Krista Birkner, Swetlana Schönfeld ...

Krista Birkner, Swetlana Schönfeld, Luca Schaub, Matthias Mosbach, Karla Sengteller, Axel Werner, Antonia Bill (Bild: © Monika Rittershaus)

Hingerissen von der eigenen Schönheit

Zunächst taucht Églé (Karla Sengteller) auf, sie schaut in einen Bach und ist hingerissen von ihrem eigenen Gesicht. Wie ein Kind, das plötzlich neues Spielzeug bekommen hat, ist sie fasziniert von der sich ihr eröffnenden Welt. Als sie sich in einem richtigen Spiegel betrachtet, gerät sie in Ekstase ob der eigenen Schönheit – kein Wunder, hat sie doch bislang als Vergleich nur die beiden ausgeleierten, verhärmten Diener Mesrou und Carise vor sich gehabt. Die Lakaien (Alexander Werner, Swetlana Schönfeld) haben bei Marivaux eine schwarze Hautfarbe, aber Jutta Ferbers lässt sie lediglich in schwarzen Gewändern auftreten, wohl um ihrem Haus eine unnötige Blackfacing-Debatte zu ersparen. Nach einigen Augenblicken ungetrübten Selbstgenusses erscheint Azor, der nach Aufhebung seiner Isolation bei ihrem Anblick sogleich entbrennt und ein göttliches Halbwesen zu entdecken glaubt. Das ist ein Taumel der Unschuld, losgelöster Unbefangenheit, glühend und scheinbar für die Ewigkeit gemacht - weil beide nichts anderes kennen.

 

Swetlana Schönfeld, Luca Schaub, Antonia Bill

© Monika Rittershaus

 

Ein Gefühlswirrwarr entsteht

Irgendwann treffen Églé und Adine (Antonia Bill) aufeinander und warten auf Anbetung. Aber die Frauen versagen ihre Komplimente, da sich beide in der Strahlkraft ihrer Schönheit für einzigartig halten. Es entfaltet sich eine Eitelkeitsrivalität, die zu einem ausgemachten Zickenkrieg anschwillt. Als auch noch Mesrin (Luca Schaub) hinzutritt, der Geliebte von Adine, entsteht ein Gefühldurcheinander intensiver Art: Églé findet Mesrin einen Zacken schärfer als Azor und möchte in einem Radikalentschluss, der vom Unterbewusstsein gesteuert und von Egoismus gespeist ist, den Mann austauschen. Die logische Konsequenz ist ein Partnertausch, inklusive Ränke und Paarverquengelungen. Die Regisseurin Jutta Ferbers macht hier aus einem Experiment mit (noch) lebensuntauglichen Probanden ein Sandkastenspiel. Die unreifen Versuchsobjekte haben noch nicht gelernt, dass zur Liebe auch Verantwortung, Stabilität und ein so altmodisches Wort wie Treue gehören. Es bleibt ein überhitztes Gefühlsbeben.

 

Luca Schaub, Karla Sengteller, Matthias Mosbach

© Monika Rittershaus

 

Humor mit angezogener Handbremse

Die Bühne (Maria-Elena Amos) gleicht einer Märchenlandschaft mit einem blau-glühenden Bach, der am Rand der Spielfläche mäandert, und einem Phantasiebaum im Hintergrund. In der Mitte liegen steinerne Plattformen, auf der sich kleine Gesteinsplatten stapeln. Fast könnte man an eine biblische Frühwelt, an ein Elysium denken, allerdings fehlen die paradiesischen Zustände. Die Figuren kommen und gehen aus einer turmartigen Erhebung, die mit einladenden Treppen versehen ist. So sehr auch die Bühne eine der Natur zugewandte, gleichsam mythische Welt suggeriert – all das wird konterkariert durch die naive Gefühlsentdeckungslust und das Versinken in den kruden Alltag: Die Schauspieler machen nicht gerade Luftsprünge. Die Darstellung ist flüssig, aber nicht spritzig; sie ist ansehnlich, aber nicht elektrisierend. Jutta Ferbers ist bei dieser Komödie auf halbem Weg stehengeblieben, will sagen: Sie hat die Komödie nicht auf die Spitze getrieben und nur für verhaltene Lacher gesorgt, also einen Humor mit angezogener Handbremse geliefert. Als adlige Dame kann Krista Birkner überzeugen, die ihre Rolle passend affektiert und mit übertriebener Anmut und Noblesse hinlegt. Sie ist es auch, die aufgrund des kompletten Scheiterns der Frauen das Experiment abbricht. Akzeptiert wird lediglich ein junges Paar, das, ebenfalls der Abschirmung entronnen, nur Augen für sich selbst hat und darüber hinaus keine weiteren Gefühle entwickelt. Diese junge Liebe wird in Ehren gehalten. Sie ist so innig und unbelastet, dass sie angesichts der Sprunghaftigkeit der meisten Menschen schon wieder etwas spießig wirkt.

Der Streit

von Pierre Carlet de Marivaux

Deutsch von Peter Stein

Regie: Jutta Ferbers, Bühne und Kostüme: Maria-Elena Amos, Musik: Tobis Schwencke, Licht: Ulrich Eh.

Es spielen: Krista Birkner, Jörg Thieme, Antonia Bill, Karla Sengteller, Matthias Mosbach, Luca Schaub, Marvin Schulze, Nadine Kiesewalter, Swetlana Schönfeld, Axel Werner.

Berliner Ensemble

Premiere: 21. November 2014

Dauer : 90 Minuten, keine Pause.

© Monika Rittershaus

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