sollen der Partei aus der Krise helfen?
Die Politik dürfe "nicht schneller und mehr verteilen, als die Bürger zu erwirtschaften in der Lage sind" [...]
"Die Belastung durch direkte Steuern sollte niemals mehr als 50 Prozent betragen." [...]
Die Außen- und Sicherheitspolitik soll so fortentwickelt werden, dass die EU nach außen mit einer Stimme spricht. [...]
Die FDP will die Energiewende vorantreiben und macht sich für den schnellen Ausbau der Netze und den Ausbau regenerativer Energien stark. Die Förderinstrumente für regenerative Energien sollen fortlaufend angepasst werden. [...]
Für die Liberalen ist Bildung ein Bürgerrecht. [...]
Meine Damen und Herren, wir präsentieren Ihnen die völlig neue FDP, die nicht ansatzweise wie nahezu jede andere beliebige Partei klingt!
Derartige Probleme haben die sich in Österreich formierenden Piraten nicht. Ihr Kurs lautet: Freibeuterei für alle! Ganz fröhlich lässt etwa der Tiroler Spitzenkandidat der Piraten bei einem Interview folgendes vom Stapel:
Piratenschiffe waren die ersten direkt-demokratisch geführten Betriebe. Am Piratenschiff, wenn es nicht explizit einen Angriff gab, war jeder gleichberechtigt. Jeder Sklave hat dasselbe Stimmrecht wie ein Pirat gehabt. Das finde ich gut. Das sollten wir wieder übernehmen.Aus welchem Hollywoodfilm speist sich diese verblüffende Erkenntnis eigentlich? Und wie kann ein Sklave überhaupt "Rechte" haben, nachdem man ihm das Grundrecht auf sein eigenes Leben verweigerte? Muss ich allen Ernstes darauf eingehen, dass Piraten keine edlen Ritter auf Hoher See, sondern ganz gewöhnliches Diebsgesindel waren, egal, ob mit Kaperbriefen ausgestattet oder nicht?
Andererseits entspricht es durchaus dem Zeitgeist, den Raub am Eigentum anderer als nobel, sozial gerecht und cool zu erachten. Werfen wir doch etwa einen flüchtigen Blick auf die Website der Alpenpiraten und das aktuelle (Stand: 21.4.2012) Parteiprogramm: "Bedingungsloses Grundeinkommen" und "gegen Diskriminierung" (immer schön unverbindlich bleiben) ist die Partei also. Potzblitz! Dass da noch keine andere Partei drauf gekommen ist! Und natürlich soll alles schön frei sein: Die Kultur, die Meinung, die Menschen. Man darf gespannt sein, wie weit es mit der Freiheit bestellt ist, wenn Farbe bekannt werden soll. Etwa: Wer bezahlt das "bedingungslose Grundeinkommen"? Und, nein: "Der Staat" oder "die neo-liberalen Menschenausbeuter" gilt nicht als gültige Antwort! Und wie weit wird wohl die Meinungsfreiheit gehen, wenn man eine politisch unkorrekte Meinung vertritt?
Wobei: Eigentlich darf man auf die Antworten nicht gespannt sein, weil man sie ohnehin bereits von allen anderen linken Parteien her kennt.
Dicke Menschen? Diskriminiert!
Vielleicht setzen sich die Piraten für eine ganz schrecklich diskriminierte, geradezu gesellschaftlich verfolgte Gruppe ein, die insbesondere im Gesundheitsbereich skandalös benachteiligt wird. Die Adipösen. Nur ein einziges Krankenhaus in Österreich nimmt auf ihre speziellen Bedürfnisse Rücksicht:
Dort wird schon seit einigen Jahren den Anforderungen extrem fettleibiger Patienten Rechnung getragen. Spezielle OP-Tische, Krankenbetten und Schwerlast-Rollstühle, die ein Körpergewicht von bis zu 500 kg tragen, Körperwaagen mit extra großen Plattformen und größer dimensionierte Toiletten wurden angeschafft, um eine barrierefreie medizinische Versorgung und vor allem eine respektvolle Behandlung der Patienten zu gewährleisten. [...] Um dieser Diskriminierung endlich Einhalt zu gebieten, sind Investitionen in die Struktur der Versorgung adipöser Menschen dringend gefragt. Ein humaner Umgang mit Kranken sollte trotz aller Sparzwänge gesichert sein.Es tut mir schrecklich leid, mich als reaktionären Kleingeist outen zu müssen, aber: Gibt es in unserer Gesellschaft eigentlich nur noch ganz schrecklich diskriminierte Opfer? Den eigenen Leib vollzufressen, bis er nicht mehr durch die Türstöcke passt, ist also eine "Krankheit", für die der Steuerzahler aufzukommen hat? Erweist man den Betroffenen tatsächlich einen Gefallen, indem man sie zu armen Opfern stilisiert, die "diskriminiert" werden?
Freilich: In einer Gesellschaft, in der allen Ernstes "Kaufsucht" als psychische Störung diagnostiziert wird, sollte dies nicht allzu sehr verwundern. Prinzipiell sind wir Alle wohl nur Opfer: Opfer unserer Zwänge, unserer Gene, unserer Kindheit, der bösen Konsumgesellschaft. Zumindest dem offenbar menschenverachtenden Konzept der Eigenverantwortung können wir glücklicherweise dank kollektivistischer Zwangsheillehren nicht zum Opfer fallen...
Anonyme Bewerbungsverfahren? Aber bitte zwangsweise!
Offenbar zählen auch Bewerber zu den ganz schlimm diskriminierten MenschInnen. Mit diesem drängenden Problem haben sich bereits einige Behörden und Vereine auseinandergesetzt. Die Forderung ist klar: Anonyme Bewerbungsverfahren sollen her!
Die Personalverantwortlichen erhielten in der ersten Runde des Bewerbungsverfahrens nur Informationen über die Qualifikationen der BewerberInnen, nicht aber über deren Geschlecht, Alter, Namen, Herkunft oder Familienstand.Angeblich hätten Modellversuche äußerst positive Resultate erbracht. Die seltsame Logik solcher Weltverbesserungsvorschläge leuchtet mir ohnedies nicht ein: Wieso sollten Unternehmen, die doch angeblich profitorientiert (igitt!) seien, sich selbst bei der Auswahl der Mitarbeiter durch Benachteiligung besser qualifizierter Bewerber schädigen, nur weil diese Frauen oder Migranten sind?
Typisch ist in diesem Zusammenhang natürlich auch der Ruf nach gesetzlichen Regelungen:
In einem zweiten Schritt soll auch auf private Unternehmen der Druck erhöht werden, diskriminierungsfreie Bewerbungsverfahren einzuführen.Wie lautet das schöne amerikanische Sprichwort doch gleich: "If all you have is a hammer, everything looks like a nail".
Kurz&Ungut
Islam fortschrittlicher als der Westen
Aber wir wollen die wahren Weltverbesserer nicht vergessen. Sensationelle Töne durften wir von der Deutschen Islamkonferenz vernehmen:
Die Mitglieder der Deutschen Islam Konferenz betonen, dass häusliche Gewalt und die Nötigung zu einer Eheschließung schwere Eingriffe in das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit der betroffenen Person darstellen und daher weder akzeptiert noch toleriert werden können.Ich finde es vorbildlich, bereits im Jahr 2012 derart klare Worte zu finden! Da kann sich der intolerante, frauenfeindliche Westen noch eine Scheibe abschneiden.
Sarah Jessica Parkers Falten
Der Alptraum jedes Schauspielers wurde für Aaron Defant Realität: Nachdem er in "Aktenzeichen XY" einen Räuber gespielt hatte, wurde er von der Polizei für den realen Verbrecher gehalten und festgenommen. Das Missverständnis konnte Defant aber selbst rasch aufklären. Jedenfalls verwundert es mich nicht mehr, weshalb Anthony Hopkins so selten auf Partys eingeladen wird...
Weitaus verwunderlicher erscheint mir hingegen die Angst der Schauspielerin Sarah Jessica Parker vor Falten. Ich weiß, man soll sich nicht über das Aussehen anderer lustig machen, aber Falten dürften ihr geringstes optisches Problem darstellen...
Charme-Offensive der Gema
Apropos Probleme: Zwei davon wird die Gema garantiert niemals haben.
1. Finanzielle Nöte
2. Hohe Sympathiewerte
Ab 2013 will sie ihre Tarife marginal erhöhen. Kritik, dass das neue Tarifmodell für manche Diskos Gebührenerhöhungen von rund 1.000% nach sich zögen, wischt ein Gema-Sprecher lapidar weg:
Wer künftig 500 Prozent mehr abführe, habe in der Vergangenheit eben auch "500 Prozent zu wenig bezahlt" [...]In einer freien Gesellschaft, in der man nicht für jedes "falsche" Wort verklagt werden kann, würden mir dazu einige Erwiderungen einfallen. Andererseits ist diese Aussage auch so erwiderlich genug.
Bildquelle:
Karin Scherbart
(Sudoku einfach lösen - Varianten für Anfänger, Fortgeschrittene und...)