Bürgermut ist mehr denn je gefragt

Der Fall Tugce Albayrak hat viele Menschen aufgewühlt. Die junge, türkischstämmige Studentin aus Offenbach hatte sich eingemischt und ihre Zivilcourage mit dem Tod bezahlt. Dennoch sollte uns ihr Schicksal nicht davon abhalten, uns Gewalt und Ungerechtigkeit entgegen zu stellen. Im Gegenteil, Bürgermut ist mehr denn je gefordert, um sich für eine humane Gesellschaft einzusetzen und zu zeigen, dass man nicht wegschaut, sondern hinschaut und sich einmischt, um eine Eskalation zu verhindern und anderen zu helfen. Aber Mut bedeutet auch, Risiken einzugehen, so wie Tugce Albayrak, die zwei Teenagern zu Hilfe kam, die von jungen Männern belästigt wurden. Zivilcourage heißt, sich in Sekunden zu entscheiden, wie man auf eine Situation reagiert, um eine Bedrohung abzuwenden, von der andere Menschen betroffen sind. Doch ist es immer eine Frage des Abwägens, ob man wirklich eingreifen oder einen kühlen Kopf bewahren und Hilfe auf andere Art leisten soll, zum Beispiel die Polizei zu alarmieren. In einer Gruppe ist es leichter, Zivilcourage zu zeigen, wenn sich der Rest solidarisiert. Als Einzelner sollte man genau überlegen, wie man sich in einer Gewaltsituation verhält, die zu eskalieren droht. Aber Wegschauen sollte man nie, sondern versuchen, Hilfe zu holen.

Auf Abstand halten

Auf Abstand halten (Bild: nick.jaussi / Flickr)

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Gegen den Strom schwimmen und Flagge zeigen

In der Schule, im Berufsleben, sogar in der Freizeit begegnen uns täglich Situationen, die Zivilcourage fordern. Menschen, die gemobbt werden, gibt es viele. Sie benötigen unsere Hilfe. Oft entwickelt sich eine Gruppendynamik, wenn eine einzelne Person psychisch gequält wird, nach dem Motto "Alle gegen Einen". Es ist ja so einfach, mit dem Strom zu schwimmen und sich der großen Masse anzupassen. Aber das zeugt von wenig Empathie und hat menschenverachtende Züge.

Zivilcourage heißt, Flagge zu zeigen und sich gegen die Masse zu stellen, ihr zu zeigen, dass man Psychoterror verabscheut und diejenigen, die ihn ausüben, schlechte Menschen sind. Wenn das Herz heiß ist, muss man sich zügeln, um in der Wortwahl nicht zu entgleisen. Man muss einen kühlen Kopf bewahren, um auch sich selbst zu schützen.

Notfalls muss man professionelle Hilfe holen, die dem Psychoterror ein Ende bereitet. Manchmal hilft nur noch das Einschalten eines Mediators, in besonders schwerwiegenden Fällen sind juristische Mittel der einzige Weg. Aber immer muss jemand bereit sein, diesen Weg einzuschlagen und Zivilcourage zu zeigen.

Wie kann man Zivilcourage lernen?

Mittlerweile gibt es in vielen Städten Sonderprogramme mit Schnellkursen für Zivilcourage, zum Beispiel in München, wo das schon seit 20 Jahren angeboten wird und Leute lernen können, wie sie sich in brenzligen Situationen verhalten sollen, um anderen zu helfen, sich aber möglichst nicht selbst in Gefahr zu bringen. In den Medien finden meist nur die spektakulären Fälle Beachtung, bei denen Zivilcourage und beherztes Eingreifen im Mittelpunkt stand. Aber es gibt sehr viel mehr mutige Menschen, die durch kluges Eingreifen ein Verbrechen verhindert haben oder dazu beitrugen, dass Straftäter, zum Beispiel bei Raubüberfällen, gefasst wurden. Dann gibt es auch noch die Zivilcourage im Mikrokosmos jedes Einzelnen, im Freundeskreis, im Beruf oder im Verein, bei Jugendlichen in der Schule, wo sogar Streitschlichter ausgebildet werden, um Gewalt und Mobbing in der Schule entgegenzuwirken. Zivilcourage braucht man, um sich selbst jeden Morgen mit gutem Gewissen im Spiegel anschauen zu können. Man braucht sie auch, um seinen ganz persönlichen Beitrag zu einer humanen Gesellschaft zu leisten.

Wie stehen Sie zur Zivilcourage?
Krimifreundin, am 08.04.2015
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Autor seit 13 Jahren
254 Seiten
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