Tabuthema aufblasbare Puppe

"The Times They Are a-Changin'", heißt es in einem der bekanntesten Bob-Dylan-Songs. Wie wahr! Noch vor wenigen Jahrzehnten war es für viele Menschen undenkbar, nicht mit spätestens Anfang 20 unter der Haube zu sein. Unverheiratete Frauen im besten oder fortgeschrittenen Alter wurden als "Jungfern" verspottet, die entweder zu hässlich oder zu dumm waren, einen Mann abzubekommen, über Männer wurde hingegen rasch getuschelt, dass sie schwul oder bekloppt wären.

Heute leben alleine in München rund ein Drittel aller Erwachsenen in einem Single-Haushalt. "Glücklich", wie wohl die meisten auf Nachfrage angeben würden. Ob dies den Tatsachen entspricht, sei dahingestellt. Nicht wenige trösten sich gegen die Einsamkeit in den eigenen vier Wänden mit einer aufblasbaren Puppe hinweg. Auf den ersten Blick mag alleine die Vorstellung albern oder gar pervers klingen. Denn: Wer, außer einem Perversen, legt sich schon eine aufblasbare Puppe zu und stillt an ihr seine - oder ihre, ja, auch diese Variante gibt es - unbefriedigten Gelüste?

Freilich wird hierbei eine soziale Komponente übersehen. Was vielen Kindern ihr Teddy oder ihre Lieblingspuppe, ist so manchem Erwachsenen seine aufblasbare Puppe. Abgesehen in Schmuddelsendungen oder Talkshows, bei denen rhetorisch unbedarfte Gäste von geschulten Moderatoren regelrecht vorgeführt werden, kommen diese Leute praktisch nie zu Wort. Kein Wunder also, dass die auflblasbare Puppe als Partnerersatz, Freund oder Freundin zu den letzten Tabuthemen unserer Gesellschaft zählt.

Psychotherapeutin Dr. Doll

Natürlich scheint es zunächst völlig einleuchtend anzunehmen, eine solche aufblasbare Puppe werde nur zu einem einzigen Zweck gekauft. Befasst man sich mit diesem gesellschaftlichen Tabuthema etwas näher, stellt man aber eine ganz andere Seite an ihm fest: Es sind beileibe nicht klischeehaft überzeichnete dicke, verschwitzte, ekelhafte Männer um die 50, die sich derlei "Spielgefährtinnen" kaufen. Vielmehr zählen auch "normale" Menschen zu den potenziellen Käufern, und zwar sogar beiderlei Geschlechts! Wie ist das möglich?

Keinesfalls soll der Eindruck erweckt werden, eine aufblasbare Puppe würde nicht auch der sexuellen Komponenten wegen gekauft werden. Dies aber als alleinige Erklärung anzuführen greift jedoch zu kurz. Menschen haben Geheimnisse, die sie teilen möchten ohne Angst vor Demütigungen haben zu müssen. Und ebenso müssen sie von Zeit zu Zeit ihren Frust von der Seele reden. Natürlich können sie ihre Probleme, Sorgen und Ängste auch der Tapete mitteilen. Befreiender ist es aber, sich bei einem Mitmenschen aussprechen zu können.

Und wenn nun aber keiner zur Verfügung steht bzw. stehen will (Wer kennt diese Worte nicht: "Ich möchte das gar nicht wissen!")?

Manchmal bleibt selbst für attraktive, voll im Leben stehende Menschen nur noch ein virtueller Partner, eben die aufblasbare Puppe. Ihr kann man das Herz ausschütten und sich zumindest der optischen Illusion hingeben, sich einem Menschen mitgeteilt zu haben.

So lächerlich dies klingen mag: Eine aufblasbare Puppe kann als eine Art Psychotherapeut dienen! Schließlich genügt es vielen Menschen, ihr Herz auszuschütten, ohne irgendwelche Ratschläge zu erhalten. Dennoch benötigen sie den Anschein, dass ihr Gegenüber ein Mensch ist.

Bestimmt mag der eine oder andere Leser einwenden, dass eine aufblasbare Puppe Zeichen akuter Einsamkeit sei und der Besitzer unbedingt "echte" soziale Kontakte knüpfen oder suchen solle. Hierbei wird jedoch eines übersehen: Jeder Mensch tickt anders. Während der eine ein richtiger Partylöwe ist und in jeder Gesellschaft sofort im Mittelpunkt steht, bringt der andere kein Wort heraus, wenn ihn jemand bloß um die Uhrzeit fragt. Mit derselben Begründung könnte man auch Tierbesitzern unterstellen, sie würden sich von ihren Mitmenschen abnabeln, was in den meisten Fällen natürlich nicht der Fall ist.

Manche Besitzer einer aufblasbaren Puppe berichten sogar von einem befreienden Gefühl. Denn ihr Gefährte aus Latex, PVC oder sonstigen Kunststoffen habe ihnen über die Einsamkeit hinweggeholfen, sodass sie wieder frei für richtige Kontakte zu Menschen seien.

Lars und die Frauen

In der 2007 produzierten Komödie "Lars und die Frauen" mit Ryan Gosling in der Hauptrolle wird das Thema zumindest angeschnitten. Der schüchterne Lars kauft sich im Internet eine lebensechte Gummipuppe und behandelt sie fortan wie eine echte Lebensgefährtin, was seiner Familie und seinen Freunden natürlich Sorgen bereitet... kein großer oder gar berührender, aber ein unterhaltsamer Film.

Partygag aufblasbare Puppe

Natürlich kann eine auflbasbare Puppe auch als harmloser Partygag dienen, wobei man gerade die ganz billigen Produkte wirklich nur als das betrachten soll: Reine Partygags zum Gaudium einer feucht-fröhlichen Gästerunde. Inbesondere ein Junggesellenabend bietet sich für den Einsatz einer auflbasbaren Puppe an und vermeidet Ärger am Morgen danach...

Bitte mehr Toleranz und Verständnis!

Lassen Sie mich diesen kurzen Ausflug in ein für viele Leser vermutlich exotisches Land mit einer oft gedroschenen und deshalb leider oft augenrollend rezipierten Bitte abschließen, nämlich jener nach Toleranz und Verständnis. Man muss seine Mitmenschen nicht verstehen oder ihre Motive und Handlungen toll finden. Gerade die Liebhaber und Freunde einer aufblasbaren Puppe zählen aber zu einer vermeintlichen Randgruppe, über die ungehemmt Häme und Schande geschüttet wird, obwohl sie niemandem etwas zu Leide tun. 

Aufblasbare Puppe bei Amazon oder eBay erwerben

Ein Tipp: Falls Sie eine aufblasbare Puppe oder ähnliche Artikel erwerben möchten, aber den Gang in einschlägige Geschäfte scheuen, kann ich Ihnen den Online-Händler Amazon wärmstens empfehlen! Ihre Bestellung bei Amazon wird diskret behandelt und die Lieferung erfolgt rasch und in neutraler Verpackung.

Natürlich werden auch bei eBay aufblasbare Puppen angeboten. Allerdings dürfte es nicht jedermanns Sache sein, einen möglicherweise bereits, nun ja, gebrauchten Artikel zu erstehen...

Nikakoi, am 11.10.2012
4 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Autor seit 11 Jahren
59 Seiten
Laden ...
Fehler!