Edward de Bono

Edward de Bono  ist ein amerikanischer Denktrainer, der seit fast 30 Jahren für seine Programme bekannt ist. Er möchte das Denken kreativer und erfolgreicher machen. Er behauptet: hervorragendes Denken kann man lernen. Die Frage ist nur: wie?

Denkmuster trainieren

Der wichtigste Aspekt  ist das Training von Denkmustern. De Bono nennt sie Werkzeuge. Und diese sind schon der ganze Zauber. Bei den Denkmustern handelt es sich nicht um inhaltliche, sondern um methodische Denkweisen. Sie übersetzen einen Inhalt in einen anderen Inhalt.

Ein Beispiel dafür ist die PMI-Methode. Der Lernende schreibt, zum Beispiel nach einem Seminartag, auf, was er positiv (plus), negativ (minus) und interessant  gefunden hat  (daraus ergibt sich die Abkürzung PMI).

Dabei ist es allerdings wichtig, dass man diese Übung häufig und über einen gewissen Zeitraum hinweg ausführt. Und es ist wichtig, dass man nicht nur ein Denkmuster lernt, sondern viele. Die Übung ist deshalb wichtig, es nicht um eine Handlung geht, sondern um die Verinnerlichung einer Handlung, in diesem Fall um die Verinnerlichung einer äußeren Übung. Deshalb rate ich, jeden Tag dreimal zu unterschiedlichen Themen eine solche Übung zu machen (es muss nicht PMI sein, allerdings sollte es dieselbe Übung bleiben), und das ungefähr einen Monat lang. Unterschiedliche Werkzeuge lassen sich zahlenmäßig nicht eingrenzen. De Bono kennt 50, zumindest wenn man seinem berühmten CoRT-Programm folgt.

Gibt es Denkfehler?

Über diese Frage kann man sich trefflich streiten. Und manche Menschen machen das auch. Dabei sollte man im Blick haben, dass man zunächst definieren müsste, was richtiges Denken ist. Doch gerade das lässt sich  nur schlecht oder sogar gar nicht eingrenzen. Die Diskussion wird dadurch unklar und häufig zu einer puren Machtfrage.

De Bono jedenfalls folgt hier dem amerikanischen Psychologin David Perkins. Dieser behauptet, es gäbe keine Denkfehler, sondern nur Wahrnehmungsfehler. Es gäbe vier Wege, sich am guten Wahrnehmen zu hindern:

  • wenn man glaubt, alle Möglichkeiten bereits zu sehen;
  • wenn man meint, alle Informationen für die Lösung bereits zu kennen;
  • wenn man Vorstellungen im Kopf hat, die man nicht überschreiten kann oder will (Dogmatismus);
  • wenn man Fehler oder zu frühe Lösungen nicht als Zwischenstationen des Denkens akzeptiert.

Diese Aufzählung ist seltsam. Sonderlich viel mit Wahrnehmungsfehler hat sie nämlich nicht zu tun. Sicher: wenn mir Informationen fehlen, weil ich die Sachlage nicht gut überprüft habe, kann ich nicht zu guten Urteilen, zu nützlichen Begriffen und zu stichhaltigen Argumentationen kommen. Aber schon der zweite Punkt muss sich auf Erfahrungen verlassen, gibt der Betreffende hat, denn genau dies braucht man, wenn man auf der Suche nach Lösungen ist. Und genau das ist kein Wahrnehmungsfehler. Dass man hier trotzdem eine gute Faktenlage braucht, ist natürlich selbstverständlich.

Und so kann man sagen, dass Wahrnehmungsfehler zwar eine wichtige, aber nicht die alleinige Rolle spielen. Viel problematischer ist das Wort Fehler. Unser Gehirn muss aussuchen, aus den Umweltreizen, wie aus den Erinnerungen, um arbeiten zu können. Und hier ist die Frage, ob man das überhaupt noch als Fehler bewerten kann.

PMI

Wir müssen uns also ein Stück weit von de Bono  und seinen Überzeugungen verabschieden. Allerdings sind seine Methoden aus seinem Denktraining trotzdem nützlich.

Jede Methode besteht dabei aus einem Kürzel, einem Akronym (die Anfangsbuchstaben werden zu einem neuen Wort zusammengefasst). PMI steht, wie bereits gesagt für plus, minus, interessant. Nach einem Seminartag, einem Treffen oder der Lektüre eines Buches (oder was auch immer), schreibt man auf, was man gut, schlecht und was man interessant gefunden hat.

Dieses Werkzeug kann man also vor allem auf Meinungen und Lösungen anwenden. De Bono erklärt, dass die meisten Menschen überzeugt sein, dass ihre Meinung die richtige sei und dann ihre Kraft darauf verschwenden, ihre Ansicht zu verteidigen. So finden sie aber weder besseren Lernwege noch bessere Lösungsmöglichkeiten. Mit dem PMI macht man Meinungen und Lösungen überprüfbar und damit verbesserbar.

AMA

Dieses Werkzeug bezeichnet Alternativen, Möglichkeiten und Auswahl. Zuerst werden Alternativen gesammelt (dabei möglichst wild und ohne Zensur), dann werden Möglichkeiten überprüft (unrealistisch, finanzierbar, für den Kunden besonders repräsentativ) und schließlich wird eine Auswahl getroffen. Dieses Werkzeug wird sich nun nicht besonders wichtig an, ist aber äußerst effizient. Und auch wenn man meint, dass man es gedanklich auch ausführen könnte, ist eine schriftliche Form äußerst hilfreich. Das Denkmuster prägt sich einfach besser und schneller ein. Arroganz ist auf jeden Fall fehl am Platz. Üben ist angesagt.

Üben: das Wichtigste an allem

Immer wieder treffe ich auf Menschen, die von der Denkschule sehr enttäuscht sind. Bei näherem Nachfragen entpuppt sich aber ihre Enttäuschung als eigener Fehler. Sie lesen das Buch durch und üben nicht damit. Damit kann man aber nicht zu neuen Denkmustern kommen, da diese sich verfestigen müssen.

Erst wenn sich hier eine gute Basis entwickelt hat, kann man die Übungen wirklich im Arbeitsalltag nutzen.

Der amerikanische Kognitionspsychologe John Anderson, dessen Hauptwerk Kognitive Psychologie fast so etwas wie ein Bestseller ist (zumindest unter Psychologen), beschreibt einen ähnlichen Mechanismus. Zunächst werden Wahrnehmungen aufgenommen. Anderson  nennt diese deklaratives Wissen. Deklaratives Wissen kann allerdings nur oberflächlich angewendet werden und wird schnell vergessen.

Durch Üben jedoch kann man aus diesem oberflächlichen Wissen ein fest fundiertes Wissen erschaffen. Anderson nennt dieses prozedurales Wissen. Abgesehen davon dass es Sicherheit bietet, ist es wesentlich energiearmer als die Verarbeitung von neuem Wissen. Antrainierte Denkmuster können also wesentlich häufiger angewendet werden, bevor der Energiespeicher des Körpers leer läuft.

Eine Denkmethode hat man gut gelernt, wenn diese sich dem Denken von alleine aufzwingt. Solange das noch nicht passiert ist, sollte man weiterhin die Aufgaben schriftlich lösen.

Daneben sollte man sich im Laufe der Zeit eine gewisse Vielfalt von solchen Werkzeugen aneignen. Ein einzelnes ist nützlich. Wirklich gut aber werden sie erst im Verbund, also durch mehrere zusammen.

Fazit

Der Klappentext des Buches ist vollmundig. Diesem sollte man nicht glauben. Trotzdem ist das Buch praktisch und praxisnah. Vor allem ist es auch für einen psychologischen Laien verständlich geschrieben. Der Leser darf allerdings hartnäckig und ernsthaft sein, da er ansonsten nicht das richtige lernt. Und dann lohnt sich dieses Buch selbstverständlich nicht.

Frederik_Weitz, am 21.02.2013
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Bildquelle:
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