Überreste der Stadt Cahokia (Bild: jeffmgrandy / Flickr)

An der Spitze der Gesellschaft stand die Große Sonne

Ab dem Jahr 500 verschwand die "Hopewell-Kultur". Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Überall in den Flusstälern bildeten sich neue Gruppen mit wechselnden eigenen Ideen. Um das Jahr 700 setzte sich eine von ihnen als Führungsmacht durch: die Mississippi-Indianer, deren Bevölkerung durch den Anbau einer neuen, sehr ertragreichen Maissorte sehr schnell zunahm. Städtische Zentren entstanden. Um die Jahrtausendwende war ein großer Teil des Kontinents wieder durch Handel miteinander verknüpft. Sein Zentrum bildete eine Stadt, die dem heutigen St. Louis gegenüberlag: das mächtige Cahokia. Es war die bislang größte Stadtgemeinde in der Geschichte des Landes und fast 700 Jahre lang bewohnt.

Über Hundert große und kleine abgeflachte Pyramiden standen auf dem etwa dreizehn Quadratkilometer umfassenden Areal. Zudem gab es Wohnhäuser aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk. Während ihrer Blütezeit lebten möglicherweise über 10.000 Menschen innerhalb der Stadt und tausende mehr in den umliegenden Dörfern. Bauern, Fischer, Jäger und Händler versorgten Cahokia mit Nahrung und anderen Gütern. An der Spitze der Gesellschaft stand der absolute Herrscher, die "Große Sonne". Mit seinen Verwandten wohnte er auf der Plattform des größten Hügels der Stadt. Er hatte zehn Stockwerke und eine weitaus größere Grundfläche als jede andere Pyramide in Ägypten und Mexiko.

Im 16. Jahrhundert war Cahokia bereits eine Geisterstadt

Die Mississippi-Kultur dehnte ihren Einflussbereich immer weiter aus. Manchmal friedlich, manchmal mit Gewalt. Von Florida bis nach Texas entstanden große, prunkvolle Zentren der Tempelhügelbauer, die von gemeinsamen Ritualen und Bräuchen lose zusammengehalten wurden, bei denen ein starkes Brechmittel, der "Schwarze Trunk", eine Rolle spielte. Als die spanischen Eroberer im 16.Jahrhundert ins Land eindrangen, war das große städtische Zentrum bereits eine Geisterstadt. Die Gründe für den Untergang konnten nie geklärt werden. Vielleicht war es nicht mehr möglich, die stetig wachsende Bevölkerung zu ernähren, sodas sie sich eine neue Heimat suchen mussten. Aber auch ein Bürgerkrieg könnte die Ursache für den Untergang gewesen sein. Der tatsächliche Name der Stadt ist nicht überliefert. Sie wurde nach dem Indianerstamm der Cahokia benannt, der allerdings erst viel später dort lebte, als französische Missionare in die Region kamen.

Bei Ausgrabungsarbeiten fand man einen etwa 40-jährigen Mann, der um 1050 gestorben war. Er lag unter 20.000 Muscheln und 800 unbenutzten Pfeilen begraben. Außerdem entdeckte man vier Männer, denen die Hände und Köpfe abgetrennt worden waren, außerdem 53 erdrosselte Frauen im Alter von 15 bis 25 Jahren. Vermutlich handelte es sich um Menschenopfer, wie sie von den Azteken bekannt sind.

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