Zum Kuckuck mit dem fremden Ei
Jetzt im Mai ist der Kuckuck wieder oft zu hören. Ende April kommen die Männchen, etwas später die Weibchen. Der Kuckuck als Brutschmarotzer hat keinen guten Ruf. Oder doch?Wo Singvögel brüten zieht es den Kuckuck hin
Ab Ende April ist vielerorts der erste Ruf des Kuckucks zu hören. Die Männchen verkünden mit ihrem Ruf, dass sie aus dem afrikanischen Winterquartier zurück gekehrt sind. Sie haben wieder von ihrem Revier Besitz ergriffen und verteidigen es, wenn es sein muss, durch erbitterte Kämpfe. Zu sehen ist der etwa sperbergroße Vogel selten, zu hören öfter. Bis zu 33 Zentimeter lang wird ein Kuckuck, von der Schnabel- bis zur Schwanzspitze gemessen.
Die Kuckucksweibchen kehren etwas später zurück, etwa acht bis zehn Tage. Auch sie verteidigen ihr angestammtes Revier. Das muss nicht unbedingt ein Wald sein, auch offene Landschaften mit wenigen Bäumen sind möglich. Hauptsache ist, in dem Gebiet brüten viele Singvögel. Ein Kuckuck baut im Frühling nicht etwa selbst ein Nest. Als Brutschmarotzer kennt er kein Brutgeschäft und keine anstrengende Jungenaufzucht. Das erledigen andere Vögel für ihn. Er legt sein Ei in ein fremdes Nest und vertraut darauf, dass die Wirtseltern sich um das für sie oft viel zu große Kücken kümmern. Bachstelzen, Grasmücken, Teich- oder Sumpfrohrsänger und kleine Rotkehlchen rackern sich dann mit der Kuckucksbrut ab. Es sind über 100 Vogelarten bekannt, die bereits einen Kuckuck aufgezogen haben. Dieses Veralten ist sicher der Grund, warum der Mensch den Kuckuck oft mit negativen Sprüchen belegt. Es heißt "Hol dich der Kuckuck!" oder man spricht vom "Kuckucksei", wenn man etwas geschenkt oder untergeschoben bekommt, dass man nicht haben wollte.
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Der Zeitpunkt muss stimmen - Kuckuckseier werden schnell gelegt
Zunächst klingt es so, als wäre das Leben eines Kuckucks einfach. Allerdings muss ein Weibchen erst einmal genug Singvogelnester im Revier finden. Dann muss es einen geeigneten Augenblick abpassen, um sein eigenes Ei in das fremde Nest zu legen. Ein kurz verlassenes Nest regt das Weibchen dazu an, ein Ei zu legen. Manchmal kommen die Eigentümer des Nestes zu früh wieder. Also legt der Kuckuck sein Ei erst außerhalb und bringt es später, wenn der Wirtsvogel ausfliegt, im Schnabel in die Nestmulde. Bevorzugt sucht sich der Brutschmarotzer Nester aus, in denen schon Eier liegen. Dann zerstört er entweder das ganze Gelege oder nur ein Ei. Zwischen 16 und 22 Eier legt das Kuckucksweibchen auf diese Weise, wobei bis zum Ende des Sommers vielleicht zwei Kücken als Nachwuchs heranwachsen. Das Weibchen verbringt also einen anstrengenden Sommer damit, passende Wirtsvögel zu suchen und in aller Eile immer genau im richtgen Moment sein Ei im fremden Nest zu plazieren.
Es ist erstaunlich, wie sehr die Kuckuckseier denen der Wirtsvögel ähneln. Die Prägung für das Aussehen der Eier hängt davon ab, bei welchen Wirtseltern der junge Kuckuck selbst heranwuchs. War es ein Rotkehlchen, so legt der erwachsene Vogel Eier, die aussehen, wie Rotkehlcheneier. Wuchs er bei einem Zaunkönig auf, sehen seine Eier so aus wie diese. Das sind dann auch die Favoriten unter den ausgewählten Nestern. Trotzdem nehmen nicht alle Singvögel das Kuckucksei an. Einige entdecken es sofort und werfen es aus dem Nest, andere decken das Ei mit viel Nistmaterial ab, so dass es nicht ausgebrütet wird und wieder andere verlassen ihr Nest, einschließlich des eigenen Geleges.
Die Stiefeltern haben es schwer
Wenn die Wirtseltern das Kuckucksei jedoch ausbrüten, steht ihnen eine schwere Zeit bevor. Schon nach wenigen Stunden wirft der noch blinde Kuckuck alle anderen Eier aus dem Nest, denn ein Kuckuck schlüpft schon nach zehn Tagen, wo andere Eier noch Zeit brauchen. Sind trotzdem bereits Stiefgeschwister geschlüpft, werden auch diese aus dem Nest geschoben. Anschließend verhält sich der kleine Schmarotzer sehr still, mit der Ausnahme, dass er mit aufgesperrten, orange leuchtendem Schnabel permanent Futter fordert. Er frisst alleine so viel, wie mehrere seiner Stiefgeschwister gefressen hätten. Nach kurzer Zeit ist der Jungkuckuck bereits größer als seine falschen Eltern. Diese rackern sich entsprechend ihrem Instinkt ab, den scheinbar eigenen Jungvogel großzuziehen. Wenn der im August oder September endlich kräftig genug ist, verlässt er sein Revier und zieht in Richtung Afrika. Seine erwachsenen Kuckuckseltern haben sich nach dem Ablegen der Eier bereits früher gen Süden verabschiedet. Aus menschlicher Sicht lehnen wir das Schmarotzertum des Kuckucks ab. Aus der Sicht der Kuckucke dient ihr Verhalten lediglich dazu, die eigene Art zu erhalten. Dass die Natur dafür beim Kuckuck diesen Sondernweg gewählt hat, kann dem Vogel nicht angelastet werden.
Der Ruf des Kuckucks wird leider selten
So wie bei vielen anderen Singvögeln geht auch der Bestand des Kuckucks zurück. Das ist kein Wunder, hängt doch sein Fortbestand direkt mit der Verbreitung seiner Wirtsvögel zusammen. Wo diese in der Zahl abnehmen, kann auch der Kuckuck nicht mehr häufig rufen. Beim Kuckuck zeigt sich deutlich, dass das Fehlen von einigen Lebewesen eine ganze Kettenreaktion hervorrufen kann. Dort, wo durch Insektizide, so genannte Pflanzenschutzmittel, das Vorkommen von Insekten drastisch reduziert wird, finden Singvögel nicht mehr genug Nahrung und werden seltener. Gleichzeitig suchen die verbleibenden Arten nicht selten vergebens nach einem geeigneten Nistplatz, denn in unserer aufgeräumten Landschaft, werden diese immer rarer. In Folge dessen findet auch der Kuckuck nicht mehr genug fremde Nester für seinen Nachwuchs. Und mit einem weiteren Problem muss die Art kämpfen. Durch die langsame Klimaerwärmung beginnen zahlreiche Singvögel inzwischen früher mit ihrem Brutgeschäft. Wenn dann im Mai die Kuckucksweibchen aus Afrika einfliegen, sind die gesuchten Wirtseltern bereits mitten in der Brutpflege. Ihre Nachkommen sind bereits geschlüpft und der Kuckuck kommt zu spät. Daher wird sein Ruf leider immer seltener. Wenn wir für den Fortbestand des Frühlingsboten etwas tun wollen, müssen wir etwas für Singvögel allgemein tun. Der Kuckuck ist nicht wählerisch. Es kommen viele Arten als Stiefeltern in Frage.
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