Schnipp-schnapp! Was in Disneys "Lustigen Taschenbüchern" zensuriert wurde - (K)einer flog übers Kuckucksnest!

Können Sie sich den untadeligen Micky stockbesoffen in seinen Wagen steigen und dort seinen Rausch ausschlafen vorstellen? Oder Donald samt Neffen in Zwangsjacken hinter den dick gepolsterten Wänden einer Klapsmühle? Vermutlich nicht. Und dennoch: Exakt derlei Szenen wurden in den ersten "Lustigen Taschenbüchern" der beliebten Comicreihe abgedruckt! In späteren Nachdrucken und Neuauflagen fehlten diese aus nachvollziehbaren Gründen jedoch: Alkohol- und Tabakkonsum wurde als ebenso pädagogisch bedenklich eingestuft, wie auch etwa Waffengewalt oder der unbedachte Griff in die Steckdose. An diesen und ähnlichen skurrilen Szenen können sich in hiesigen Breiten nur die Besitzer der Originalausgaben erfreuen.

Finger in der Steckdose: Zur Nachahmung ungeeignet

Band 7 mit dem TItel "Donald in 1000 Nöten" (In der Neuauflage: "Auf der Suche nach dem Füllhorn") eröffnete den Reigen der sanften Zensurmaßnahmen. In der Geschichte "Daniel Düsentrieb als Eulenspiegel" verwandelt sich der geniale Erfinder Daniel Düsentrieb in einen nichts als Unfug treibenden modernen Till Eulenspiegel. Eines seiner Opfer ist der naive Donald, der besonders fies - und schmerzhaft - reingelegt wird.

Ingenieur Düsentrieb gibt sich am Telefon als Mitarbeiter des Elektrizitätswerks aus und bittet Donald zu überprüfen, ob denn seine Steckdose noch funktioniere. Dazu müsse er lediglich den Finger hineinstecken...

Die Folgen sind fatal: Ein Stromschlag streckt Donald nieder und Daniel Düsentrieb amüsiert sich prächtig über dessen Dummheit. Einige Leser dürften die Szene weniger amüsant gefunden und befürchtet haben, Kinder könnten Donalds Verhalten nachahmen. Wohl auch deshalb wurde diese Szene in den Nachdrucken entscheidend verändert. Kurioserweise gewinnt die entschärfte Version sogar an Witz: Darin behauptet Daniel Düsentrieb er sei Mitarbeiter der Störungsstelle und müsse Donalds lange Leitung überprüfen, weshalb er doch bitte am Telefon bleiben möge...

Trotzdem wurde die Erstauflage von "Donald in 1000 Nöten" zum äußerst begehrten Sammelobjekt und gilt neben dem "Kolumbusfalter" als teuerstes und begehrtestes Sammlerstück unter den "Lustigen Taschenbüchern".

Sturzbetrunkener Micky

Die vielleicht größte Kuriosität stellt eine Szene der Geschichte "Micky rettet das Korallenkänguruh" aus dem Band "Micky der Westernheld" dar. Der untadelige Micky bewirbt sich als Biertester in einer Brauerei, die angeblich alkoholfreies Bier produziert. Ein Irrtum, wie sich einige Stunden später herausstellt, als Micky sturzbetrunken auf die Straße hinauswankt, mühsam auf die Rückbank seines eigenen Wagens klettert, diesen für ein Taxi hält und dem imaginären Fahrer seine Anschrift nennt. In weiterer Folge schäft Micky seinen Rausch aus und wird erst am nächsten Morgen von Freund Goofy geweckt.

In den Nachdrucken testet Micky Limonade, die ihm angeblich Schluckauf und einen schweren Magen beschert, weshalb er sich in seinen Wagen setzt und prompt einschläft. Überzeugen kann diese Form des Eingriffes vor allem deshalb nicht, weil die Bilder - Micky kann sich kaum noch auf den Beinen halten und wirkt deutlich angeheitert - eine eindeutige Sprache finden.

Kampf dem "Blauen Dunst"!

Bereits lange vor entsprechenden EU-Kampagnen wurde der "Blaue Dunst" in Entenhausen effizient bekämpft. Allerdings rutschte die Geschichte "Goofy und die Erbschaft von Goofy Goofinger" (erschienen im Band "Micky ist der Größte") durch das Zensurraster. Die nachträglichen Änderungen, die sowohl sprachlich, als auch zeichnerisch jeglichen Bezug auf Tabak sowie dessen Konsum eliminierten, ergaben nicht unbedingt viel Sinn. Das Lesevergnügen wurden dadurch aber nicht getrübt.

Donald flog übers Kuckucksnest

In "Mit Onkel Dagobert auf Weltreise" endete die Reise in der Geschichte "Onkel Dagoberts unsichtbares Gold" für Donald, Tick, Trick und Track mit einem kurzfristigen Aufenthalt in einer Klapsmühle... in Zwangsjacken! Das mochte zwar witzig sein, aber nicht unbedingt feinfühlig, weshalb die Ducks in späteren Ausgaben in einer Zelle landeten.

Stop! Oder mein Zeigefinger schießt!

Die meisten Abänderungen und Eingriffe in die Originalgeschichten betrafen jedoch Waffengewalt. Immer wieder wurden Messer, Knüppel oder Schießeisen wegretuschiert, was zu kuriosen Darstellungen in den Comics führte. Beispielsweise wird Donald in einer Geschichte Opfer einer Entführung in seinem eigenen Wagen, wobei der Entführer - ein verkleideter Panzerknacker - Donald mit dem ausgestreckten Zeigefinger in Schach hält. In der italienischen Originalversion hält der Panzerknacker noch eine PIstole vors Gesicht, was die Szene weitaus verständlicher, aber auch "gewalttätiger" machte.

Zeiten ändern sich - kulturelle Aspekte auch

Manche dieser Eingriffe mögen befremden oder als unnötig erachtet werden. Allerdings müssen die kulturellen Hintergründe in Betracht gezogen werden. Tabakkonsum war noch vor wenigen Jahrzehnten selbst in Comics völlig normaler Bestandteil der Gesellschaft. Erst als Zigaretten zunehmend verpönt wurden, geriet der Tabakkonsum in Comics oder Zeichentrickserien ins Zentrum der Kritik.

An Witz und satirischen Überspitzungen verloren die Comics in den "Lustigen Taschenbüchern" natürlich trotzdem nicht. Dennoch ziehen viele Comicleser die Originalausgaben den Nachdrucken und Zweitauflagen vor - wenn auch meist aus nostalgischen Gründen.

Quelle des Bildes: http://www.lustiges-taschenbuch.de/

Schnipp-schnapp! Was in Disneys
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