Der Hype um eine Zeitreisende - Marty McFlys Oma?

Was der Ire George Clark auf einer DVD zum Charlie-Chaplin-Film "The Circus" entdeckt haben will, klingt zu abenteuerlich, um nicht davon fasziniert zu sein: In einer mehrsekündigen Sequenz telefoniert eine ältere Frau mit ihrem Handy. Wohlgemerkt: Im Jahr 1928! Der von George Clark auf Youtube veröffentlichte Clip mauserte sich binnen kürzester Zeit zum Hit und wurde millionenfach angeklickt.

Doch was steckt hinter dieser Geschichte rund um eine angebliche Zeitreisende? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich natürlich mit dem Beweismaterial beschäftigen.

Der Hype um eine Zeitreisende
Zeitreisende im Jahr 1928 gefilmt? Das Video!

Handelt es sich tatsächlich um eine Zeitreisende?

Handy einer Zeitreisenden?

Betrachtet man den Clip eingehend, wird man rasch von Ernüchterung ergriffen. Von einem Handy ist schlichtweg nichts zu erkennen. Was die angebliche Zeitreisende in Händen hält, könnte alles mögliche sein. Auch ein Handy? Zweifellos! Doch der Sprung zu dieser Hypothese ist geradezu grotesk und ein Anzeichen dafür, dass der Ire bewusst eine virale Kampagne entfachte, die voll einschlug: Millionen Klicks, zig Online-Artikel, die sich mit seiner Behauptung beschäftigen, heiße Forendiskussionen. Clever inszeniert, keine Frage. Schlüssige Beweise oder zumindest Anhaltspunkte bleiben der Clip und George Clark indes schuldig.

 

Hörgerät aus dem Jahr 1928?

Eine weitaus plausiblere Erklärung bietet die Online-Edition der "New York Daily" an. Demnach könnte es sich bei dem Gerät - so denn überhaupt eines im Spiel war - um eine elektronische Hörhilfe gehandelt haben. So teuer und unhandlich derlei Apparaturen zur damaligen Zeit auch waren, scheint es sich um eine naheliegende Erklärung handeln. Das einst wohl fortschrittlichste Modell wurde von der Firma Acousticon hergestellt und kann auf der Website des Hörgeräte-Museums bewundert werden.

Alternative Theorien besagen, dass die alte Dame einen Beutel mit Eiswürfeln in der Hand trug, den sie gegen ihre geschwollene Backe drückte, oder einfach nur Selbstgespräche führte. Endgültige Klärung wird dieses aus der Luft gegriffene Mysterium nach über 80 Jahren niemals finden. Weshalb aber ausgerechnet eine dermaßen kühne Spekulation aufgegriffen und über Youtube verbreitet wurde, lässt sich mit der Lust nach sensationellen, prickelnden Storys erklären.

 

Internetuser aus der Zukunft: John Titor

Neu sind derlei Geschichten nicht. In den Jahren 2000 und 2001 tummelte sich ein User in diversen Foren der behauptete, er sei ein Zeitreisender aus dem Jahr 2036. John Titor, so der Name des angeblichen Zeitreisenden, wurde anfangs kaum ernstgenommen, verblüffte aber mit seinem Wissen in Physik und Computertechnologie.

Um wen es sich bei John Titor handelte, wurde nie unumstößlich ergründet. Steckte nur ein ausgefuchster Schwindel dahinter? Die wirre Phantasie eines psychisch Kranken? Oder etwa doch ein Zeitreisender? Faktum ist, dass seine apokalyptischen Prophezeiungen einer vom Bürgerkrieg zerrissenen Gesellschaft nicht eintrafen. Allerdings erklärte Titor dies durchaus geschickt: Durch die Zeitreise habe er eine neue Zeitlinie erschaffen, die sich von "seiner" Vergangenheit und Gegenwart erheblich unterscheide...

 

Handys im Jahr 1908

So unglaublich es auch klingen mag: Hätte die technologische Entwicklung einen geringfügig anderen Verlauf genommen, wären die ersten Handys bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den Markt gelangt! Der amerikanische Erfinder Nathan Stubblefield meldete 1908 das Patent für das erste drahtlose Telefon an. Doch er erlitt das typische Erfinderschicksal und vermochte aus seiner Genialität keinen Gewinn zu erzielen.

Ironischerweise wäre somit der Anblick einer mittels Handy telefonierenden Frau im Jahr 1928 tatsächlich möglich gewesen...
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