Yutian Cultural Palace aus der Ferne

In China gibt es zwei Großstädte mit dem Namen Yulin. Hier geht es um Yulin in der Provinz Guangxi. Dieses Yulin ist Zentrum eines Bezirks mit 5,6 Millionen Einwohnern. Es ist nicht genau bekannt, wie groß die eigentliche Stadt ist – sie wächst zu schnell. Mehr als eine Million Einwohner werden es aber sicherlich schon sein.

Erstaunlicherweise ist diese große Stadt im Westen praktisch unbekannt. Ich lebe seit einem Jahr hier und habe noch keinen einzigen anderen Ausländer getroffen, der hier lebt und erst zwei, die kurzzeitig zu Besuch hier waren.

Dabei hat die Yulin in den letzten Jahren durchaus ein modernes Antlitz bekommen. Es wird extrem viel gebaut. Yulin hat in den letzten Jahren sehr viele neue Hochhäuser bekommen und noch mehr befinden ich in der Bauphase. Vor 3 Jahren waren die Straßen in Yulin noch fast leer, heute sind sie gefüllt mit Autos – viele davon deutsche Oberklassefabrikate.

Aber Guangxi ist eine der ärmeren Provinzen Chinas, hauptsächlich durch Landwirtschaft geprägt. Und Yulin ist wiederum eine der weniger wichtigen Großstädte von Guangxi. Die größte Stadt in Guangxi ist die Hauptstadt Nanning, gefolgt vom berühmten Guilin, der wichtigen Hafenstadt Beihai und der Industriestadt Liuzhou.

Yulin hat eigentlich nur die schöne und fruchtbare Landschaft in seiner Umgebung zu bieten. Es gibt sehr wenig Industrie und trotz der langen Geschichte ist kaum etwas aus alten Zeiten erhalten. Fast alles wurde in den letzten 10 bis 20 Jahren abgerissen und neu gebaut. Die Bauindustrie scheint neben der Landwirtschaft der einzige bedeutende Wirtschaftszweig in Yulin zu sein. Weil die Preise für Immobilien aber rasant steigen, können sich immer mehr Menschen einen teuren Lebensstil leisten: sowohl die Bauunternehmer als auch die Käufer, deren Wohnungen zumindest auf dem Papier schnell an Wert gewinnen.

Die Landschaft um Yulin ist der von Guilin ebenbürtig. Trotzdem wird sich so schnell kein Tourist nach Yulin verirren. Die Landschaft ist wenig erschlossen. Aber überall wo eine Straße hinführt ist die Luft extrem schmutzig. Erst wenn man längere Zeit über schmale Trampelpfade wandert oder mit dem Rad fährt kommt man in hübsche Gegenden, wo man frei durchatmen kann. Überall wo viele Menschen sind, gibt es dagegen stark rauchende Feuer, viel zu viele Autos, überall Staub durch Bautätigkeit und Staub, den die Autos aufwirbeln.

Das ist schade, denn eigentlich könnte Yulin ein Paradies sein. Es gibt genug Wasser und durch das subtropische Klima wächst das ganze Jahr über etwas. Kaum jemand muss Hunger leiden, weil mehr als genug Nahrung produziert werden kann – notfalls im eigenen Gemüsegarten. Und weil die Gegend um Yulin so sehr durch Landwirtschaft geprägt ist, hat zumindest die ältere Generation erstaunlich viele Fähigkeiten – sie können sich mit fast allem, was sie brauchen, selbst versorgen.

In manchen abgelegenen Dörfern des Bezirks Yulin findet man noch Menschen mit einer unglaublichen Lebensfreude und Energie, wie ich sie sonst nirgends auf der Welt gesehen habe. In der Stadt ist aber das Gegenteil der Fall: viele Menschen sind nervös, wirken ungesund, mürrisch und müde.

Durch Yulin fließt ein Fluss, der einfach Südfluss heißt.  In der Umgebung gibt es schöne Berge, aber es werden immer weniger. Selbst die größeren werden abgetragen, um Steine für die vielen Neubauten zu gewinnen. Yulin selbst ist bereits völlig eben und auch die Umgebung wird zusehends eingeebnet

Neben vielen Hochhäusern gibt es in Yulin auch noch etliche ältere, kleine Häuser mit verwinkelten Gassen, dazwischen häufig Felder und Teiche. Das ist ganz hübsch anzuschauen, obwohl überall Unrat herumliegt.

Es gibt ein großes neues Messezentrum, das aber sehr selten genutzt wird. In Yulin scheinen keinerlei überregionale Veranstaltungen stattzufinden, obwohl die Einrichtungen dafür vorhanden wären. Auch an großen, luxuriös eingerichteten Hotels wäre kein Mangel.

Weiterhin gibt es den Yuntian Cultural Palace. Das ist im Grunde ein riesiger Betonklotz (über 100 Meter hoch, 16 Hektar Grundfläche) mit einem sitzenden Buddha. Er wurde erst vor wenigen Jahren erbaut und scheint außer den riesigen Dimensionen nichts Besonderes zu bieten. Jedenfalls sind nie Besucher darin zu sehen, obwohl man das Gebäude besichtigen könnte.

 Für Ausländer lohnt ein Besuch in Yulin insgesamt vermutlich weniger. Es spricht auch fast niemand Englisch, so dass man sich ohne Chinesischkenntnisse schwer tun würde. Wenn man aber wie ich mit Familie hier lebt und einigermaßen Chinesisch spricht, ist es relativ entspannend.

Die schmutzige Luft ist ein großes Problem, aber Yulin ist in dieser Hinsicht sehr viel besser als alle anderen chinesischen Großstädte die ich kennen gelernt habe. Ansonsten ist das Leben hier o.k. Man kann alles kaufen was man braucht und die Behörden mischen sich wenig in das Leben der Menschen ein. Obwohl es nicht viele Ausländer gibt, sind die Chinesen nicht allzu neugierig und manche sind recht freundlich. Wir werden nicht mehr lange hier bleiben, aber insgesamt fand ich unsere Zeit in Yulin o.k.

Autor seit 13 Jahren
4 Seiten
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