Wessen ist sich unser Bewusstsein bewusst?

Wenn wir uns allerdings unseres Bewusstseins bewusst zu werden versuchen, neigt es dazu, sich zu verdünnisieren. Wir können es zum Beispiel nicht verorten. Es hat keinen zuverlässigen Platz. Mal befindet es sich in unseren Fingerspitzen, mal in unserem Bauch, mal auf unserer Zunge. Eigentlich ist es völlig ungebunden und kann jeden ihm genehmen Platz einnehmen. Es ist nicht einmal an unseren Körper gebunden. Oder wo befindet sich dein Bewusstsein, wenn du diesen Text liest?

Ist das Bewusstsein also identisch mit Aufmerksamkeit? Nichts als eine Art Scheinwerfer, den wir mal auf dieses, mal auf jenes richten? Oder eine Taschenlampe, mit der wir durch das Dunkel der Welt spazieren, um mit ihr zu erkunden, was uns neugierig macht? Könnte man dann das Bewusstsein auch wie eine Taschenlampe an- und ausschalten? Aber wer schaltet da an und aus? Unser Selbst sein Bewusstein? Das Bewusstsein sich selbst?

Gemeinhin gehen wir auch davon aus, dass unser Bewusstsein etwas Persönliches ist. Dass wir uns nicht das Bewusstsein unseres Nachbarn ausborgen können, wenn wir unseres mal verlegt haben. Dass unser Bewusstsein mit dem verbunden ist, was wir etwas unscharf unser Selbst nennen. Dass wir bei Bewusstsein sein müssen, um unser Ich zu spüren.

Wesentliche Funktionen in uns können wir uns gar nicht bewusst machen

Auf der anderen Seite machen wir immer wieder die Erfahrung, dass es erstaunlich viele Dinge in unserem Leben gibt, bei denen wir ohne Bewusstsein auskommen. Unser Bewegungsapparat zum Beispiel funktioniert weitgehend automatisch. Die meisten Bewegungsfunktionen erledigen wir, ohne dafür das Bewusstsein bemühen zu müssen. Zum Beispiel das Tippen auf dem Keyboard. Je schneller wir sind, desto bewusstloser. Funken wir unserem Bewegungsapparat mit unserem Bewusstsein dazwischen, machen wir Schreibfehler oder kommen ins Stolpern.

Auch unsere Sinne nehmen ohne die Unterstützung unseres Bewusstseins wahr. Unsere Emotionen würden sich bedanken, wenn sie solange warten müssten, bis das Bewusstsein reagiert. Weil sie um ein Vielfaches schneller sind und ohne den Prokrastinator Bewusstsein bestens auskommen. Auch unsere Körperfunktionen würden heillos durcheinander geraten, wenn sie auf unser Bewusstsein angewiesen wären.

Vielmehr haben die im Bauchraum versammelten Organe offensichtlich ein von unserem Bewusstsein unabhängiges Nervenzentrum, mit dem sie ihre Aktivitäten nach eigenem volonté begleiten. Auch die Hormone, die in unser Wesen so nachhaltig eingreifen können, haben offensichtlich ihr eigenes Bewusstsein. Jedenfalls machen sie sich von Hypophyse, Darmzotten oder Schilddrüse aus auf den Weg, ohne bei unserem uns bewussten Bewusstsein gross nachzufragen.

Bei genauem Hinsehen stellen wir mit einigem Erstaunen fest, dass wir weitgehend unter Ausschluss unseres Bewusstseins funktionieren. So gut, dass wir uns ernsthaft fragen müssen, wozu benötigen wir überhaupt ein Bewusstsein?

 

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