Das Wüten der Pest und des Aberglaubens entvölkern Europa

England anno 1348: Die Pest hält auch die britischen Inseln fest in ihren Klauen und rafft ganze Landstriche dahin. Inmitten des Grauens scheint es jedoch ein Dorf zu geben, das vom Schwarzen Tod völlig verschont geblieben ist. Hartnäckig verbreiten sich deshalb die Gerüchte über Hexerei, satanische Rituale und Totenbeschwörung in dem kleinen Dorf. Auf Bitte des Bischofs soll Ulric (Sean Bean) mit seinen schlagkräftigen Männern dem blasphemischen Treiben ein Ende setzen und den angeblich in der Ansiedlung praktizierenden Nekromanten ausfindig machen und ihn der Kirche überantworten.

Der junge Novize Osmund (Eddie Redmayne) bietet sich bereitwillig als Führer zu besagtem Dorf an. Nicht ohne Hintergedanken: Tatsächlich hält sich seine heimliche Geliebte Averill (Kimberley Nixon) in den Wäldern nahe des Ortes versteckt und Osmund hofft, sie auf diese Weise erneut sehen zu können. Doch die Reise erweist sich als beschwerlich und voller Gefahren. Selbst vor Ulrics Männern macht die Pest nicht Halt und ruchlose Räuberbanden überfallen die Ritter. Schließlich erreicht der kleine Truppe ihr Ziel doch noch und findet ein wahres Idyll vor: Sämtliche Dorfbewohner wurden von der tödlichen Krankheit verschont und leben ein offenbar beschauliches Dasein unter Anleitung der attraktiven Langiva (Clarice van Houten). Aber hinter der Kulisse verbirgt sich ein dunkles Geheimnis …

Düsterer Horrorthriller "Black Death"

Mit auf Hochglanz polierten Mittelalter-Produktionen der Kategorie "Königreich der Himmel" hat "Black Death" nichts am Hut. Der in Sachsen-Anhalt gedrehte, knapp hundert Minuten lange Film wirft sämtliche cineastische Klischees über Bord und zeigt ein Mittelalter, wie man es bislang höchstens in "Der Name der Rose" oder der Monty-Python-Parodie "Ritter der Kokosnuss" gesehen hat: Dreckig, unbarmherzig, moralisch verlogen.

Von Beginn an setzt der englische Regisseur Christopher Smith auf den brachialen Schmuddel-Look, den er mit Erdfarben noch zusätzlich betont. Helle, freundliche Farben sind in "Black Death" hingegen verpönt. Dem entworfenen Bild passen sich die Landschaften hervorragend an: Bedrohlich ragen die dunklen Wälder auf, Wolkenbänder ziehen sich über den Horizont und über den Mooren, hinter denen das geheimnisumwitterte Dorf der von der Pest Verschonten liegt, wabern dichte Nebelschwaden.

Tödlicher Glaube und Aberglaube

Ebenso düster wie die Landschaften werden die Charaktere gezeichnet. In dieser Welt gibt es keine Unschuld, keine Gnade, keine Gerechtigkeit. Erbarmungslos wird das Volk entweder von der Pest dahingerafft oder zwischen Glaube und Aberglaube aufgerieben. Selbst dem jungen Novizen Osmund – wunderbar naiv von Gelegenheits-Model Eddie Redmayne verkörpert – sind dunkle Gedanken wie Rachsucht nicht fremd. Den formellen Protagonisten stellt Sean Bean (bekannt als Boromir aus der "Herr der Ringe"-Trilogie) dar. Sein Ulric ist zwar Ritter, hat mit den edlen Recken aus Minnesang und vielen Epen jedoch rein gar nichts gemeinsam. Stur folgt er seinem Auftrag, ohne diesen jemals in Frage zu stellen oder anzuzweifeln. Den Willen des Herrn mittels Grausamkeit, Folter und Mord zu erfüllen, steht für ihn in keinerlei Widerspruch zum Gebot der Nächstenliebe. Dies beweist Ulric in einer Szene, in der er eine vermeintliche Hexe vom Scheiterhaufen losbindet und ihr hernach ohne Vorwarnung die Kehle durchschneidet.

"Black Death" bietet weder leichte Unterhaltung, noch einfache Antworten auf komplexe Fragen. Ob Aberglaube schlimmer als der "wahre Glaube" ist, bleibt schlussendlich ungeklärt und der Interpretation des Zuschauers überlassen.

Eine überraschende Plotwendung verkehrt Teile der Handlung ins Gegenteil und fügt dem ohnehin bereits ungemein düsteren Film eine weitere Schicht an emotionaler Dunkelheit hinzu.

Spannung abseits ausgetretener Mainstreampfade

Mit "Black Death" ist Christopher Smith ein packender Mittelalterthriller gelungen, der gewiss nicht jedem gefallen wird. Von Kevin Costners romantischem "Robin Hood" ist die deutsch-britische Co-Produktion Lichtjahre entfernt. Und genau dies ist größte Stärke des vorzüglichen Dramas: Indem Erwartungen konsequent nicht erfüllt werden, bleibt das Werk bis zur letzten Sekunde spannend. Selbst "Schurken" fällt auch schon mal ein Jota Mitleid zu und Langivas (Clarice van Houten) Ansprache an die Dorfbewohner regt zur Nachdenklichkeit an.

Fazit: "Black Death" entpuppt sich als ganz große, positive Überraschung des Kinojahrs 2010. Wer schwere Kost nicht scheut, blutigen Splattereffekten nicht abgeneigt ist und originelle Plots liebt, wird diesem Film nur allzu gerne den cineastischen Ritterschlag verleihen!

Nikakoi, am 04.12.2013
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