Beim Centered Riding wird vermittelt, wie sich korrektes Reiten anfühlt

(Bildquelle Vorschaubild: aboutpixel.de / Young woman patting her horse © phovoir-mark)

Um den Unterschied zu verstehen, schauen wir uns mal an, wie Reitstunden (leider) häufig ablaufen: ungefähr sechs Pferde sind in der Bahn und schlurfen hintereinander her. Geht es einen Gang schneller, bricht im ungünstigsten Fall Chaos aus. Die Anweisungen des Reitlehrers lauten vielleicht "Absätze tief!" und "Hände ruhiger!", aber wie soll der Reiter das hinkriegen, wenn er wie ein Flummi auf dem Pferderücken herumgeworfen wird?

Ein CR-Trainer geht die Sache anders an. Da werden zuerst bei stehendem Pferd die Reiterbeine sortiert, damit der Mensch abspeichern kann, wie sich die korrekte Haltung anfühlt. Mit den gewünschten ruhigen Händen ist es ähnlich: ein Kursteilnehmer spielt "Pferd", nimmt das Gebißstück in die Hände und imitiert die Nickbewegung des Pferdekopfes. Der Übende macht mit den Zügeln, was er immer tut – und bekommt hier mal deutliches Feedback in der Art von "hier bist Du zu spät, dort gab es einen harten Ruck", was das Pferd ja so konkret nicht mitteilen kann.

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aboutpixel.de / Steigbügel © Pelztierchen

Wie fühlt sich das Pferd dabei?

Um nachzuvollziehen, wo es beim konventionellen Reitunterricht häufig hapert, versetzen Sie sich bitte kurz zurück in ihre Schulzeit – sie haben morgens getrödelt und müssen mit der schweren Schultasche auf dem Rücken rennen, um keinen Ärger zu bekommen. Nach ein paar Metern schlägt ihnen der Schulranzen bei jedem Schritt unsanft ins Kreuz. Würden ihnen jetzt noch Schmerzen im Unterkiefer zugefügt, würden sie dann noch einen Schritt laufen? Vermutlich nicht, der ganze Ärger fing ja mit der schnelleren Gangart an.

So geht es vielen Schulpferden mit ihrem schlecht gelagerten Gepäck "Reiter". Aber anstatt die Ursache zu beheben und den Reiter ins Gleichgewicht zu bringen, um es dem Pferd überhaupt zu ermöglichen, fleißig vorwärtszugehen, wird der Fehler beim Pferd gesucht. Aber die ganzen Hilfszügel sogen höchstens dafür, daß das Pferd sich weniger wehren kann – einem halbwegs sensiblen Reiter kommt dabei irgendwann die Erkenntnis, daß dieses Kämpfen und Zerren nicht die Art von harmonischem Miteinander ist, die er ursprünglich gesucht hatte.

Damit wird auch klar, warum bei einem CR-Kurs am Anfang die Pferde geführt werden: damit der Reiter sich voll auf Sitz und Gleichgewicht konzentrieren kann. Der Trainer erklärt den Bewegungsablauf und wie sich das für den Reiter anfühlt – und vor allem: welche Bewegungen der Reiter zulassen muß, damit das Pferd nicht im Bewegungsablauf gestört wird. Diese Information ist für viele Reiter am verblüffendsten: daß man mit dem Zügel viel Unheil anrichten kann, ist fast jedem klar, aber an den Vorher/ Nachher-Reaktionen des Pferdes zu erleben, wie sehr die "halbe Portion" Mensch so ein starkes Tier behindern kann, ist wirklich beeindruckend.

Pferd und Reiterin in Harmonie
 

 

aboutpixel.de / ein isländischer Traum © geyfa

Kursvideo von und mit Angelika Engberg - Ein ca. zehnminütiger Einblick in Centered Riding

Das Erfolgsgeheimnis beim Centered Riding

Kleine Ursache haben große Wirkung. Der Trainer hilft den Schülern mit den passenden Übungen, ihr Gleichgewicht zu finden und zu bewahren. Manchmal werden dazu scheinbar seltsame Bewegungen gemacht, um das Bewußtsein für die richtige Haltung zu fördern. Ein andermal werden Gedankenbilder eingesetzt, z.B. Wurzeln, die aus den Fußsohlen wachsen, oder ein am Reithelm befestigter Luftballon. Diese Gedankenbilder wirken wie eine Art Kurzwahlsystem und sind vom Gehirn schneller und leichter umzusetzen als eine lange Liste mit allen Körperteilen, die grade korrigiert werden müssen. Wobei ein CR-Trainer nicht direkt verbessert, sondern nachfragt, ob sich Körperteil XY noch richtig anfühlt - dadurch lernt man, sich selber leichter zu überwachen. Außer dem "zentrierten" Sitz im Gleichgewicht spielen auch die Atmung des Reiters und sogar, ob sein Blick entspannt oder verkrampft ist, eine Rolle.

Was sich durch Centered Riding verändert

Ich muß gestehen, am Anfang war ich ziemlich skeptisch: ich soll mir eine bunte Kugel in meinem Bauch vorstellen? Was soll der Blödsinn bringen?  Der scheinbare Blödsinn sorgte dafür, daß ich stabiler saß und mein Pferd nicht mehr dauernd über die eigenen Füße stolperte. So ist es mit allen Übungen: selbst wenn man nicht überzeugt ist – die Rückmeldung vom Pferd kommt so prompt und deutlich, daß auch der letzte Zweifel beseitigt wird.
Und plötzlich ist Reiten ganz harmonisch und einfach. Kein Tauziehen mehr am Zügel, kein verbissenes "ich muß mich jetzt durchsetzen" – die Pferde arbeiten freudig mit, und die Reiter haben ein breites Grinsen im Gesicht.



Wo bekomme ich Unterricht im Centered Riding?

Um Termine für CR-Kurse zu finden, muß man momentan noch die Webseiten der Trainer absuchen.

Auf der Webseite von Anke Recktenwald sind die Termine für 2013 auch schon eingetragen, lassen sich aber nicht direkt verlinken. Sehr interessant sind auch ihre "Fallgeschichten".

Wer sich nicht nach festen Kursterminen richten will oder kann, hat die Möglichkeit, auf dem Islandpferdehof Hainbuche Einzelstunden zu nehmen. Sowohl Übernachtungsmöglichkeiten als auch gut gerittene Lehrpferde für jeden Ausbildungsstand sind vorhanden. Die Atmosphäre dort ist herzlich und familiär, Unterricht gibt es für jede Altersgruppe.

 

Wer noch genauer wissen will, wie ein Kurs abläuft: hier ist ein detaillierter Bericht von einem Centered-Riding Kurs bei Anke Recktenwald.

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