Quantität statt Qualität

So oder zumindest so ähnlich könnte der Leitspruch in punkto der Kommunikation aussehen, die viele Menschen heute führen. Wir führen eine Unterhaltung und merken aber im Verlauf des Gesprächs, dass wir immer unzufriedener, gelangweilter oder so gereizter werden. Im Innern macht sich der unbändige Wunsch breit das dieses Gespräch möglichst bald ein Ende findet und schließlich ertappt man sich auch noch dabei, dass man krampfhaft nach einer Ausrede sucht, um der Situation entfliehen zu können. Das Ergebnis einer schlechten Kinderstube? Bei Weitem nicht, sondern eher das Endergebnis einer schlechten Unterhaltung und der in Vergessenheit geratenen Fähigkeit wirklich zuhören zu können ohne das Bedürfnis zu haben den andern übertrumpfen zu müssen.

 

Ein Gespräch verfehlt in der heutigen schnellen Zeit häufig seine eigentliche Wirkung. Ist es eigentlich der Sinn das man sich nach einem Gespräch energiegeladen, aufgeräumt oder sogar tief berührt fühlt überwiegen nach einer Unterhaltung häufig die negativen Gefühle. Denn fast schon zwanghaft ist man darauf bedacht den anderen zu übertrumpfen, verlieren uns in detaillierten Beschreibungen von Nichtigkeiten, ohne wirklich auf den Punkt zu kommen. Man könnte auch sagen, dass wir uns in einem Gespräch häufiger vergegnen statt begegnen.

Die Väter der Dialogidee

Hier kann man Platon, Sokrates aber auch Martin Buber erwähnen. Für Buber ist das Zwiegespräch eine echte Begegnung zwischen Menschen, die sich in Wahrheit zugewandt und frei vom Scheinwollen sind.Als ob diese Anforderung nicht schon schwierig genug zu erfüllen sei, geht Buber noch weiter. Denn an ein echtes Gespräch stellt Martin Buber weitere Anforderungen. Für ihn ist es essentiell wichtig das Werte wie Wertschätzung, Ehrlichkeit und echtes Interesse Pfeiler des Gesprächs sind.

Dialog und nicht Duell

Manch einer mag aufgrund der Talkshowmentalität vergessen haben, das es sich bei einem Dialog nicht um ein Duell, um ein Gefecht handelt. Denn leider haben wir uns diese Talkshowmanier schon viel zu sehr zu eigen gemacht. Während der Andere redet, sind wir statt mit zuhören meist schon damit beschäftigt eine Antwort zu kreieren, obwohl man in der Regel noch gar nicht weiß, was der Andere überhaupt sagen möchte.

 

Statt das wir Raum für andere Sichtweisen und neue Inspirationen lassen, verwenden wir unsere ganze Konzentration und Energie darauf eigene Statements, die wir uns zuvor natürlich schon zu recht gelegt haben, zu platzieren. Solange dieses Muster nicht durchbrochen ist, wird leider immer das Ziel bzw. der Dialog überhaupt verfehlt. Bestenfalls entwickelt sich ein Disput, bei dem jeder der Gesprächsteilnehmer darauf bedacht ist, möglichst gut dazustehen und die eigene Meinung bestmöglich zu vertreten.

Schubladendenken, Gift für einen lebendigen Dialog

Wie gerne nutzen wir sie doch, unsere imaginären Schubladen, in denen wir nur zu gerne Kollegen, Bekannte und auch fremde Personen einordnen. Genau dieser Vorgang wirkt wie ein Giftpfeil für ein echtes Gespräch, denn durch diesen wenn auch oftmals unbewussten Vorgang, nehme ich dem Gespräch schon viel Qualität, bevor es überhaupt begonnen hat. Viel zu schnell und viel zu oft fallen wir dem Gegenüber ins Wort, weil wir denken das wir wissen, was er sagen wollte oder weil wir unsere eigenen Ansichten für viel wichtiger erachten. Und schon beginnt der Kreislauf der Langeweile. Wir schalten innerlich ab, weil wir der Meinung sind, genau zu wissen, wie die Unterhaltung verlaufen wird.

 

...dem Gegenüber ein Ohr "schenken"

Zuhören, ein verkannter Wert

Ein Fehler, den wir sicherlich alle machen, wir konzentrieren uns viel zu oft aufs Reden selbst. Nichtreden, Stille wird von vielen hingegen nicht beachtet oder sogar als unangenehm empfunden. So unangenehm das man manchen Gegenüber damit verunsichern kann, einfach mal nichts zu sagen. Doch hier soll nicht die negative Seite beleuchtet werden, sondern die kreative Kraft die das Zuhören birgt.

 

Denken wir nur einmal an ein Werk von Michael Ende. In seinem Buch "Momo" hat er sich wie kein anderer der Kraft des "Zuhörens" gewidmet. Denn zuhören das konnte das kleine Mädchen mit den großen dunklen Augen wie kein Zweiter.

 

Doch wer so zuhören will wie Momo der benötigt vor allem Zeit und Geduld. Beides kostbare Dinge, die in unserer hektischen Zeit leider zur Mangelware avanciert sind. Vielleicht auch grade ein Grund für den Boom von Therapie- und Behandlungsangeboten. Zwar gibt es sicher Dinge die bei einem Therapeuten besser aufgehoben sind. Doch gäbe es mehr Menschen, mit denen noch echte Kommunikation möglich ist, die sich vom Zauber des Gesprächs tragen lassen können, währe manche Coachingsitzung sicher unnötig.

Autor seit 13 Jahren
14 Seiten
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