Das Jenseits in der Kunst
Das Jenseits in der Kunst der Alten Ägypter, über Dantes "Göttliche Komödie", Blake, Doré und Dali, weiter zu Bosch und den visionären Malern unserer Zeit, Delville und Grey.Die Malerei existiert in unsterblichen Gedanken
"Soll sich die Malerei darauf beschränken, sich mit der bloßen Reproduktion der sterblichen und vergänglichen Dinge abzuplagen, anstatt sich, wie Dichtung und Musik, in ihre eigene Sphäre der Fantasie und der visionären Ideen erheben zu lassen? Nein, so soll es nicht sein! Die Malerei existiert und frohlockt, ebenso wie die Dichtung und die Musik, in unsterblichen Gedanken."
William Blake, Werke, Berlin: Aufbau Verlag 1958
Abwägen des Herzens (Bild: Wikipedia/A. Parrot)
Das Jenseits in Ägypten
Überall auf der Welt zeugen Kunstwerke von den Jenseitsvorstellungen der Menschen, ob diese nun in den traditionellen Religionsvorstellungen oder im Volksglauben verwurzelt sind. Die ältesten Zeugnisse des Jenseitsglaubens finden wir im Alten Ägypten, in den erstaunlich lebendig wirkenden Wandmalereien, Sarkophagen, dem Grabschmuck und den alten Ägyptischen Unterweltsbüchern (das Amduat, das Grüfte- und Pfortenbuch und das Buch von den Höhlen). Hierin wird die Reise des Sonnengottes Ra in seiner Nachtbarke geschildert, angezeigt in zwölf Bildern, die den Nachtstunden entsprechen. In jeder Phase müssen neue Begegnungen und Aufgaben gemeistert werden.
Die Texte des Ägyptischen Totenbuchs, dessen eigentlicher Name "Heraustreten ins Tageslicht" ist, sind etwa 4.500 Jahre alt. Hier bittet die Ba-Seele des Verstorbenen um den Eintritt in die Unterwelt und muss viele Prüfungen, Läuterungen und schließlich auch das Abwägen des Herzens bestehen, bevor sie sich dem Sonnengott auf seiner Reise durch die Unterwelt anschließen und den neuen Tag erleben darf.
Osiris sur son lit funéraire (Bild: Wikimedia/Aymeric69380)
Dantes Divina Commedia
Dante Alighieri (1265 – 1321) ist wohl der berühmteste Jenseitswanderer der Weltliteratur. Er ging als großer Dichter und Philosoph der Italienischen Sprache in die Literaturgeschichte ein. Mit neun Jahren traf er seine geliebte Beatrice (sie starb 1290), die er später in seinem Werk verklärte. Geboren in Florenz, setzte er sich kraft seines politischen Amtes für die Unabhängigkeit dieser Stadt ein, was ihm jedoch eine Verbannung einbrachte. In Abwesenheit wurde das Todesurteil über ihn verhängt. Als Vogelfreier zog er durch die Lande, wohnte in Verona und ließ sich endlich in Ravenna nieder. Zwischen 1307 und 1321 schrieb er sein Hauptwerk "La Divina Commedia".
Der Inhalt in Kurzform:
Der antike Dichter Vergil wird Dantes Führer durch die jenseitigen Sphären. Gemeinsam schreiten sie durchs Höllentor (Inferno) bis zum eisigen Erdmittelpunkt, überwinden den Läuterungsberg (Purgatorio) und steigen auf ins Paradies (Paradiso), wo Beatrice ihren Dante in Empfang nimmt. Dante und Vergil treffen auf ihrer Reise über 600 Berühmtheiten aus der politischen, kirchlichen, mythologischen und literarischen Szene der damaligen Epoche, die an verschiedenen 'Orten' und in bestimmten qualvollen Zuständen auf ihre Erlösung harren.
Das Jenseits bei Botticelli, Delacroix und Blake
Seit über 600 Jahren inspiriert Dantes Meisterwerk die Künstler zu eigenen Fantasien und kreativen Visionen von Himmel, Hölle und Paradies. Den Anfang machte Sandro Botticelli 1481 mit den ersten Illustrationen zur divina commedia, gefolgt von Eugène Delacroix im 19. Jahrhundert und dem englische Maler, Visionär und Poet William Blake (1757-1827). Blake war ein großer Künstler der Romantik, der sich ganz seiner visionären Kunst widmete. Er illustrierte seine eigenen Gedichte und die von Shakespeare, Milton und Dante mit eigenwilligen, ausdrucksstarken Bildern, für die er eigens eine neue Form des Drucks erfand. Er war ein tiefreligiöser Mensch, medial veranlagt und erhielt seine Visionen, wie er sagte, von "Abgesandten des Himmels". In der "Hochzeit von Himmel und Hölle" schreibt er:
"Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich. Denn der Mensch hat sich selbst eingesperrt, bis er alle Dinge durch enge Ritzen seiner Höhle sieht."
Blakes bekannteste Illustrationen zur Göttlichen Komödie sind "Beatrice spricht zu Dante", "Der Simonie-Papst", "Die Inschrift über dem Höllentor". Weitere visionäre Bilder sind "Jakobs Leiter", "Der Freudentag" ("Der Tanz Albions"), "Der Alte der Tage" und "Adam und Eva finden den toten Abel".
Sandro Botticelli Illustration to Divine Comedy (Inferno) (Bild: Wikipedia/ JarektUploadBot)
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Das Jenseits bei Dante, Doré, Dali und Monika Beisner
Bereits mit 9 Jahren fertigte Gustave Doré (1832-1833) seine ersten Illustrationen zur "Göttlichen Komödie" an. Weiter geht's mit Anselm Feuerbachs "Paolo und Francesca" (1864) und Mitte des 20. Jahrhunderts mit einem Bilderzyklus von Salvador Dali. Dali begann 1951 mit den Aquarellen zu den Gesängen. Leider gibt es im Internet keine Bilder dazu. Auch das Buch ist leider vergriffen.
Außergewöhnlich und sehr edel wirken die Eitemperabilder der deutschen Künstlerin und Buchillustratorin Monika Beisner (geb. 1942 in Hamburg) in den 3 Bänden von Dantes Jenseitsreise in der deutschen Übersetzung von Karl Vossler. Ihre Illustrationen fallen nicht nur durch die brillanten Farben auf, sie sind auch sehr akribisch gemalt, wirken wie Miniaturen oder feinste Ikonen - eine meisterhafte bildhafte Übersetzung aller 100 Gesänge (Cantos). Mit feinsten Marderhaarpinseln und den leuchtenden Eitemperafarben malte sie sieben Jahre (1994 - 2001) an diesen Bildern. Das Ergebnis liegt nun als dreibändiges Werk vor.
Die Göttliche Komödie
Kinofilm "Hinter dem Horizont"
Eine gelungene moderne Verfilmung von Dantes Reise ins Jenseits ist mit dem US-Drama "Hinter dem Horizont" von 1998 gelungen. Regie führt Vincent Ward, Drehbuchautor und Filmregisseur aus Neuseeland. Das moderne ins Jenseits reisende Paar sind ein Mann und eine Frau, die von Robin Williams und Cuba Gooding, Jr. gespielt werden.
Filmlexikon
Inhalt
Ein Kinderarzt stirbt bei einem Unfall und findet sich in einem Himmel wieder, der aus seinen eigenen Vorstellungen erwächst. Als sich seine verzweifelte Frau das Leben nimmt und in die Hölle kommt, macht er sich auf den Weg, um sie zu befreien. Ein farblich außergewöhnlich brillanter Film, der die Kunst digitaler Spezialeffekte in den Dienst einer bilderstarken Jenseitsgeschichte stellt; Paradies wie Unterwelt werden dabei an Hand bedeutender Kunstwerke gestaltet.
Gustave Doré
Doré: Dante und Vergil im 9.Kreis der Hölle (Bild: Wikipedia/Telrúnya)
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William Blake
In Dante Alighieris Göttlicher Komödie (1307-1321) ist die Hölle eine "blinde Landschaft". Überall herrscht Schreien, Seufzen, Jammern und Zähneklappern; und unterm dunklen ...
Wiliam Blake 1757- 1827 war nicht nur ein grosser Kupferstecher, Maler und Dichter. Er war auch ein Wegbereiter der Moderne, der die Regeln des Kalssizismus hinwegfegte und ...
Jenseitsbilder, Träume, Visionen von Hieronymus Bosch
Bis heute wirken viele Bilder des niederländischen Malers Hieronymus Bosch (1450 – 1516) skurril und geheimnisvoll auf den Betrachter. Seine Visionen von Himmel und Hölle und dem "Garten der Lüste" sind fantasievoll und symbolträchtig. In seinen Bildern zeigt er die ganze Skala menschlicher Verirrungen und Versuchungen, die Lasterhaftigkeit und Verdammnis, er zeigt auch den Weg zur Läuterung und Erlösung und schließlich den Aufstieg der Seele ins jenseitige Licht.
In seinen venezianischen Jenseitsvisionen erscheint erstmalig in der Malerei der Lichttunnel, durch den die geläuterten Seelen hindurchschweben. Andere tunnel- und zylinderförmige Gebilde lassen an alchemistische Gefäße denken, in denen sich die psychischen oder moralischen Wandlungen und Transformationen des Menschen vollziehen. Hieronymus Bosch übt mit seinen Bildern Kritik an den gegenwärtigen Zuständen des Klerus und anderer Stände, stärkt allerdings auch den spirituellen Glauben des Betrachters.
Visions of the Hereafter (Bild: Muffi / Hieronymus Bosch)
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Und wenn wir die ganze Welt durchreisen,
um das Schöne zu finden:
Wir mögen es in uns tragen,
sonst finden wir es nicht.
Ralph Waldo Emerson
Die visionäre Kunst von Alex Grey
Alle Wegbereiter der abstrakten Kunst (Kandinsky, Mondrian, Malewitsch, Klee...) waren sich darin einig, dass die bisherige Gegenständlichkeit der Malerei einer neuen Spiritualität weichen müsse, bei der sich der Geist unmittelbar und intuitiv oder durch kontemplative Erkenntnis dem Malenden mitteile. Seit dieser Zeit ist die Kunst selbst zu einem Medium geworden, durch das der Künstler sich spirituell weiterentwickeln und andere Menschen durch seine tiefen transzendentalen Einsichten auf die nichtphysischen Dimensionen aufmerksam machen kann.
Ken Wilber in "Sacred Mirrors": "Die Geburt einer neuen großen Bewegung in der westlichen Kunst kündigt sich an. Sie wird nicht Körper oder Verstand betreffen, sondern Seele und Geist."
Der US-Amerikaner Alex Grey (geb. 1953) gehört zu den visionären Künstlern unserer Zeit, die ihr spirituelles Wesen und Wissen durch ihre Werke zum Ausdruck bringen. In seinen metaphysisch ausgerichteten Visionen fühlt er sich dem Geist William Blakes und der Symbolisten Delville und Klimt verwandt. Er malt mit einer Detailgenauigkeit, die an die Abbildungen medizinischer und wissenschaftlicher Lehrbücher erinnert. In seinem Zyklus SACRED MIRRORS zeigt er auf 21 lebensgroßen Tafeln die physische und metaphysische Anatomie des Menschen bis in die feinsten Strukturen. Unter seinem Pinsel verbinden sich Gehirnwellen, Energieströme, Auren, Chakras und Strahlen zu einem kosmischen Netzwerk reiner Energie, in das der Mensch und die ganze Natur eingebettet sind.
Links zum Jenseits in der Kunst
CoSM Chapel of Cosmic Mirrors
Der Zyklus "Sacred Mirrors" von Alex Grey: 21 lebensgroße Tafeln
Alex Grey
Die offizielle Website von Alex Grey mit allen Unterseiten und Blogs
Klassiker der Weltliteratur: Die Göttliche Komödie
Eine Kurzfassung von Dantes "Göttlicher Komödie" mit Illustrationen von Gustave Doré
Die Göttliche Komödie
Der ganze Text in der Übersetzung von Karl Steckfuß
Tod und Jenseits in Europa
Vorstellungen und Riten um den Tod und das Jenseits in Europa
Das Alte Ägypten
Mumien und Totenkult im Alten Ägypten
Das Jenseits in der Kunst von Friedrich Nietzsche
"Das Jenseits in der Kunst. — Nicht ohne tiefen Schmerz gesteht man sich ein, dass die Künstler aller Zeiten in ihrem höchsten Aufschwunge gerade jene Vorstellungen zu einer himmlischen Verklärung hinaufgetragen haben, welche wir jetzt als falsch erkennen: sie sind die Verherrlicher der religiösen und philosophischen Irrtümer der Menschheit, und sie hätten dies nicht sein können ohne den Glauben an die absolute Wahrheit derselben. Nimmt nun der Glaube an eine solche Wahrheit überhaupt ab, verblassen die Regenbogenfarben um die äußersten Enden des menschlichen Erkennens und Wähnens: so kann jene Gattung von Kunst nie wieder aufblühen, welche, wie die divina commedia, die Bilder Rafaels, die Fresken Michelangelos, die gotischen Münster, nicht nur eine kosmische, sondern auch eine metaphysische Bedeutung der Kunstobjekte voraussetzt. Es wird eine rührende Sage daraus werden, dass es eine solche Kunst, einen solchen Künstlerglauben gegeben habe".
aus Friedrich Nietzsche – Menschliches, Allzumenschliches I – Aus der Seele der Künstler und Schriftsteller – 220.
Der Film CoSM ist eine sinnesbetörende Reise in den Kosmos der spirituellen Kunst des bekannten Malers Alex Grey. Grey führt uns wie auf einer Pilgerfahrt durch seine Galerie ...