Der Adventskranz - oder die Geschichte von Johann Wichern

Johann Hinrich Wichern war ein Hamburger Theologe, der im 19. Jahrhundert (1808-1881) lebte und wirkte. Der bedeutende Kirchenreformer war politisch eher konservativ geprägt. Er prangerte Kirche und Staat ob ihrer Unfähigkeit an, die Armut in Deutschland und andere unzumutbare Zustände zu beenden. 

Mit der Gründung des "Rauhen Hauses" in Hamburg, einer Schule zur "Rettung verwahrloster und schwer erziehbarer Kinder", wollte er Kindern aus desolaten Verhältnissen eine ganzheitlich orientierte Erziehung und einen Lebensraum ermöglichen, damit sie zu guten Bürgern und Christen werden konnten.

Als ihn in der Vorweihnachtszeit die Kinder immer fragten, wann denn nun endlich Weihnachten sei, wurde die Idee des Adventskranzes geboren. 

Johann Wichern dekoriert ein Wagenrad

Um die Frage zu beantworten, wie lange es denn noch bis Weihnachten dauert, bastelte er eine anschauliche Antwort. Er nahm ein Wagenrad und befestigte kleine weiße Kerzen für die normalen Tage bis Weihnachten und dicke rote Kerzen für die Sonntage, die bis zum Heiligabend noch verbleiben.

Heute wären es nach diesem Modell insgesamt 24 Kerzen, da wir heute die Tage vom ersten Dezember bis zum Heiligabend zählen (jeder Adventskalender macht das so). Damals, in der ersten Version des Adventskalenders, wurde ab dem ersten Adventssonntag gezählt. Dann konnte das Wagenrad von 22 Kerzen (wenn Heiligabend gleich dem vierten Adventssonntag ist) und 28 Kerzen (Heiligabend fällt auf den Samstag nach dem vierten Adventssonntag) aufweisen.

In dem Jahr, als Johann Hinrich Wichern den Adventskalender erfunden hat - nämlich im Jahre 1839 - waren es 23 Kerzen, 19 kleine und vier große. Jeden Tag zündeten sie eine Kerze an und die Kinder konnten so ganz einfach erkennen, wie viele Tage (Kerzen) noch bis Weihnachten fehlen. Ein gewisses mathematisches Grundverständnis bekamen sie auf diesem Wege auch gleich mit.

Adventskalender heute

Die heutigen Adventskränze haben nun viel weniger Kerzen als damals. Es hat sich durchgesetzt, dass nur noch die vier Kerzen für die Adventssonntage auf dem Kranz verbleiben, die kleinen für die Tage unter der Woche spart man sich. Wollte man für jeden Tag eine Kerze auf dem Adventskranz stecken, so bräuchte man dafür ein Wagenrad wie zu Zeiten Wicherns, mit einem Durchmesser von circa zwei Metern, damit alle Kerzen darauf Platz finden. Das ist vor allem für die Privathaushalte sehr unpraktisch. Außerdem darf man die Wärmeentwicklung nicht unterschätzen, die von einem Riesenkranz mit über 20 brennenden Kerzen ausgeht - von der Feuergefährdung ganz zu schweigen. Eine Ausnahme findet man allerdings im Rauen Haus in Hamburg, denn dort wird noch der Originaladventskranz von Johann Hinrich Wichern verwendet.

Sonja, am 09.10.2017
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