Buster Keaton als Indianer – „Lone Ranger“ von Gore Verbinski
Unter der Regie von „Fluch der Karibik“-Regisseur Gore Verbinski spielt Johnny Depp in dem Blockbuster-Western „Lone Ranger“ einen verrückten Indianer.Geister und Geschichte
"Lone Ranger" ist eine Art Geisterfilm ohne Übersinnliches. Und damit sind nicht nur die chinesischen Arbeiter gemeint, die sich aus Angst vor Geistern weigern, in einem Bergwerk zu arbeiten. Da ist der Indianer Tonto, der versucht, dem Lone Ranger einzureden, er wäre im Totenreich gewesen, deshalb ein Seelenwanderer und somit könnte er nicht sterben. Und derselbe Tonto hat sich als junger Indianer einen Fluch eingebildet, um weiterleben zu können, als er mit fürchterlichen Konsequenzen so dumm und naiv war, geld- und silbergierigen Weißen zu vertrauen. Tragisch sind die Indianer, die einen selbstmordartigen Kampf führen gegen die Übermacht der Armee mit ihren Maschinengewehren. Vorher hatte der Häuptling noch eine Vermittlung durch den Lone Ranger abgelehnt, da das keinen Sinn hätte, denn "sie seien schon tot". Gerade Letzteres ist ja ganz und gar nicht lustig, sondern grausame amerikanische Geschichte, aber dennoch hat der Film die richtige Methode, um dies in einen amüsanten Unterhaltungsfilm zu integrieren. Das Geisterhafte hält alles zusammen, sowohl in der Optik als auch im Inhalt. "Lone Ranger" arbeitet außerdem mit einem dazu passenden Humor des Understatement sowie mit Absurditäten und Bizarrem wie kaninchenfressenden Kaninchen. "Die Natur ist aus dem Gleichgewicht", stellt Tonto einmal fest. Es ist der unaufhaltsame Fortschritt, der wie ein Fluch zu wirken scheint.
Lone Ranger |
Western und Geschichte
"Lone Ranger" versucht also auf seine Art durchaus, der Geschichte gerecht zu werden. Im Kern wird eine wahre Story über die Eisenbahn, Siedler und die Ermordung der Indianer gezeigt. Aber der Western ist eben nicht nur Geschichte, sondern auch Geschichte im Sinne von Filmgeschichte. Und da bedient sich der Film überall, nicht nur beim berühmtesten aller Eisenbahnfilme, Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod". "Lone Ranger" ist sehr komisch und hat parodistische Stellen, z.B. wird die Figur des Lone Ranger mit seiner Maske ironisiert, dennoch ist es keine quietschvergnügte Parodie. "Lone Ranger" ist kein Bud-Spencer-Terence-Hill-Film. Auf der anderen Seite dürfen natürlich Anspielungen auf John Fords "Der schwarze Falke" nicht fehlen, der Western, in dem der Held in seine Schwägerin verliebt ist und in dem sich die romantisierende Art John Fords mit einer Darstellung von Rassismus und der düsteren Seite des amerikanischen Helden verband.
Viele Gemeinsamkeiten gibt es mit demythologisierenden Antiwestern wie Robert Altmans "Buffalo Bill und die Indianer". Es ist sicher kein Zufall, dass der indianermordende US-Offizier an General Custer erinnert. Die Armee schlachtet Indianer ab, weil sie von einem bösen Kapitalisten belogen wurden. Nicht Idealismus und Pioniergeist sind die Triebfedern der Eroberung des Westens durch den Weißen Mann, sondern ganz einfach Geld. Erzählt wird alles von einem alten Indianer aus einer Wild-West-Ausstellung. Das erinnert natürlich an Arthur Penns "Little Big Man", in dem ein alter Mann in einem Altersheim interviewt wird. Dass der alte Mann im Falle vom "Lone Ranger" ein (manchmal nur scheinbar) verrückter Indianer ist, erlaubt es dem Film, die vielen disparaten Elemente zu einer Einheit zu verbinden. Das ist seine Leistung: von der mehr als phantastischen und rasanten Zugverfolgung à la Buster Keatons Klassiker "Der General" bis zu der traurig-absurden Einsamkeit des alten Indianers, der im Anzug in die Weite des Monument Valleys und der amerikanischen Geschichte wandert und immer kleiner wird und verschwindet.
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