Von der Umlaufbahn in die Erdatmosphäre

Eines der größten Probleme bei der Entwicklung einer Raumfähre waren die hohen Temperaturen an der Luftfahrtzeughülle beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Es wurde errechnet, dass die Eintrittsgeschwindigkeit zwischen 28.200 und 49.900 km/h liegen wird. Bei allen konventionellen Tragflächen, auch bei Deltaflügeln, kam es so zu einem sehr ho­hen Luftwiderstand. In Verbindung mit diesen hohen Geschwindigkeiten kommt es dabei zu der hohen Temperatur (Reibungswärme), der kaum ein Material standhalten konnte. Der Gedanke einen Hitzeschild am Flugkörper anzubringen, führte natürlich zu einer Erhöhung des Gesamtgewichtes. Zusätzlich wurden kleine Auftriebsflächen notwendig um den Flugkörper überhaupt landen und auch in Notfällen zu verschiedenen Landeorten manövrieren zu können.

Buchtipp

Die Anfänge der Fliegerei, Teil II

Motorflugversuche von 1880 bis 1903

aus der "Kleinen Illustrierten Schriftenreihe zur Geschichte der Luftfahrt" von Rainer Lüdemann

 

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Erste Schleppflüge mit bemanntem Auftriebskörper

Ab 1957 arbeiteten die NACA Wissenschaftler an einer Lösung dieses Problems und entwickelten bei entsprechenden Windkanalversuchen Flugkörper von teilweise futuristischem Aussehen. Das Ames Research Center legte ein Projekt mit der internen Bezeichnung M2 und das Langley Research Center eine weitere mit der Bezeichnung HL-10vor. Mitte 1963 war eine kleine bemannte Version der M2 fertig. Sie war ein Gleiter ohne Antriebsmotor, aus Stahlrohr und Sperrholz gebaut. Dieses Flugzeug führte ca. 400 Schleppflüge durch, die bewiesen, dass ein Pilot diesen flügelloser Auftriebskörper im stabilen Flug steuern konnte. Weiterhin wurde die Manövrierbarkeit dieses Auftriebskörpers auch ohne Triebwerk bewiesen, sodass eine konventionelle Landung auf festen Pisten möglich war. In der zweiten Phase der Entwicklung wurde die Northrop Corporation in Zusammenarbeit mit der NACA mit dem Bau einer nicht motorisierten Ames- und einer Langley-Konstruktion im 1:1 Maßstab beauftragt.

HL-10 (Bild: NASA)

Ames M2-F2 und Langley HL-10

Die Ames M2-F2 hatte eine Rumpfform mit abgerundeter Unterseite, war aber oben flach und trug hinten zwei Seitenflossen. Die HL-10 von Langley besaß eine flachere Unterseite und trug am Heck drei Seitenflossen. Beide Versionen wurden eingehend vom Flight Research Center der NASA (FRC - später Dryden Flight Research Center) Edwards von Juli 1966 bis November 1975 getestet. Beide Maschinen besaßen ein einfahrbares Fahrwerk. Die HL-10 war eine von 5 Flugzeugen aus dem so genannten "Lifting Body Programm". Sie wurde vorrangig für die Steuerung und zur Manövrierbarkeit mit den Seitenflossen und den kleinen Deltaflächen getestet. Dazu wurde sie von einer Boeing B-52 auf große Höhe transportiert und dann ausgeklinkt. Der Erstflug fand am 22. Dezember 1966 mit dem Piloten Bruce Peterson im Cockpit statt. Wegen einiger Komplikationen mit den Kontrollsystemen musste Peterson unvorhergesehen auf dem Rogers Dry Lake mit zu hoher Geschwindigkeit landen. Der gesamte Flug dauerte 3 Minuten und 9 Sekunden. In der Regel wurden während der Gleitzeit bis 0,75 Mach erreicht und die Durchschnitts-Landegeschwindigkeit lag zwischen 315 und 389 km/h. Die HL-10 war 37 Mal in der Luft und erreichte mit Air Force Pilot Peter Hoag am 18. Februar 1970 die höchste Geschwindigkeit von 1,86 Mach (1976,2 km/h). Neun Tage später flog NASA Pilot Bill Dana mit diesem Fluggerät auf eine Höhe von über 27.000 Meter. Das war die größte Flughöhe in diesem Forschungsprogramm. 

Martin X- 24B (Bild: NASA)

Mit Raketenmotor auf große Höhe

Nachdem in der letzten Phase des HL-10- Programms die Installation eines Raketenmotors vom Typ XLR-11 vorgenommen wurde, der es dem Flugzeug ermöglichen sollte, nach dem Start vom Trägerflugzeug auf eine noch größere Höhe zu steigen, entwickelten die Firma Martin Marietta Corporation und die US Air Force parallel dazu die X-24A (Bezeichnung der Firma SV-5P). Sie stellte mehr oder weniger eine Alternative zu den beiden bereits existierenden Mustern dar, die viele Merkmale der Northrop/NACA- Konstruktionen enthielt, aber von Beginn an einen Raketenantrieb besaß. Bei den 28 Flügen, die mit diesem Muster vorgesehen waren, erreichte die Maschine eine Höchstgeschwindigkeit von Mach 1,6. Bald darauf wurde sie von Grund auf umgerüstet, so dass sie auch äußerlich ganz anders aussah. Sie erhielt in dieser Form die Bezeichnung X-24B. In der Folgezeit machte sie noch 18 weitere Flüge (fünf davon ohne Motorantrieb). Bei diesen Tests wurde eine maximale Höhe von 22.595 m erreicht. Letztendlich musste festgestellt werden, dass die HL-10 von allen drei Originalmustern (M2-F2, HL-10, X-24A) das beste Handling besaß.

Als die X-24A am 11. Juli 1967 aus den Werkshallen gerollt wurde, stand fest, dass dieses Fluggerät zwar nur ein Testfahrzeug war, aber es zur Entwicklung einer neuen Technologie beitragen wird. Es stellte die Grundlage einer zukünftigen Spezifikation für ein bemanntes Wiedereintrittsfahrzeug mit Auftriebskörper dar, das nach der Rückkehr aus dem Weltraum an einem vorbestimmten Ort wie ein normales Flugzeug landen kann. Ohne die mit diesen Raumgleitern gesammelten Erfahrungen wäre das darauf folgende Space Shuttle-Programm der NASA nicht durchführbar gewesen.

Quellen: Aero, Illustriertes Sammelwerk der Luftfahrt, Nr.156, Marshall Cavendish International Ltd., London/ UK, 1986

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