Ein wenig Theorie

In aller Kürze und ohne viel physikalischen Ballast: Auf jedem Foto gibt es eine Stelle mit der größten Schärfe; entscheidenden Einfluss darauf haben zwei Faktoren: 

  • das Objektiv
  • die Blende.

Bei einer Landschaftsaufnahme wollen Sie möglichst viel Landschaft aufs Bild bannen. Der Blickwinkel muss weit sein, und die Schärfe soll weit ins Bild hinein reichen – vom Vordergrund bis ganz nach hinten zum Horizont, in den Hintergrund. Hierfür sind Weitwinkelobjektive geeignet, sie zeichnen über sämtliche Bereiche des Bildes scharf und machen Ihnen als Fotograf das Leben leicht.

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Mehr Fotos des schnuffeligen Ford-Oldtimers finden Sie hier »» (Bild: https://pagewizz.com/augen-...)

Weitwinkelobjektiv für große Schärfentiefe

Für Weitwinkelaufnahmen gilt eine Einschränkung: Auf Landschaftsaufnahmen beispielsweise scheinen sämtliche Gegenstände dieselbe Bedeutung zu haben. Einzig über den Bildausschnitt lässt sich steuern, wohin der Blick des Betrachters und mit ihm die Aufmerksamkeit gehen soll. Das ändert sich, sobald Sie Objektive mit einem immer engeren Abbildungswinkel wählen, die sogenannten Teleobjektive.

Erste Beispiele für wachsende Schärfentiefe – und zunehmender Belichtungszeit (AV)

Als Beispiel soll ein Beispiel aus meinem Büroalltag dienen. Am Ende eines Arbeitstages ist der Schreibtisch unaufgeräumt. 

Scharfgestellt (fokussiert) habe ich auf die Orchidee im Vordergrund. Schritt für Schritt, von Aufnahme zu Aufnahme, schließe ich die Blende – die Blendenzahl wächst, der Bereich der Schärfentiefe nimmt zu. Das heißt: Mehr und mehr Bereiche des Bildes hinter dem eigentlich fokussierten Motiv, der Orchidee, treten deutlicher hervor. Als erstes das Objektiv (achten Sie auf den Schriftzug "Canon"), danach das Telefon, und schließlich kann man allmählich den Titel des Buches erkennen – bei Blende 36.

Bei meiner Kamera (einen Canon EOS 700D) habe ich die AV-Automatik eingestellt; die Kamera wählt also die aus ihrer Sicht korrekte Belichtungszeit. Auch den Weißabgleich habe ich auf Automatik gestellt, ISO 200.

Wie man schön erkennen kann, "zeichnet" die Canon insgesamt etwas zu dunkel. Für dieses Beispiel war mir eine ausgleichende Einstellung nicht so wichtig; ansonsten berücksichtige ich das natürlich durch die entsprechende Korrektur.

Blende 6,3. ISO 200. Brennweite 85 mm. Belichtung 1/5 (Bild: © sämtliche Fotos: johannes flörsch)

Teleobjektive für eine Schärfentiefe, die nicht so weit reicht

Stellen Sie sich vor, Sie breiten die Arme aus – dann haben Sie einen Weitwinkel. Je mehr Sie die Arme jedoch zur Mitte hin zusammenführen, desto enger wird der Bereich zwischen ihnen, und es entsteht, sehr bildhaft ausgedrückt, so etwas wie eine lange optische Röhre; diese "Röhre" wird durch ein Teleobjektiv imitiert.

Der Schärfepunkt ist jener kleine Bereich im Bild, der absolut scharf ist, der sogenannte Fokuspunkt – die Schärfentiefe beschreibt den scharf gestellten Bereich vor und hinter diesem Schärfepunkt.

Fortsetzung: wachsende Schärfentiefe, zunehmende Belichtungsdauer

Blende 13. ISO 200. Brennweite 85 mm. Belichtung 0,6

Offene Blende für geringe Schärfentiefe

Die Blendenöffnung Ihrer Kamera wird in Zahlen angegeben. Leider verwirrt der Zusammenhang zwischen den Blendenzahlen sehr leicht. Auch hier ganz ohne physikalische Theorie: Eine kleine (Blenden-)Zahl bedeutet viel Licht, eine große Zahl wenig Licht.

Blende 4 fängt mehr Licht ein als Blende 13, denn Blende 4 bedeutet, dass die Öffnung im Objektiv größer ist als bei Blende 13. Und eine größere Öffnung bedeutet vereinfacht gesagt, dass dieses Objektiv mehr Licht einfängt. Genauer: Es fängt mehr Streulicht ein, was eine geringere Schärfentiefe zur Folge hat.

Kleine, geschlossene Blende für eine hohe Schärfentiefe

Wenn Sie hingegen die Blendenöffnung schließen (die Blendenzahl also erhöhen), verringert sich der Einfall des Streulichts. Dadurch steigt der Eindruck beim Betrachter, das Bild sei besonders scharf.

Genau diesen Effekt können Sie sich zunutze machen für die sogenannte "Unschärfefreistellung" – für Motive, die durch Scharfstellung aus ihrer Umgebung wie herausgelöst erscheinen, weil alles andere im Vordergrund oder im Hintergrund unscharf wirkt. Wie erreichen Sie das?

Anfangs werden Sie wohl etwas experimentieren und ausprobieren müssen. Wählen Sie ein einfaches Motiv, zum Beispiel eine Kerze auf einem Tisch in Ihrem Wohnzimmer. Benutzen Sie nach Möglichkeit ein Stativ, damit Sie a) verwacklungsfreie Aufnahmen erhalten und b) immer denselben Ausschnitt und aus derselben Entfernung fotografieren.

Falls Sie die Einstellungen Ihrer Kamera manuell verändern können, stellen Sie sie auf Zeitautomatik ein (AV für den englischen Fachbegriff Aperture Value), und fokussieren Sie die Kerze auf dem Tisch. Verändern Sie nun von Aufnahme zu Aufnahme die Blendenöffnung. Sie werden sofort und unmittelbar den Effekt erkennen können: Mit wachsender Blendenzahl (von Blende 9 über 11, 13, 16 usw.) nimmt der scharfe Bereich um die fokussierte Kerze zu.

Ein wunderbarer Effekt, um die Aufmerksamkeit des Betrachters gezielt auf einzelne Bereiche im Foto zu lenken!

Bis Blende 36: wachsende Schärfentiefe, zunehmende Belichtungsdauer

Blende 25. ISO 200. Brennweite 85 mm. Belichtung 3,2

jofl, am 10.07.2015
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Bildquelle:
Lisa Stadler (Fotobuch und Fotokalender gestalten)

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