Wichtig: Was man einem depressiven Menschen besser nicht sagen sollte

Im ersten Teil dieser Artikelreihe habe ich darüber geschrieben, welche Sätze man im Umgang mit einem depressiven Menschen besser vermeiden sollte.

Meine Recherche beruht auf zahlreichen Aussagen Betroffener und deren Erfahrungen mit Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern.

Auch in diesem Beitrag möchte ich das weitergeben, was Menschen geäußert haben, die selbst von einer Depression betroffen sind: Ihre Wünsche und Bitten an diejenigen, die gerne helfen möchten.

Auch mit besten Intentionen kann man manchmal falsch liegen

Zugegeben, der Umgang mit einem depressiven Menschen ist nicht einfach. Die Situation des Betroffenen ist meist sehr komplex und vielschichtig, denn jede Depression kann ganz unterschiedliche Gründe und Ursachen haben.

Wer einem depressiven Menschen helfen möchte, sollte nicht den Anspruch an sich stellen, die schwierige Situation verbessern zu wollen – es kann schon hilfreich sein, es dem Betroffenen ein bisschen leichter zu machen.

Um die richtigen Worte zu finden, sollte man behutsam vorgehen. Dennoch: Selbst bei besten Absichten kann es passieren, dass man den Menschen, dem man helfen möchte, unbeabsichtigt an einem wunden Punkt trifft.

Beispiel:

Andere Menschen leiden ähnlich wie du.

Es gibt viele Menschen, die jetzt dasselbe durchmachen wie du.

Du bist nicht die Einzige, der es so schlecht geht.

Einige von Depressionen betroffene Menschen empfinden diese Sätze als tröstlich. Andere mögen genau diese Worte nicht hören.

Ähnlich:

Ich weiß, wie du dich fühlst.

Für manchen Betroffenen drückt dieser Satz Solidarität und Verständnis aus, andere fühlen sich in ihrem Leiden nicht ernst genommen. Sie können sich nicht vorstellen, dass jemand ihren tiefen Kummer überhaupt nachempfinden kann. 

Sätze, die für depressive Menschen hilfreich sein können

Die folgenden Sätze basieren auf Aussagen depressiver Menschen – es sind Worte, die Betroffene von ihren Freunden und Angehörigen gerne hören möchten:

Ich glaube dir. (Ein wichtiger erster Schritt: Das Leiden nicht geringschätzen. Dem Betroffenen bedeuten, dass man ihn ernst nimmt.)

Ich bin für dich da.

Ich bin an deiner Seite.

Ich höre dir zu.

Ich habe Zeit für dich.

Du kannst dich auf mich verlassen.

Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst. 

Wer selbst ratlos ist - ehrlich sein:

Ich kann dir nicht helfen, aber …

Ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll, aber …

Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber …

Wie kann ich dir helfen?

Womit könnte ich dir Gutes tun?

Gibt es etwas, das du jetzt gerne tun würdest? Kann ich dich dabei unterstützen?

Kann ich dir die Situation irgendwie leichter machen?

Wer nicht nur Worte, sondern konkrete Hilfe anbieten möchte

Typisch für eine Depression ist, dass man kaum noch aktiv werden kann und einem selbst kleine Aufgaben und Unternehmungen unglaublich schwer fallen. Viele depressive Menschen berichten, dass es ihnen gut tut, wenn ein Freund oder Angehöriger die Initiative übernimmt, von sich aus anruft oder eine Unternehmung vorschlägt – sie also sozusagen "an die Hand nimmt".

Ich möchte dich dabei unterstützen, dir Hilfe zu suchen.

Ich möchte dich dabei unterstützen, jemanden zu finden, der dir helfen kann.

Dabei sind konkrete Termine wichtig, die auch auf jeden Fall eingehalten werden sollten:

Ich rufe dich am Wochenende an.

Ich melde mich am Montag bei dir.

Ich hole dich morgen ab und dann gehen wir gemeinsam …

Akzeptanz und Wertschätzung signalisieren

Auch diese Sätze können helfen:

Du bist mir wichtig.

Vergiss nicht, dass es viele Menschen gibt, denen du etwas bedeutest.

Denk daran, wie viele Menschen dich sehr gern haben.

Auch wenn es zunächst vielleicht merkwürdig klingen mag: 

Es ist okay.

(Nein, depressiv zu sein, ist natürlich nicht okay – es fühlt sich auch alles andere als okay an. Es ist aber okay, sich gerade nicht besser fühlen zu können. Es ist okay, schwach zu sein. Es ist okay, Hilfe zu brauchen.)

Hoffnung machen - aber bitte vorsichtig

Vorsichtig Hoffnung machen, doch lieber keine zu optimistischen Prognosen wagen.

Nicht:

Ich weiß, bald geht es dir wieder viel besser.

Wetten, dass du dich in ein paar Wochen schon ganz anders fühlst?!

Sondern:

Es gibt Hilfe für dich und es kann dir wieder besser gehen.

Auch wenn du dir das jetzt nicht vorstellen kannst: Es kann dir wieder besser gehen.

Wenn sich Depressive unverstanden fühlen

Wenn der Betroffene gereizt reagiert und es schwer fällt, überhaupt ins Gespräch zu finden:

Vielleicht kann ich nicht verstehen, wie du dich fühlst, aber ich möchte dir gerne helfen.

Vielleicht kann ich nicht verstehen, wie schlimm das für dich ist, aber ich versuche es.

Vielleicht kann ich nicht verstehen, wie sehr du leidest, aber ich höre dir zu. Du kannst mir alles erzählen, was du auf dem Herzen hast.

In ihrem Buch Trauma Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen: Ein Übungsbuch für Körper und Seele schreiben Luise Reddemann und Cornelia Dehner-Rau, dass es ganz und gar nicht ungewöhnlich für Menschen in Krisensituationen ist, sich von anderen (auch den nächsten Angehörigen) total unverstanden zu fühlen: Ja, man könne sich so unverstanden fühlen, dass man die anderen regelrecht hasst – das sei aber verständlich und gehe auch wieder vorüber.

Wichtig für Angehörige und Freunde, die gerne helfen möchten

  • Verständnis zeigen – auch wenn der Betroffene reizbar, ärgerlich, unnahbar oder verschlossen reagieren sollte.

  • Geduld haben.

  • Versprechen immer einhalten.

Nicht nur Depressive sind dankbar für Verständnis

Die hier aufgeführten Sätze und Beispiele sind selbstverständlich nicht nur dann hilfreich, wenn man es mit einem Menschen zu tun hat, der mit einer depressiven Verstimmung kämpft.

Jeder Mensch, der Probleme hat oder in einer Krise steckt, ist dankbar für etwas Verständnis, Rücksichtnahme und Toleranz.

Und bitte immer bedenken: In vielen Fällen sieht man Betroffenen ihren Kummer und ihre Depression von außen nicht an! Man weiß also nicht, was der andere tatsächlich gerade durchmacht.

Die Kommunikation mit anderen Menschen eventuell etwas sensibler zu gestalten, lohnt sich also in jedem Fall.

Wer mehr dazu wissen möchte, dem empfehle ich diese beiden Beiträge:

Ein guter Zuhörer sein - warum das so wichtig ist und wie man es lernen kann

Wer gute Beziehungen möchte, sollte "Giraffensprache" sprechen: Gewaltfreie Kommunikation

Mutmachende Worte für depressive Menschen

Weitere Informationen:

Was sagt man depressiven Menschen (besser nicht)?

Vorsicht, diese Sätze können auf einen depressiven Menschen verletzend wirken! - Im Gespräch mit einem Depressiven ist das, was man NICHT sagt, oftmals noch wichtiger als das, was man sagt.

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Michaela, am 11.03.2017
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Bildquelle:
André Spieker - Unsplash (Ein guter Zuhörer sein - warum das so wichtig ist und wie man es le...)

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