Durchstarter des Jahres – Rapper Cro - "Ist das noch Rap?"

Natürlich gibt es bei Cro, wie bei jedem Künstler, der sich in der Musikszene zwischen verschiedenen Stilrichtungen bewegt, große Diskussionen, welchen Genrestempel man ihm denn jetzt auf die Stirn pressen soll. Während die Hardcore-Rapfans sich vehement dagegen sträuben, Cro als neues Aushängeschild der Szene zu akzeptieren, erhält der Newcomer von namhaften deutschen Sprechgesangskünstlern Respekt und Rückendeckung. Der Toleranzgedanke "Jeder soll sein eigenes Ding machen" ist, obwohl das gewisse Texte auf den ersten Blick nicht vermuten lassen, bei den Künstlern weit verbreitet. Doch was spricht dagegen, Cros Musik als Rap zu bezeichnen?

Cro

Seine bisher wohl bekannteste Single ist "Easy". Etwa 24 Millionen Aufrufe hat das dazu gehörige Video auf youtube und das in einem Zeitraum von nur 8 Monaten seit Upload. Die Bewertungen der Hörer und Zuschauer fallen eindeutig positiv aus. Das Lied lässt sich wohl am besten mit dem neudeutschen Wort "chillig" beschreiben, was nicht zuletzt auf das Sample aus dem Hit von Bobby Hebb namens "Sunny" zurückzuführen ist. Der Beat ist sommerlich, zum Mitwippen gemacht, der Text einfach und lässig, zum Mitsingen geeignet, das Video voll hübscher Mädels, nett Anzusehen. Alles eine insgesamt sehr stimmige-ja, moment- Rap- oder Popnummer?

 


Die Aufmachung erinnert eindeutig an Chartmusik und Massentauglichkeit und bedient ohne Zweifel das kommerzielle Schema. Popmusik, eben.
Der springende Punkt ist jedoch, dass Cro eben nicht wie Kylie, Madonna, oder Madame Gaga schöne Harmonien trällert, sondern rappt. Und das technisch annehmbar. Nun ja, zugegeben, inhaltlich bewegt sich das Ganze auf einem flachen Niveau.

Wie dem auch sei, die Frage "Ist das noch Rapmusik?" bleibt, bis Cro sie jetzt mit seiner neuen Veröffentlichung selbst beantwortet hat.

Dass gewisse Szenevertreter die Musik für Rap zu poppig finden, ist auch Cro zu Ohren gekommen. Nicht umsonst heißt sein neues Album "Raop", eine Mischung aus den Wörtern "Rap" und "Pop". Anstatt sich dem ewigen Genrekampf zu unterziehen, löst Cro das Problem auf galante Art und Weise und zimmert sich seine eigene Schublade, in die er nun von der Öffentlichkeit hineingesteckt werden kann. Zugegebenermaßen ist das ein extrem kluger Schachzug, da nun seinen Kritikern eine gehörige Portion Wind aus den Segeln genommen wird.

Keine künstlerische Offenbarung im Vergleich zu Größen der Szene - Lichtblicke und Alternativen

Carlo, so der bürgerliche Name des Rappers, ist sicherlich eine willkommene Abwechslung zu manchen deutschen Gangsta-Rappern, die teilweise so hart sind, dass sie ihren Bezirk mit der Kalashnikov verteidigen, während ihre Mutter ihnen nach dreißig Jahren immer noch die Schmutzwäsche wäscht.
Gegenüber sprachlich raffiniertem, technisch anspruchsvollem und inhaltlich tiefgründigem Rap, ist Cro jedoch wirklich Kindergartenmusik. Diejenigen, die sich noch von Caspers Album XOXO, das für ein Rapalbum schon ziemlich massentauglich ist, aber aufgrund der dann doch "deepen" Texte und der kratzigen Stimme nicht angesprochen gefühlt haben, sehen in Cro ihren neuen Stern am Musikhimmel. Das wäre auch nicht weiter schlimm und passt im Übrigen auch zur immer extremer werdenden Oberflächlichkeit und geistigen Abstumpfung der Gesellschaft, wenn die wirklichen musikalischen und lyrischen Genies - meiner Meinung nach die modernen Vertreter Deutschlands als Land der Dichter und Denker- nicht unaufhörlich um ihre Existenz kämpfen müssten.
Wenn man, wieder bildlich gesprochen, seinen Löffel weiter in den Becher der Szene hineintaucht, gibt es eine Vielschichtigkeit und Qualität zu entdecken, wie man sie kaum in einem anderen Genre finden kann.

Rapfan zu werden, ist bei wirklich erstklassigen Künstlern wie beispielsweise Prinz Pi, Marteria aka Marsimoto oder JAW nicht schwer. Es ist an der Zeit, diesen Künstlern wieder unsere Aufmerksamkeit zu schenken und Cro wirklich nur als Randerscheinung, als Joghurt unter dem Deckel, zu betrachten.

 

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