Berufliche Stärken und Schwächen autistischer Menschen

Menschen mit autistischem Hintergrund sind durchaus in der Lage, in den von ihnen ergriffenen Berufen erfolgreich zu sein (Microsoft-Gründer Bill Gates und Kultregisseur Steven Spielberg dürften die prominentesten Vertreter dieser Gruppe sein). Tatsache ist aber auch, dass zahlreiche Autisten auf Grund ihrer angeborenen Besonderheit in der heutigen Arbeitswelt an den hohen Anforderungen an die soziale Kompetenz, an die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie an das Durchsetzungsvermögen scheitern und kaum eine geeignete Stelle finden (https://pagewizz.com/kleine-brotchen-backen-buchvorstellung-38191/). Für viele stellt bereits das Vorstellungsgespräch eine unüberwindliche Hürde dar. Im Berufsleben sind Autisten mit dem Asperger-Syndrom zudem in besonderem Maße Mobbing ausgesetzt, da sie sich scheuen, Vorgesetzte und Kollegen über ihr Anderssein aufzuklären. Oft wissen die Betroffenen selbst nicht, dass sie autistisch veranlagt sind. Dies führt letztlich wiederum in die Arbeitslosigkeit mit den oben genannten Folgen.

Autisten sind somit in der Regel in besonderem Maße auf die Hilfe der Arbeitsagenturen und anderer Jobvermittler angewiesen. Die Autismus-Forschungs-Kooperation in Berlin (AFK), ein Zusammenschluss von autistischen Menschen und Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Freien Universität Berlin, hat deshalb im Rahmen einer Studie untersucht, ob die spezifischen Stärken und Schwächen von autistischen Menschen bei der Berufsberatung und der Arbeitsvermittlung angemessene Berücksichtigung finden.

 

AFK-Studie über das Wissen und die Vorurteile über Autismus in Jobcentern

Rund sechzig Mitarbeiter aus Berliner Jobcentern wurden per Fragebogen nach ihrem Wissen über die Stärken und Schwächen von Autisten befragt. Zudem sollten sie über ihre persönliche Einstellung gegenüber autistischen Menschen Auskunft geben. Als Referenzgruppe nahmen zwanzig Psychiater und Psychologen an der Studie Teil. Die Auswertung der Fragebögen ergab:

 

  • Die Erscheinungsbilder des Autismus und seiner Symptome sind den Mitarbeitern in Jobcentern nahezu unbekannt. Dazu gehört zum Beispiel die für Autisten typische Schwierigkeit, mit anderen Menschen in soziale Interaktion zu treten beziehungsweise mit ihnen zu kommunizieren (Sozialverhalten), das Vermeiden von Blick- und Körperkontakt mit dem Gesprächspartner sowie Probleme mit der nonverbalen Kommunikation (Gestik, Mimik).

 

  • Die Arbeitsvermittler wissen kaum über die besonderen Stärken autistischer Menschen Bescheid. Es ist ihnen unbekannt, dass Autisten meist über ein gut ausgeprägtes logisches Denkvermögen verfügen und sich auf ihren Spezialgebieten durch eine außergewöhnliche Sachkenntnis, durch eine ausgezeichnete Merkfähigkeit oder andere beeindruckende Begabungen auszeichnen.

 

  • Die meisten Jobcenter-Mitarbeiter begegnen autistischen Menschen mit Vorurteilen. Sie wissen nicht, dass die meisten Autisten normale bis überdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten besitzen und durchaus Gefühle für andere Menschen (Empathie) entwickeln.

 

  • Arbeitsvermittler schätzten die Häufigkeit von Autismus in der Bevölkerung mit 1 zu 4000 deutlich zu niedrig ein. Neueste Studien gehen von einer Prävalenzrate von mindestens einem Prozent aus.

 

  • Die Mitarbeiter in Jobcentern sind nach eigenem Bekunden gegenüber autistischen Menschen nicht weniger tolerant und mitfühlend als die ebenfalls befragten Psychologen und Psychiater.

 

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass mit zunehmendem Wissensstand über das komplexe Phänomen Autismus die Vorurteile gegenüber autistischen Menschen abnehmen. Da sich die Jobcenter-Mitarbeiter selbst ein hohes Maß an Toleranz und Veränderungsbereitschaft attestieren, könnte eine verstärkte Aufklärung über Autismus langfristig zu einer positiveren und realistischeren Bewertung von autistischen Menschen und ihren Fähigkeiten in der Arbeitswelt führen. Dies ist umso mehr von Bedeutung, da auf Grund verbesserter Diagnoseverfahren seit einigen Jahren eine ständig steigende Zahl von Personen positiv diagnostiziert wird. Nach neuesten Schätzungen kann davon ausgegangen werden, dass mehr als 1 Prozent der Bevölkerung von einer Form des Autismus betroffen ist. Das sind deutlich mehr, als bisher vermutet wurde.

Als Handreichung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jobcenter oder in anderen Arbeitsvermittlungen hat die AFK das Informations-Faltblatt "Autisten im Jobcenter – Stolpersteine und Chancen der Jobvermittlung für Menschen mit Autismus" herausgegeben (Autisten im Jobcenter). In diesem Flyer wird auf die besonderen Bedürfnisse autistischer Menschen bei der Arbeitssuche aufmerksam gemacht.

 

Quellen:

  • "Wissen und Vorurteile über Autismus im Jobcenter: Eine erste Studie der Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK)", in: 2. Wissenschaftliche Tagung Autismus-Spektrum, Tagungsband, 2008, S. 62, ISBN 978-3-87985-102-7
  • Theunissen, Kulig, Leuchte, Paetz (Hrsg.): Handlexikon Autismus-Spektrum. Verlag W. Kohlhammer, 2015

 Bildnachweis: © Stephanie Hofschlaeger/ pixelio.de

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