Afrika, Flüchtlinge, Perspektiven
Erfahrungsbericht über Afrika, mögliche Perspektiven und die Fehler unserer Politik.Gewalt ist in Afrika allgegenwärtig.
Wenn in Europa Winter war, gab es für Rettungsschwimmer am Mittelmeer keine Arbeit, auch nicht in der Gastronomie. Ich habe dann für eine Hilfsorganisation LKW gefahren und andere Tätigkeiten ausgeführt. Frankreich hat zu etlichen afrikanischen Staaten noch Beziehungen seit der Kolonialzeit. Man unterscheidet die sogenannten DOM - TOM's. Département oder Territoire outre mèr (Bundesländer oder Gebiete). Und in vielen dieser Länder wird Französisch gesprochen. Bei etlichen Unternehmungen wurden wir vom französischen Militär begleitet und beschützt. L'Armée francaise hat die vordringliche Aufgabe, bei Gefahr im Verzug Staatsbürger aus Europa zu evakuieren. Und das kann von jetzt auf gleich geschehen. Der Wind dreht sich schnell in der Savanne. Und friedliche Händler und Arbeiter fangen schon mal an, mit dem Haumesser aufeinander loszugehen. Wer dabei in die Quere kommt, wird im wahrsten Sinne des Wortes zu Hackfleisch verarbeitet. Es gibt nun mal verschiedene Stämme und die Bewohner sind zum Teil noch recht abergläubig. Da braucht nur ein Voodoo-Priester oder Clan-Führer schlecht geträumt zu haben, schon gibt es eine Gewaltorgie.
Diebstahl ist in einigen Ländern fast Normalität.
In der Zentralafrikanischen Republik ZAR sollten wir ein Krankenhaus restaurieren. Selbiges hatte es auch bitter nötig. Meist lagen in den verdreckten Räumen Frauen oder Kinder. In Afrika werden Kranke oder Gefangene von Angehörigen mit Essen versorgt. Auf primitiven Öfchen kochten einige Frauen Reis und Gemüse im Hof. Männer saßen in der Runde und quatschten. Obwohl es ihre Familienangehörige waren, die dort versorgt wurden, waren sie zu keinerlei Hilfsarbeiten bereit. Anstatt uns die einfachen Dinge abzunehmen, damit wir uns auf unsere eigentliche Aufgabe (Baumaßnahmen) konzentrieren konnten, saßen die Herren der Schöpfung lieber nur rum.
Bei einer Einkaufsfahrt in die nächste Ortschaft wurden wir von Jugendlichen umringt. Einige sprangen auf den offenen LKW und verschwanden unter dem Gelächter und Gejohle der Menge mit unserem Werkzeug (Hacken, Schaufeln, Beilen). Selbiges konnten wir dann etwas später auf dem Markt für gutes Geld zurückkaufen. Wir mussten lernen, für Fahrzeuge Schutz zu kaufen. Kinderbanden setzten sich dann auf die Ladefläche und verteidigten gegen "Gebühr" unser Hab und Gut. Kinder von 7 - 8 Jahren muss man in Afrika als Verhandlungspartner ernst nehmen! Wir deckten das Krankenhaus mit Wellblechplatten neu ein. Desinfizierten und strichen die Räume mit wetterfester abwaschbarer Farbe. Leider konnten wir nicht alles fertigstellen, da etliche Dachplatten und Eimer Farbe entwendet wurden.
Brunnen bauen ist eine gute Sache!
Überleben auf Müllhalden ist für viele Kinder der Normalfall.
In einem Dorf verteilten wir Süßigkeiten an die Kinder. Das führte zu einem politischen Skandal. Wir hatten den Dorfältesten übergangen. Normalerweise hätten wir ihm alles übergeben müssen, damit er sich seinen Teil abzweigen konnte. So läuft das auch bei Polizei und Militär. Die Oberen nehmen sich ihre Teile und unten kommt nicht mehr viel an. Das führt dazu, dass reguläre Soldaten zu Wegelagerern werden. Die verlangen dann "Zoll" für Passagen. Wer nicht zahlt, wird eingesperrt oder festgesetzt, bis er ausgelöst wird. So wie bei uns im Mittelalter. Wir fuhren auch Lebensmittel in Flüchtlingslager und entsorgten dort den Müll. Wer nun denkt, die jungen kräftigen Burschen hätten beim Ent- und Beladen geholfen, der liegt absolut falsch. Ce n'ést pas mon devoire! Das ist nicht meine Aufgabe bekamen wir dann zu hören. Mit Müh und Not halfen dann einige alte Männer, besonders beim Müll war es schwierig.
Müll auf eine Halde fahren war auch so eine Sache. Normalerweise wurden wir von Soldaten mit aufgepflanztem Bajonette begleitet. Kinderhorden sprangen auf die fahrenden Fahrzeuge, um auch noch den letzten Rest noch so ekliger Essensreste zu ergattern. Da bestand natürlich die Gefahr, dass die auch überfahren wurden. Ich schnappte mir den Größten und ernannte ihn zum Chef. Dafür, dass die Entladung der Abfälle reibungslos vonstattenging, erhielt er alle Essenreste zum Verteilen. Wir kochten von da an immer etwas mehr und trennten es von den anderen Abfällen. Ich fuhr dann auch ohne Begleitschutz auf die Halde, was mir den Spitznamen le Fou (der Wahnsinnige) einbrachte. Aber es funktionierte. Kinder in so einer Situation zu sehen zerreist einem das Herz.
Ferienanlage im Senegal
Die Präsidentengarde ist von einer Räuberbande kaum zu unterscheiden.
Im Senegal waren wir zu einer Feier eingeladen. Vor dem Präsidentenpalast lag die Champs Élysées. Eine Prachtstraße von nirgendwo ins nirgendwo. Etwa drei Kilometer lang und ausschließlich für Militärparaden angelegt. Die französische Armee hielt ein Manöver mit den heimischen Truppen ab. Danach gab es dann eine Parade. Für solche Veranstaltungen und Prestige-Objekte ist anscheinend immer Geld da. Aber so sind die Menschen halt.
Abends waren wir in einer Art Klub-Diskothek. Plötzlich flog die Tür auf, Bewaffnete stürmten herein und trieben alle Männer raus. Ich dachte, ich würde nun erschossen. Dem war aber nicht so, sonst könnte ich ja nun nicht darüber berichten. Nein, der Präsident hatte sich dazu entschlossen zu feiern. Ohne männliche Konkurrenz natürlich. Die Mädels durften selbstverständlich bleiben. Im Gegenteil, die mussten bleiben. Im Senegal wurden damals Brunnen gebohrt.
Im großen Ganzen kann man sagen, dass sehr viel Entwicklungshilfe versickert ist. Viele Gelder kamen auch überwiegend europäischen Unternehmen zugute. War also eigentlich Wirtschaftsbeihilfe. Häufig fließen Gelder und Militärhilfe auch nur für Schürfrechte und Rohstoffe. Das größte Übel Afrikas ist die Korruption. Clanchefs versorgen erstmal sich und ihre Angehörigen. Denken dabei wenig an Land und Volk. Unterstützt werden sie von Konzernen in Verbindung mit Politikern, die auch andere Interessen haben, als den schwarzen Kontinent nach vorne zu bringen.
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Die Wüste hat Augen!
Einmal habe ich eine Ziege überfahren. Das war mitten in der Pampas, weit und breit niemand zu sehen. Wer aber denkt, Afrika hätte keine Augen oder Ohren, der sei gewarnt. In kürzester Zeit wimmelte es nur so von Afrikanern um uns herum. Nun gingen die Verhandlungen los. Erstens mussten wir uns entschuldigen, zweitens das wertvollste Tier des ganzen Kontinents bezahlen und essen durften wir es auch nicht. Natürlich nahm der Besitzer das tote Vieh mit. Und da hatten wir noch Glück, das hätte auch in einem Steinhagel enden können. Das war damals in Djibouti, als die Bundeswehr noch nicht mal wusste, was out of area bedeutete. Wir waren in einem Militärstützpunkt untergebracht, den wir abends nicht mehr verlassen durften. Soldaten, die schon mal die Sperrstunde überzogen hatten, kamen teilweise ausgeraubt bis auf die Unterhosen und leicht lädiert zurück. Der dortige Standortkommandant gab uns dann den Rat, bei einem Unfall mit Menschen abzuhauen und das der örtlichen Prevoté (Polizei) zu überlassen. Die Chancen, gelyncht zu werden, wären da sehr groß. Und alles, was Du tust, wird beobachtet. Wenn man irgendetwas kaufen will, weiß es das ganze Dorf und Dutzende von kindlichen Helfern versuchen einen dann zu einem bevorzugten Laden zu bringen, wegen der Provision. Alles spricht sich in kürzester Zeit rum und jeder weiß immer und sofort bescheid. Das nennt man dort Telephone Arab.
Probleme, die man nicht löst, holen einen ein!
Dieser faszinierende Kontinent hat leider das Pech, über gewisse Rohstoffe zu verfügen. Das weckt die Begehrlichkeit der Industrienationen. Wurden früher Länder einfach unterworfen, werden heute willfährige Regierungen gekauft. Schürfrechte gehen an diverse Konzerne, der natürliche Reichtum kommt dem eigenen Volke nur selten zugute. Unsere gesamte Entwicklungspolitik hat wenig Nachhaltigkeit und ist mehr Augenwischerei. Billig-Importe aus der EU zum schwarzen Kontinent vernichten die dortige heimische schwache Produktion. Der IWF, den ich für eine Verbrecherorganisation halte, zwingt souveräne Staaten in den Schuldturm. Die Realität sieht so aus, dass sich tatsächlich keine Sau wirklich für Afrika interessiert. Wo war die Weltgemeinschaft beim Konflikt zwischen Hutu und Tutsi, der 1994 zum Völkermord in Ruanda führte?
Wo war die Weltgemeinschaft während der Kriege im Kongo? Was bedeuten schon Millionen tote Afrikaner. Dass vor 22 Jahren im Niedersachsenstadion zu Hannover der amtierende Weltmeister sein Testspiel gegen Irland verlor – und die schlechte Form bis zur WM in den USA rettete, das wissen wir aber noch alle. Afrika war weit, und ein Massaker mehr oder weniger ging uns doch am Arsch vorbei. Nur Probleme, die man Jahrzehnte ausgeblendet hat, sind deshalb nicht vom Tisch! Und nun schwappen sie über das Mittelmeer herüber zu uns.
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Afrika braucht die Revolution seiner Eliten!
Einige sagen, wir müssen den Flüchtlingen hier eine Perspektive bieten. Die heutigen europäischen Politiker sind ja noch nicht mal in der Lage uns Europäern eine Perspektive zu bieten. Harz IV auf Lebenszeit ist nun mal keine Perspektive. Millionen arbeitslose Jugendliche warten auf Antworten. Das Einzige was immer funktioniert, sind nun mal Diätenerhöhungen und Pöstchengeschacher für Familienangehörige. Da seid Ihr auch nicht besser liebe "Volksvertreter", als eure Kollegen in Afrika!
Viele afrikanische Länder sind heute instabil. Deswegen ist es extrem schwer, langfristig dort zu investieren. Terror und Verbrechen verscheuchen die dringend benötigten Touristen. Und die, die investieren haben meist nur eigene Interessen (Land-Grabbing)! Hätten wir eine Weltgemeinschaft, die diesen Namen verdient, wären die Probleme lösbar. Aber wir sind ja nicht mal in der Lage, unsere eigenen Probleme zu lösen. In erster Linie müssten die Afrikaner ihre eigene Misere mal selber angehen. Überbevölkerung durch Aufklärung abbauen, Bildung zulassen (Boko Haram), Investoren ins Land lassen, die Arbeitsplätze schaffen und Eigeninitiative entwickeln. Es gibt viele hochbegabte, intelligente und sozial eingestellte Afrikaner! Diese und ihre Projekte sollten wir fördern, anstatt korrupten sogenannten Eliten in den Allerwertesten zu kriechen. Doch dazu gehört menschlich Größe und die ist nun mal dünn gesät.
Wer in der afrikanischen Wüste nachts in den Himmel sieht, findet die Sterne zum greifen nah! So klar und wunderschön erscheinen sie sonst nirgends. Afrika hat eine Chance verdient!